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Circus Monti - Tour 2018
www.circus-monti.ch ; 134 Showfotos

Luzern, 16. September 2018: Und wieder einmal ist dem Circus Monti ein ganz zauberhaftes Programm gelungen. Eines mit Herz. Diesmal entführt uns die Familie Muntwyler in die märchenhafte „Villa Monti“. Eine Inszenierung, die vor Ideen nur so sprüht und zugleich ganz typisch für dieses Schweizer Unternehmen ist. Die Gestaltung der Shows wird hier immer wieder anderen Künstlern anvertraut, die jeweils neue Impulse geben. Und doch wird konsequent und konstant der unverwechselbare Stil des Hauses gepflegt. Jede Monti-Produktion ist sofort als solche zu erkennen.

Gemeinsam ist den meisten Kreativen, die mit der Schöpfung der Monti-Programme beauftragt werden, eine Verbindung zur Theaterschule Dimitri in Verscio. Dies gilt auch für den Regisseur dieses Programms, Christian Vetsch. Er war 2003 Clown bei Monti und besuchte danach die Dimitri-Schule, um sich zum Bewegungsschauspieler ausbilden zu lassen. Ihm zur Seite stand Sabine Schindler als Choreographin. Das Konzept für „Villa Monti“ entwickelten beide gemeinsam. Die Zürcher Künstler inszenieren erstmals für Monti.


Neues Chapiteau 

Ein Trio von Kostümbildnerinnen (Rita Bieri, Regina Staiger und Bettina Steiner) sowie Lichtgestalter Christoph Siegenthaler und Komponist Thierry Epiney vervollständigen das Kreativteam. Ein sechsköpfiges Orchester spielt seine schwungvollen Melodien. Der Circus Monti ist zum vierten Mal nicht mehr acht, sondern nur noch dreieinhalb Monate lang in der Deutschschweiz unterwegs. Dennoch wird keinesfalls weniger Aufwand in die Kreation der Programme gesteckt. Wiederum zwei Monate lang dauerten die Proben im Winterquartier in Wohlen. Dabei wurden die Einzeldarbietungen mit vielen kreativen Einfällen zum Gesamtkunstwerk verbunden. Die Monti-typische Sorgfalt und Professionalität lässt sich beim Durchblättern des hochwertigen Programmhefts mit seinen wunderbaren Fotografien haptisch spüren. Und schließlich zeugt das neue 30-Meter-Chapiteau vom unbedingten Willen zur Qualität. Dank seinen außen liegenden Bogenmasten bietet es im Inneren beste Sicht von allen 780 Plätzen und einen unzerteilten Raum wie im Theatersaal. Ein großer Holzbogen mit Aufgängen links und rechts ist das wesentliche Element des Bühnenbilds. Er erinnert an eine große Freitreppe in einer herrschaftlichen Villa. Darunter ist ein gemütliches Wohnzimmer eingerichtet.

 
Eve Diamond, Mario Muntwyler und Willem McGowan, Florian Vuille 

Die Villa Monti wird von einem bunten Völkchen bewohnt, dem Artistenensemble der aktuellen Produktion. „Wer über die Türschwelle tritt, kann seine Passionen, Träume und Wünsche freisetzen, wird sein wahres Ich finden und all das tun, was bisher undenkbar erschien“, heißt es im Programmheft. Und so wagt sich Eve Diamond gleich zu Beginn ans Schwungseil, geht mit Pirouetten, Abfallern und Überschlägen an ihre Grenzen. Mit Florian Vuille wurde ein wunderbarer, moderner Clown gefunden. Er gibt den tollpatschigen Neuankömmling mit markantem Riesenschal, dem erst einmal die außergewöhnliche Villa gezeigt wird. Das herabhängende Trapez versucht er via daran gelehnter Leiter zu erreichen. Bald kommt es zu einer Serie von Missgeschicken. Erst flutscht eines der Seile des Trapezes aus der Aufhängung. Dann gerät beim Reparaturversuch die Trapezstange zwischen die Sprossen der Leiter. Folglich hängt der Komiker recht hilflos in der Luft. Es geht zunächst weder auf noch ab. Ein herrlicher, origineller Spaß. Der mittlere der drei Muntwyler-Söhne, Mario, ist ein hervorragender Jongleur. In Willem Mc Gowan hat er einen neuen Manegenpartner für diese Saison gefunden. Mit jeweils nur einer Hand halten sie gemeinsam fünf Keulen in der Luft. Und kurz darauf zehn Stück, dann wieder klassisch mit vier Händen. Großer Applaus ist der Lohn.


Florian Jeannot, Florian Vuille mit Johannes Muntwyler und Armelle Fouqueray, Veera Kaijanen 

Armelle Fouqueray, die langjährige Lebensgefährtin von Direktor Johannes Muntwyler, ist nach dreijähriger Pause in die Manege zurückgekehrt. Wir erleben sie zunächst in einer amüsanten Zaubernummer, bei der Gläser und Flaschen wie von Geisterhand die Plätze tauschen. Ihr Partner Johannes Muntwyler steht im Mittelpunkt der witzigen Großillusion vor der Pause, bei der sein Kopf und seine Arme scheinbar in die unmöglichsten Positionen auseinanderbewegt und verdreht werden. Doch zuvor zeigt Florian Jeannot noch seine kraftvollen Hand- und Kopfstände. Scheinbar vollkommen erschöpft fällt er danach krachend auf den Rücken und schleppt sich zum Wohnzimmersofa. Als elegante Seiltänzerin erleben wir Veera Kaijanen. Nach allerlei Tricks bis zum Spagat reichen ihr die Ensemble-Kollegen verschiedenste Schuhe. Sie entscheidet sich für die Ballettschuhe und läuft auf Spitzen übers Seil.


Florian Jeannot, Ensemblenummer, Renato Dias 

Der zweite Programmteil beginnt mit der zweiten wunderbaren Komödie von Clown Florian Vuille. Das ganze Ensemble ist am Bücher lesen, wenn es sein muss, auch im Handstand. Ihre Schmöker halsen sie dem Komiker auf, der schließlich einen großen Stapel trägt. Immer wieder fällt ihm eines herunter und muss auf kreative Weise wieder an seinen Platz befördert werden. Ein sympathischer, verschmitzter Typ ist Renato Dias. Er demonstriert Kraft und Beweglichkeit am Tanztrapez. Das Requisit ist also so aufgehängt, dass er sich damit um die eigene Achse drehen und letztlich kreisend ums Manegenrund fliegen kann. Florian Jeannot, den wir zuvor mit Equilibristik erlebten, darf auch noch sein Können bei einem kurzen Ausflug zur Fahrradakrobatik beweist. Er fährt allein auf dem Hinterrad sowie auf Lenker und Sattel stehend. Schließlich wurden auch wieder mehrere wunderbare Ensemblebilder geschaffen, die Tanz und Artistik kombinieren – zum Beispiel mit Wurfakrobatik oder kraftvollen Salti und Überschlägen.


Willem McGowan, Philippe Renaud und Shannon Maguire, Daniel Shamita Bendtsen, Henk Jarnp Polhuijs und Felix Greif 

Wie schon bei der Keulenjonglage erhält der sympathische Willem McGowan auch für seine Diabolospiele sehr gute Reaktionen des Publikums. Bis zu vier gleichzeitig lässt er fliegen. Ohnehin steigert sich das Programm nun in eine wahre Schlussoffensive, und dies nicht nur leistungsmäßig, sondern auch emotional. Bis wir am Ende vollends gefangen, berührt, verzaubert sind. Fürs Herz ist die heitere Szene mit Clown Florian Vuille und Armelle Fouqerqy. Sie hängen links und rechts des Freitreppenbogens einzelne Leuchtbuchstaben an zwei tapezierten Wänden auf. Dabei ergeben sich manche Optionen wie „Ti amo“. Immer wieder wird die Brückenseite gewechselt und werden die Lettern vertauscht, bis schließlich der Schriftzug „Villa Monti“ leuchtet. Zum Staunen dagegen die Cyrradnummer von Philippe Renaud und Shannon Maguire. Mit sehr starken Partnertricks kreiseln sie gemeinsam in dem Requisit über die runde Spielfläche. Enorm hoch hinaus geht es bei den Sprüngen und Salti, Pirouetten und Platzwechseln, die Felix Greif, Henk Jarnp Polhuijs und Daniel Shamita Bendtsen auf der Koreanischen Wippe wagen. Das Publikum klatscht begeistert mit, spendet rhythmischen Applaus zum Abschluss.

Und wieder einmal bietet Monti Balsam für die Seele. Das Publikum im bestens besuchten Zelt dankt es mit tosendem Beifall und Fußgetrampel. Anders als gewohnt erscheint Direktor Johannes Muntwyler nicht auf der Bühne, um sich persönlich zu verabschieden. Dafür klingelt bei Mario Muntwyler das Handy. Der Nachbar ist dran, natürlich mit der Stimme des Direktors. Man möge doch bitte leiser sein in der Villa und die Leuchtbuchstaben ausknipsen, die in sein Schlafzimmer leuchten, sagt er streng. Am Auslass steht Johannes Muntwyler dann doch wieder ganz persönlich, schüttelt viele Hände und nimmt zahlreichen Dank für den wunderbaren Circusnachmittag entgegen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll