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Budapest - Atlantic Flight 2018
www.fnc.hu ; 188 Showfotos

Budapest, 7. Juli 2018: Mit Spannung haben wir dieses Programm im Hauptstädtischen Circus von Budapest erwartet. Hier wurde von April bis September die Wasser-Circus-Show „Atlantic Flight“ gespielt. Und die Erwartungen wurden nicht enttäuscht: Noch nie haben wir eine Wassershow mit solch brillanter Technik gesehen. Noch nie einen „Circus unter Wasser“, bei dem das nasse Element so vielfältig und aufwendig integriert wurde. Natürlich ist der feste Bau hier im Vorteil gegenüber einer Tourneeproduktion. Doch das eingesetzte Material ist prinzipiell mobil und für wechselnde Standorte gemacht.

In die Manege wurde ein Wasserbassin eingebaut. Es besitzt eine Mittelinsel, welche die Technik für die aufwendigen Fontänenspiele zum Abschluss des Programms enthält. Soweit kennt man das von anderen Produktionen. Der eigentliche Clou dieser Lösung besteht aber in dem gelochten Boden, der die Insel umgibt und die übrige Manege ausfüllt. Ist er nach oben gefahren, steht die gesamte Manege als Spielfläche mit festem Boden zur Verfügung. Senkt er sich innerhalb kürzester Zeit unter den Wasserspiegel ab, auf den Grund des Bassins, so tritt die kühle Flut zum Vorschein. So wird immer wieder zwischen den Varianten Bühne und Becken gewechselt, ohne dass dies den Fluss des Programms stören würde. Mit wenigen Handgriffen können vom Manegenrand zusätzliche Springbrunnen in die Wasserfläche geschoben werden. Und um die gesamte Manege reicht ein Kranz von kleinen Fontänen. Aufgrund des großen Publikumserfolges ist diese Wassermanege zum zweiten Mal nach 2016 in Budapest im Einsatz.


Opening 

Die Rahmenhandlung der Show dreht sich um einen Flug über den Atlantik. Eine große Anzeigetafel mit Abflugzeiten über dem Artisteneingang und seitlich weitere LED-Wände mit Bildern von sich bewegenden Rolltreppen sorgen für Flughafenatmosphäre. Die sechs hübschen Damen des Balletts geben die kecken Stewardessen und Moderator Gyula Maka den feschen Piloten. Zoltán Horváth ist die Clownfigur in dieser Show. Der letzte Passagier, der fast den Flug verpasst, weil er noch schnell das Urlaubsoutfit anziehen muss. Später erlebt er allerhand bei den Zwischenstationen der Flugreise. Einmal muss er den imaginären Jet gar über die Notrutsche verlassen und landet inmitten der Manege.


Maria Syulgina und Evgeny Pisarev, Laura Urunona, Duo Funcoholics 

Gleich in die erste Darbietung wird das Element Wasser integriert. Der Chinesische Mast des Duos Funcoholics wurde mit einem großen Schirm ergänzt, über den Regen prasselt. Unter dem schützenden Dach zeigt das Paar seine kraftvolle, leistungsstarke Arbeit. Da lässt Konstantin Gvozdetskiy die Stange kurz los, damit Victoria Bilyauer vorbeirutschen kann. Dann packt er wieder das Requisit, ohne abzustürzen. Er wagt einen Vorwärtssalto von weit oben und fängt sich wieder. Und steht später frei auf der Partnerin, die eine Flagge am Masten drückt. Pferde, Elefanten & Co. können auf der Bühne der Wassermanege nicht auftreten. Aber auf Tiere müssen wir nicht verzichten. Zwei Dressurnummern steuert Laura Urunova bei. Die junge, attraktive Frau vereint in ihrer Nummer Hunde verschiedenster Größenordnung. Das Repertoire mit Sprüngen, Hinterbeinläufen und der Polonaise zum Abschluss ist ebenso klassisch wie die Circusmusik, die das Orchester dazu spielt. Im zweiten Auftritt kehrt das Ballett als Revuegirls im Charleston-Rhythmus zurück. Der Hahn im Korb ist hier Evgeny Pisarev. Damit ist zur Quickchange-Nummer mit seiner Partnerin Maria Syulgina übergeleitet. Die rasante Darbietung umfasst alles, was das Genre zu bieten hat – fantasievolle Kostüme, gekonnten Tanz und Kleiderwechsel hinter Federpuscheln, Riesenfächern oder unter dem Flitterregen.


Kristina Kudzina

Ganz groß in Szene gesetzt wurde die Hula Hoop-Nummer von Kristina Kudzina. Wir erleben die Artistin als geheimnisvoll schöne Orientalin, die in einer mystischen Szenerie vom Ballett umtanzt wird. Während der gesamten Darbietung steht sie auf einer Spiegelkugel über einem Metallgestell. An vier Auslegern sind weitere Kugeln angebracht. Wie Monde um eine Sonne gruppieren diese sich ums Zentrum. Bis zu neun Reifen kreisen um Kudzinas Körper und Arme. Währenddessen schießen Fontänen aus dem Wasserbecken, lodern Flammen aus den Kugeln empor, blitzen Laserstrahlen durch den Circusbau. Überwältigend schöne Bilder.


Laura Urunova, Ballett

Elisabeth Axt haben wir vor allem als hervorragende Artistin am Washington-Trapez in Erinnerung. Hier glänzt sie in einer ganz anderen Darbietung. Die Ungarin klettert aus einer großen Plexiglaskugel und schwingt sich von dort an weiße Tücher, zeigt Akrobatik in der Höhe der Circuskuppel. Währenddessen füllt sich die Kugel mit Wasser – und dabei erscheint wie aus dem Nichts Maria Bakalkina. Sie entsteigt dem Wasser und zelebriert, patschnass wie sie ist, Handstände auf dem Plexisglasgehäuse. Und dies im Kranz springender Fontänen. Schließlich demonstrieren beide Artistinnen ihr Können auf dem Gebiet der Equilibristik. Mit farbenprächtigen Papageien, sowohl großen als auch kleinen, verzaubert uns Laura Urunova. Die Tiere rollen sich über die Bühne, drehen Überschläge an einer Leiter oder entspannen sich bei der Zeitungslektüre im Liegestuhl. Auch Freiflüge durchs weite Rund des Saales dürfen nicht fehlen. Da mutet es ein wenig paradox an, dass die Tiere zwischen den Tricks angeleint auf der Stange sitzen. Die musikalische Begleitung ist von Alessio Fochesatos Nummer bekannt. Ein optischer Hochgenuss ist das, was uns drei Damen des Balletts zeigen. Gemeinsam wagen sie eine akrobatische Luftnummer in einem metallenen Sechseck, hoch oben unter der Circuskuppel. Und dies über tanzenden Fontänen. Das Wasser schießt so weit hinauf, dass es die Akrobatinnen trifft. Sie werden vollkommen nass und präsentieren ihre Kunst inmitten sinnlich sprühender Tropfen.


Truppe Dosov, Aleksandr Polunchukov, Vitali Lazarev und Mikhail Shein, Iuri Serebrennikov

Die Flugreise führt weiter nach Griechenland. Auf einem sich drehenden Podest im Stil antiker Säulen demonstrieren drei Mitglieder der Truppe Dosov, zwei Herren und eine Dame, ihr Können im Bereich der Partnerakrobatik. Auch ihre Kostüme sind der Oberfläche von Steinsäulen nachempfunden. Bei der folgenden Trampolinnummer bleiben wir bei den Hellenen. Trampolin mit Haus, das gibt es oft, doch hier ist das Gebäude ein antiker Tempel. Damit nicht genug. Im zweiten Teil der Nummer setzt Regen von seinem Dach aus ein, und die Türöffnungen verwandeln sich zu Wasserfällen. So beeindrucken Aleksandr Polunchukov, Vitali Lazarev und Mikhail Shein nicht nur mit ihren Sprüngen und Salti. Sondern auch damit, dass sie dabei der enormen Rutschgefahr trotzen. Selbst die Bouncingjonlagen von Iuri Serebrennikov werden mit Wasser-Effekten weiter aufgewertet. Unter seinem Hochpodest plätschert Wasser. Und um dieses herum stehen vier unten offene Plexisglaskästen, in die jeweils mit Hochdruck ein Wasserstrahl gepumpt wird. Auf jeder dieser Boxen tanzt eine Ballettdame über der Gischt. Dabei würde dieser Jongleur auch ohne Beiwerk überzeugen. Sicher lässt er bis zu acht Bälle gegen den Boden springen und fängt sie wieder. Anfangs ist er wie eine Marionette an Schnüre gefesselt. Und befreit sich im Laufe seiner Arbeit von diesen.


Steven Pedersen, Truppe Dosov, Maria Syulgina und Evgeny Pisarev 

Nicht fehlen dürfen in dieser wasserreichen Show die Seelöwen. Es sind zwei besonders stattliche Exemplare, die von Steven und Angelas Pedersen in sympathischer Weise zu einer tiergerechten Trickfolge angeleitet werden. Vor dem Finale folgen noch zwei artistische Highlights. Zunächst kreisen Maria Syulgina und Evgeny Pisarev am Seil durch den Luftraum des Circusbaus. Die meiste Zeit ist das Requisit zu einer Schlaufe verbunden, anstatt wie ein Vertikalseil nur herabzuhängen. In der energiegeladenen Darbietung übernimmt auch die Partnerin die tragende Rolle. Und dreht sich zum Abschluss im Genickhangwirbel. Wir haben das Duo bereits im ersten Programmteil bei seiner Quickchange-Nummer gesehen. Mit der großen Schleuderbrett-Truppe Dosov findet die Show ihren Abschluss. Die Herren arbeiten als nostalgische Flieger – passend zum Ende des „Atlantic Flight“. Eine Dame im goldenen Kleid gesellt sich dazu. Ob Salti oder Sesselsprung sowie Flüge und Landungen auf ein oder zwei Stelzen: Die Trickfolge überzeugt vollauf.

Vor dem Finale werden bei den ganz großen Fontänenspielen nochmal alle Register der Wassertechnik gezogen. Licht, Laser und Musik tun ihr übriges, um wunderschöne Momente zu schaffen. Diese erfrischende Circusshow vereint gute und sehr gute Nummern in einer äußerst aufwendigen und zugleich liebevoll-durchdachten Inszenierung zu einem stimmungsvollen Ganzen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll