Die ganze Programmgestaltung wirkt
zusätzlich „aufgeräumter“ und puristischer, raumfüllende
Erzählungen von Mr. Loyal Kevin Sagau sowie Figuranten in fantasievollen
Kostümkreationen fehlen weitgehend.
Dazu passt auch die Atmosphäre in „Le
Privilège“. Diese mit dem Beginn der zweiten Tourneehälfte 2018
eingesetzte Pyramidenzeltkonstruktion wurde das erste Mal am Stade de la Meinau errichtet.
Le Privilege
Der neue, recht flache Artisteneingang wirkt sehr
klein im Vergleich zum bombastischen Vorgängermodell der „Cathédrale“.
Dadurch und ohne die Masten im Innenraum ergibt sich ein doch
recht leerer, großer Raum. In der Show wird dieses Manko durch
das gewohnt starke Lichtdesign weitgehend ausgeglichen, bei dem
in diesem Jahr hauptsächlich auf Laserelemente gesetzt wird.
Glenn Folco, Laura-Maria Gruss und Arthur Huard Vereano mit
Ensemble, Alexis Gruss
Während man vor einigen Jahren noch stark
auf Programmtitel mit thematischem Background gesetzt hatte (zum
Beispiel „Mirages“ 2008), sind die Produktionsnamen in den letzten
Jahren eher allgemein gehalten. So ist es auch in dieser
Produktion. Wie Kevin Sagau eingangs erläutert, ist „L’étoile en héritage“ („Der Stern
im Erbe“) die Passion der Familie Gruss, über Generationen
hinweg Circus zu machen. Als jüngste Vertreterin der Dynastie
darf dann noch vor dem eigentlichen Opening Alexis Gruss eine
Netzakrobatik zeigen. Zur Einleitung zeigt sie auch einige
Tricks der Handstandequilibristik im Stil einer Marionette, die
von einer maskierten Figur auf Stelzen an Fäden gezogen wird.
Die Achtjährige beherrscht dabei bereits ein breites Repertoire.
Dem schließt sich, wie schon in den Vorjahren, ein recht
ausführliches Opening an. Alle Artisten tragen dabei
einheitliche Kostüme und tanzen, Christina Hurtado gibt die
Sängerin. Laura-Maria Gruss und Arthur Huard Vereano umreiten
die Ensemblemitglieder auf zwei Pferden. Aus der Masse löst sich Jongleur Glenn Folco. Bis zu fünf Tennisschläger hält der junge Italiener in
der Luft. Begleitet wird er dabei vom achtköpfigen Orchester,
das durch eingespielte Sounds unterstützt wird. Dabei wird in
diesem Jahr besonders auf Gesangsplaybacks gesetzt, die eigens
komponiert wurden. Nach Glenn Folcos Schlusstrick kommen alle
Artisten noch einmal zusammen.
William Tournoud
und Laura Pedersen
Kevin Sagau begrüßt die
Besucher. In dieser (halben) Saison 2019 ist der
langjährige Moderator vorerst das letzte Mal bei Arlette Gruss
zu erleben. Bei seiner nächsten Ansage wird er von Clown Matute
(Alvarez) gestört, der als zu spät kommender Zuschauer auf Hilfe
angewiesen ist. Dabei verirrt er sich sogleich in die Manege und
darf die Rolle des Clowns übernehmen. Diese füllt er während der
gesamten Show in angenehmer Dosierung mit kreativen Einfällen
aus. Anschließend erleben wir die einzigen Wildtiere in „L’étoile
en héritage“. Zwei patagonische Seelöwen, darunter auch einen
großen Bullen, hat die Familie Pedersen mit zu Arlette Gruss
gebracht. Laura Pedersen und ihr Mann William werden dabei von
ihrer Schwester Sarah unterstützt. Wenn der große Seelöwe die
Vorführerin auf der Schnauze trägt, sind wir am Höhepunkt der
sympathisch verkauften Trickfolge angelangt. Gegen Ende der
Darbietung watschelt dann noch eine ganze Herde Pinguine in die
Manege und darf sich an einer Rutsche vergnügen. Leider fällt
der Auftritt der groß angekündigten Seevögel sehr kurz aus.
Typisch Arlette Gruss ist jedoch der Verkauf mit tanzenden Pinguinen
aus Laserstrahlen
an den Zeltwänden – eine gut umgesetzte, kreative Idee.
Extreme Light,
Laura-Maria Gruss
Komplett im Mittelpunkt stehen die vielen
Laser dann bei der folgenden Darbietung. Zuerst alleine, dann
mit der Truppe „Extreme Light“ zeigt Laserman Alexandro Hurtardo
verschiedenste Abläufe. Die aus dem Vorjahr bekannte Truppe mit
den illuminierten Anzügen unterstützt ihn dabei tänzerisch. In
ihren Anzügen wirken die Ukrainer dabei wie Cyborgs. Ganz klassisch wird es dann im Anschluss, wenn Laura-Maria und Linda Gruss die Pferde des Hauses vorstellen. Sechs dunkle Friesen und
drei weiße Portugiesen zeigen unter der Anleitung der
artistischen Direktorin Linda nur wenige Tricks. Im Anschluss lässt
Laura-Maria die drei Schimmel steigen, ehe sich weitere Da Capi,
auch mit Ponys, anschließen.
Sarah Togni,
Matute, Flying Matos
Große Anstrengungen verlangt Matute
einigen Zuschauern ab, wenn sie ein Papiertuch fangen sollen,
das er ihnen zuwirft. Das klappt mehr schlecht denn recht.
Besser gelingt es, wenn er abgerolltes Klopapier mit einem
großen Gebläse in der Luft hält. Damit sorgt er für viele Lacher
im Publikum. Sinnlich und mystisch zugleich wird es dann mit
Sarah Togni am Cyr. Immer wieder dreht sie sich mit ihrem Rad im
Kreis und wagt dabei unterschiedlichste Griffe und Varianten.
Cristina Hurtado mimt dazu die stimmgewaltige Sängerin. Mit
einer überdimensionalen Trommel auf dem Rücken darf dann Matute
reichlich Radau veranstalten. Den Netzaufbau für das Flugtrapez
überbrücken die Truppe „Extreme Light“ mit einem Tanz in den
Aufgängen und Kevin Sagau. Unter
der weiten Kuppel erleben wir vor der Pause den artistischen
Höhepunkt der Show. Die vierköpfigen Flying Matos sind
außergewöhnlich starke Vertreter ihres Genres. Vor allem die
Fliegerinnen stechen mit Pirouetten, gestreckten Doppelsalti
(mit verbundenen Augen) und einer Passage hervor. Der Flieger
zeigt unter anderem einen Rückwärtssalto mit Schraube und den dreifachen Salto. Ein abschließender
Sturz aus der Kuppel darf nicht fehlen.
Duo Lyd, Wolfgang
Lauenburger, Kevin Gruss
Nach der Pause gehört die Manege dann dem bestens bekannten
Wolfgang Lauenburger und seiner quicklebendigen Hundemeute. Die
lebensfreudigen Tiere springen, tanzen und spielen ihrem
Herrchen den ein oder anderen Streich. Wie schon vor einigen
Jahren tritt Kevin Gruss in diesem Jahr an Vertikalketten auf.
Von ihnen lässt er sich immer wieder auf eine große Matte
fallen. Kreativ umgesetzt hat Matute seinen Boxkampf. Dabei
bezieht er „nur“ einen Zuschauer ein, dem er trotz bedrohlicher
Gestik eindeutig unterlegen ist. Angenehm ist hierbei die
positive Abweichung vom üblichen Ablauf des Box-Entrees, denn
Matutes Version ist kurzweilig und hält sich nicht mit einer
ewigen Mitspieler-Suche auf. Besonders gelungen ist auch die Einleitung zur
folgenden Nummer: Ein BMX-Fahrer mit illuminiertem Anzug und Rad
zeigt einige Sprünge in der dunklen Manege. Währenddessen
kündigt Kevin Sagau vom Orchesterpodium die nächste Darbietung
an. Das kubanische
Duo Lyd hat eine wirklich spektakuläre Fahrradartistik im
Gepäck. So steht die weibliche Partnerin des Duos beispielsweise
auf den Schultern ihres Mannes, wenn dieser das Vorderrad des
Gefährts in der Luft hält und nur auf dem hinteren fährt. Die
starken Tricks werden sympathisch verkauft. Damit bilden die
beiden die eigentliche Schlussnummer der Produktion.
Extreme Light
„C’est
fini!“ („Es ist vorbei!“) verkündet deshalb auch Matute. Kevin
Sagau stoppt ihn jedoch. Denn vor dem eigentlichen Finale folgt
noch ein echtes Hightlight. Alexis Gruss tanzt als kleiner
Michael Jackson, ehe die gesamte achtköpfige Truppe „Extreme
Light“ in entsprechenden Kostümen zu „Thriller“ und „Billy Jean“
an den „King of Pop“ erinnert. Dabei kommen die genialen
Lichtillusionen besonders gut zur Geltung. Im folgenden Finale
stellt Sagau noch einmal alle Mitwirkenden vor. |