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Cirkus Arena - Tour 2019
www.arena.dk ; 70 Showfotos

Ringsted, 17. August 2019: Nur das Nötigste an Material hat der Cirkus Arena mit nach Ringsted gebracht. Der Rest, etwa die Campings der Artisten, steht an einem anderen Gastspielort. Bei den oftmals kurzen Distanzen zwischen den Tourneestationen in Dänemark sicherlich ein sinnvolles Vorgehen. Zumal der Platz aufgrund mehrerer Regentage recht weich ist. Das Stellen jedes zusätzlichen Wagens wäre mit einem großem Aufwand verbunden. Nichtsdestotrotz sorgen das rot-gelb-gestreifte Chapiteau und der mitgeführte Teil des Wagenparks für authentische Großcircus-Atmosphäre. 

Ein Großcircus ist das Unternehmen der Familie Berdino natürlich ohne Zweifel. Ihr Cirkus Arena gehört zu den wichtigsten Vertretern dieser Sparte in Europa.


Circus Arena in Ringsted

Das gilt nicht nur für das Material, sondern ebenfalls für die jährliche wechselnden Programme. Sie sind stets stark besetzt und dem klassischen Circus verpflichtet. Oftmals sollen aus dem Fernsehen bekannte Persönlichkeiten die Attraktivität der Show steigern. So ist in dieser Saison einmal mehr TV-Star Bubber zu Gast, der prominent von den Plakaten grüßt.


Laura Berdino, Duo Costache, Andrejs Fjodorovs

Er ist es auch, der nach einer Einlage von Clown Jimmy Folco und dem Opening mit allen Artisten die Begrüßung des Publikums übernimmt. Die folgende Darbietung repräsentiert den traditionellen Circus par excellence. Laura Berdino führt sehr charmant einen Sechserzug brauner Araber aus dem Marstall des Cirkus Arena vor. Die wunderschönen Pferde laufen unter ihrer Anleitung eine anspruchsvolle Freiheit, die bestens eingespielt ist; Gruppensteiger inklusive. Als da capo überrascht Tochter Scarlett mit einem Pony. In seiner ersten Reprise liefert sich Jimmy Folco mit einem Mädchen aus dem Publikum ein Duell im Spucken mit Wasser aus einer Plastikflasche. Dank Regenponchos bleiben die beiden Akteure zumindest einigermaßen trocken. Bereits 2017 war das Duo Costache im Unternehmen der Familie Berdino zu erleben. Damals mit ihrer Akrobatik an der Perche. In diesem Jahr erleben wir Leonardo und Vita am Trapez. Dabei wechseln sie sich mit dem tragenden Part ab und setzen oftmals auf die Kraft ihrer Zähne. Sie verkaufen ihre Darbietung gewohnt extrovertiert. Gegenüber ihrem Engagement beim letztjährigen Festival in Namur ist die Präsentation dramatischer geworden. Immer wieder ein Genuss sind die Auftritte von Andrejs Fjodorovs mit seinen Tauben. Es ist eine der ganz wenigen Nummern mit dieser Vogelart, bei der man wirklich von einer Dressur sprechen kann. Die weißen Tauben laufen zwischen den Beinen von Fjodorovs hindurch oder drehen sich auf Kommando um die eigene Achse. Ein zusätzlicher Gewinn ist der Einbezug eines weißen Hundes, der beispielsweise auf den Hinterbeinen läuft, während er eine Stange mit zwei Tauben darauf im Maul hat.


Oleg Izossimov, Diorios, Flying Wulber

Ein weiterer „Traum in Weiß“ ist die Equilibristik von Oleg Izossimov. Zu Opernarien verblüfft der Russe mit variantenreichen Handständen, die er formvollendet präsentiert. Akrobatik vom Feinsten, die ich bislang vor allen Dingen im Tigerpalast erlebt habe. Die zurückhaltende Art von Izossimov mag nicht so recht in den Rahmen der großen, bunten Show von Arena passen. Er setzt somit den Kontrapunkt zum restlichen Programm. Insbesondere zur folgenden Darbietung, bei der bis zu fünf Biker durch die Motorradkugel jagen. Bei den letzten Runden der kompletten Formation teilt sich die Kugel, der untere und der obere Teil werden auseinander gefahren. Mit diesem Nervenkitzel einer Diorio-Truppe geht es in der Pause. Während sich das Publikum an den Verkaufsständen vor dem Chapiteau stärken kann, wird im Spielzelt das Sicherheitsnetz aufgebaut. Dieses dient den Flying Wulber beim freiwilligen oder unfreiwilligen Abgang vom Fliegenden Trapez als Landefläche. Doch an diesem Nachmittag gelingen alle Sprungkombinationen der Fliegerin Gilda Vulcanelli und ihrer beiden männlichen Kollegen. Dabei sind unter anderem der Dreifache Salto und die Passage. Ein kleines Luftballett einer weiteren Artistin eröffnet die Flugshow, der Sprung aus der Kuppel beendet sie.


Truppe Alexander, Kolev Sisters

Nachdem Jimmy Folco in seinem Planschbecken den Kampf gegen einen Hai gewonnen hat, führt Karsten Berdino acht Dromedare vor. Die gepflegten Tiere zeigen auf Berdinos Kommando flott ihr umfangreiches Repertoire. Nicht mit auf Tournee sind in diesem Jahr die drei afrikanischen Elefanten des Cirkus Arena. Die unklare politische Situation hinsichtlich eines möglichen Wildtierverbots hat zu dieser Entscheidung geführt. Ein weiteres Mal gehört die Manege Jimmy Folco. Diesmal teilt er sie sich mit sechs Herren aus dem Publikum, um einen lustigen Boxkampf aufzuführen. Für die nach recht kurzer Zeit aus dem Programm ausgeschiedene Truppe Cheban wurde die Truppe Alexander hinzugenommen. Das Sextett inklusive Dame steht für temporeiche Schleuderbrettakrobatik. In immer neuen Varianten geht es durch die Luft. Die variantenreichen Sprungkombinationen werden auf den Schultern der Untermänner gelandet. Höhepunkt ist der Sprung zum Fünf-Personen-Hoch inklusive Perchestange. Damit dieses Kunststück gelingt, reiht sich sogar Bubber in den Menschenturm ein. Die Schlussnummer aber gehört zwei jungen Damen. Die Kolev Sisters haben sich diese prominente Platzierung redlich verdient. Die Hand-auf-Hand-Artistik von Nicole und Michelle ist zwar noch recht neu, überzeugt aber bereits auf ganzer Linie. Starke Tricks werden ungeheuer charmant verkauft. So etwa der einarmige Handstand auf dem Nacken der Partnerin, welche ebenfalls einen Handstand drückt. Ohne Zweifel werden wir von den Schwestern noch viel hören.


Jimmy Folco und Bubber

Für die mitreißende musikalische Begleitung der Show sorgt wiederum ein Quartett unter der Leitung von Alex Bozic. Der Bandleader und die Instrumentalisten Jocelyn Allsopp, Fabio Buono und Jesse Harter werten den Gesamteindruck deutlich auf. Ein langjähriges Mitglied des Arena-Ensembles ist Clown Jimmy Folco. Er spielt zumeist bekannte Reprisen und kommt damit beim Publikum prima an. Beste Voraussetzungen also für einen unterhaltsamen Nachmittag. Getrübt wird die Freude allerdings durch Bubber. Er ist ein durch und durch sympathischer Zeitgenosse, doch seine Moderationen – ein paar wenige davon im Dialog mit Jimmy Folco - finden einfach kein Ende. Somit zieht er die Show unnötig in die Länge, nimmt ihr das Tempo. Sicher bin ich mit meinen nicht vorhandenen Dänischkenntnissen der falsche Maßstab. Aber auch die Reaktionen des Publikums lassen nicht darauf schließen, dass seine Texte übermäßig unterhaltsam sind. Hier wäre weniger definitiv mehr.

Alles in allem ist auch der diesjährige Besuch im „stärksten Circus des Nordens“ ein Erlebnis. Klassische Circusunternehmen von dieser Größenordnung werden leider immer seltener. Der Familie Berdino liegt offensichtlich viel daran, diese Tradition aufrecht zu erhalten. Möge ihr dies mit ihrem Cirkus Arena noch viele Jahre gelingen.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch