Das
Konzept dazu stammt von General Direktor Maxim Nikulin sowie Gia
Eradze. Letzterer ist unter anderem Artistischer Direktor des
Staatscircus und Produzent des Royal Circus. Gia Eradze ist es, der die
Show letztendlich inszeniert hat.
Außenansicht
Der
geniale Produzent wurde bei uns in Westeuropa im vergangenen Winter
durch Gastspiele seiner Inszenierungen beim Weltweihnachtscircus sowie
beim Internationalen Circusfestival von Monte Carlo bekannt. Zuvor
waren einige seiner Kreationen beim Festival in Girona zu erleben.
Szene aus dem Opening
Mit
dem aus Monte Carlo bekannten Opening wird die Show im Nikulin Circus
grandios eröffnet. Gleich zu Beginn gibt es also Circus voller Energie
und Lebensfreude. Es wird laut, bunt und ausgelassen. Ein Clown nimmt
uns mit in die Welt der Manege. Aus Stoffbahnen, die an den Seiten mit
Lichterketten eingefasst sind, wird ein riesiges Chapiteau gebildet.
Exquisite Tänzerinnen tragen fantastische Kostümkreationen, die sich
auf ungeheuer originelle Weise mit dem Thema Circus befassen. Eine
Luftakrobatin zeigt an Tüchern ihr Können. Alles wird perfekt ins
rechte Licht gesetzt. Das Orchester hoch über der Gardine spielt
exzellent die passende Musik dazu. Der Eröffnungsrausch endet auf dem
Artisteneingang. Die Mitwirkenden verabschieden sich auf Treppen rechts
und links des Vorhangs. Zwischen Gardine und Orchesterpodium gibt es
eine Bühne, die im weiteren Verlauf der Show noch genutzt wird.
LED-Wände unterschiedlicher Größe befinden sich an allen vier Seiten
der Plattform für die Musiker. Sie werden wohldosiert eingesetzt und
werten so die Inszenierung wirkungsvoll auf.
Weißer Traum von Gia Eradze
Ebenfalls
aus Stuttgart und Monte Carlo kennen wir die Quick Change Illusionen
sowie den Weißen Traum von Gia Eradze. Beide sind auch in Moskau
gefeierte Bestandteile des Programms. Die Kostümillusionen bestechen
insbesondere durch die überdimensionalen Nachbauten der prunkvollen
Fabergé-Eier. Sie dienen als Kulisse für den Wechsel edelster Kostüme
in Windeseile. Eine traumhafte Choreographie komplettiert den perfekten
Gesamteindruck. Ebenso die einleitende Modenschau mit eindrucksvollen
Kleidern. Der Weiße Traum ist eine Melange unterschiedlicher
Disziplinen der Circuskunst, die verschwenderisch in Szene gesetzt
wird. Es geht los mit einem Ballett von Tänzern mit weiten Flügeln. Die
später auftretenden Tänzerinnen tragen Kopfschmuck in Form eines
Schwans. Andere Tütü. Wir erleben die von Dilyara Bikmayeva vorgeführte
Einzelfreiheit eines edlen weißen Pferdes, welches ebenfalls Flügel
trägt. Eine Frau dreht mit einem selbstfahrenden Vierrad, auf dem
Tauben sitzen, ihre Runden. Daria Rudenko nimmt uns am Luftring mit
unter die Kuppel. Andrei Tsaplin schließlich agiert zunächst als
Pianist. Doch bald nutzt er seinen Flügel als Podest für eine
beeindruckende Handstand-Equilibristik. Diese zeigt er zumeist umgeben
von Wasserfontänen. Natürlich ist das gesamte Bild in Weiß gehalten und
eben wirklich traumhaft umgesetzt. Wie wahr, Gia Eradze hat den
klassischen Circus neu geträumt und diese Träume voller Energie zum
Leben erweckt. So ermöglicht er es auch uns, diese Träume zu erleben.
Welch ein überwältigender Genuss!
Truppe Filinov
Die
Truppe von Mikhail Filinov und ihre Akrobatik an der Doppelten
Russischen Schaukel wurde in Monte Carlo mit einem Silbernen Clown
prämiert. Daher kennen wir auch das ausschweifende folkloristische
Ballett zur Einleitung. Im Nikulin Circus wird es um einen großen Bären
ergänzt, welcher sich in Begleitung seines Trainers Sergey Puzachinov
teilweise sogar frei in der Manege bewegt. Immer wieder faszinierend
sind die eleganten und doch durchaus riskanten Sprünge der achtköpfigen
Filinov-Truppe von Schaukel zu Schaukel oder von der Schaukel auf eine
Matte. In traditionellen Kostümen ihrer Heimat wagen sie unter anderem
den gleichzeitigen Sprung zweier Akteure übereinander. In
fantasievollen Harlekinkostümen jonglieren die Mitglieder der
fünfköpfigen Formation um Valerie Scherbakov mit Keulen. Dies tun sie
nicht nur am Boden, sondern vor allen Dingen auf einem Requisit mit Mittelplattform, an welcher zwei lange Ausleger
befestigt sind. An deren Enden befinden sich wiederum Plattformen. Auf
diesen stehen jeweils Artisten, die sich gegenseitig die
Keulen zuwerfen. Die gesamte Konstruktion rotiert um die eigene Achse,
die äußeren Plattformen können nach oben gezogen werden. So entstehen
dynamische Bilder. Eine furiose Fortsetzung des Openings,
denn diese Jonglagen sind die erste Darbietung des Programms.
Beschlossen wird der artistische Part durch Dilyara und Marat
Bikmayevi. Sie zelebrieren eine sinnliche Kür an den Strapaten. Auch hier werden wir mit hohen Schwierigkeitsgraden
verwöhnt. Gekrönt wird dieses Schauspiel mit dem Titel „Entering Love“
durch aus der Kuppel einsetzenden Regen, der das Geschehen in Form
eines Zylinders einhüllt.
Clown Igor Yashinov
Schon
an einer früheren Stelle im Programm wird Strapatenakrobatik
präsentiert. Dmitry und Alexandr Dudkin sind die Protagonisten einer
wiederum groß angelegten Nummer. Ihre Bänder hängen unter
überdimensionalen Kirchenglocken. Die Manege ist mit Akteuren in
Mönchskutten gefüllt. Smeralda mischt sich unter diese. Auf den
LED-Wänden werden Bilder von Kirchenfenstern eingeblendet. So entsteht
eine perfekte „Glöckner von Notre Dame“-Stimmung. Fetziger geht es bei
der Hula Hoop-Darbietung zu, die Vladlena Ananyeva auf einer großen
Diskokugel zeigt. Dabei wird sie von Mitgliedern des Balletts
begleitet. Das alles findet auf der Bühne oberhalb der Gardine statt.
Den Kontrapunkt zu all diesen großen, durchinszenierten Auftritten
setzt Igor Yashnikov, der als Clown Harry ganz traditionell daherkommt.
Er begleitet uns mit liebevollen Reprisen durch den Abend. Yashnikov
verkörpert für mich den typisch russischen Clown. Er hat ein feines
Mienenspiel und findet schnell den Draht zum Publikum. Die meisten
seiner kleinen Geschichten sind für uns neu. Wenn er Zuschauer in die
Manege holt, macht er sie zu seinen Partnern und produziert sich
nicht auf ihre Kosten.
Szene aus dem Schaubild "Africa"
Dankenswerterweise
wird den Tieren bei „Burlesque“ viel Raum gegeben. Insbesondere die
Produktionsnummer „Africa“ reißt einen von den Sitzen. Als Kulisse
dient ein künstlicher Urwald, in dessen Blattwerk sich kleinen Affen
bewegen. Das Ballett ist in fantasievollen afrikanischen Kostümen und
passenden Choreographien mit von der Partie. Vier Luftartisten agieren
zu Beginn an Netzen über dem Geschehen. Dann erleben wir die
unterschiedlichsten Tierarten. Einige, wie etwa große Laufvögel und
Stachelschweine, drehen einfach nur ein paar Runden. Die meisten aber
zeigen, was sie bei ihren Trainern Dmitry und Aleksandr Dudkin gelernt
haben. Ein stattlicher Schimpanse balanciert auf einer Kugel und zeigt
an den Ringen sehr selbständige kraftvolle Umschwünge. Kleinere Affen
reiten und voltigieren auf Zebras. Zudem reiten sie auf Giraffen, wenn
auch nur in Form von Steckenpferden. Eine Gruppe von Lamas springt
elegant über Hindernisse. Das alles in einer dichten, mitreißenden Choreographie. Jeden Augenblick gibt es etwas Neues zu
entdecken, immer passiert irgendetwas. Ein wahres Fest für alle Sinne.
Duo Shirokalov
Ebenfalls
restlos begeistert hat uns die gemischte Raubtiernummer von Natalya
Gubanova Shirokalova und Andrey Shirokalov. Sie besteht aus vier Tigern,
zwei Ligern, drei Panthern und drei Leoparden. Die meisten der Tricks
werden auf einer großen schwarzen Rundbühne in der Manegenmitte
gezeigt. Auf der einen Seite haben die sechs kleinen, auf der anderen
die sechs großen Wildkatzen nebeneinander ihre festen Plätze. Das
Abliegen aller Tiere bildet die einzige gemeinsame Aktion der gesamten
Gruppe. Ansonsten zeigen sie separat ihr Können. So etwa Tiger und Liger das Hochsitzen oder den Lauf auf den Hinterbeinen. Die kleinen
Katzen hingegen beweisen ihre Fähigkeiten im Klettern sowie ihre
Sprungkraft. Immer im vertrauten Zusammenspiel mit ihren Trainern. Die
Shiraklovs spielen aber auch miteinander eine intensive, erotisch
angehauchte Liebesgeschichte. Somit erhält ihre Raubtierdressur
ebenfalls eine Inszenierung – Einleitung durch das Ballett inklusive -,
die die Zuschauer elektrisiert. Wunderbar aufgemacht ist last not least
die Pferde- und Hunderevue von Tatyana Maschenko. Sie bringt jeweils
drei gescheckte Ponys und Pferde in die Manege. Hinzu kommen
Dalmatiner. Farblich sind somit alle Tiere perfekt aufeinander
abgestimmt. Die Pferde und Ponys dienen den Hunden als Reittiere.
Folgerichtig hat diese Darbietung den Titel „Jockeys“. In den
unterschiedlichsten Varianten springen die Dalmatiner auf die Rücken
ihrer tierischen Partner. Hinzu kommen verschiedene Steiger der Pferde
und Ponys. Tatyana Maschenko dirigiert diese Nummer souverän und
stilvoll. Natürlich gibt es auch hierzu vorab einen passenden Tanz der
Balletgirls.
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