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Circus Alex Kaiser - Tour 2020
Circus Alex Kaiser auf Facebook ; 95 Showfotos

Wörgl, 16. Juli 2020: Ihren eigenen Weg gefunden hat die Familie von Alex Kaiser. Seit Jahren reist sie mit ihrem gleichnamigen Circus nicht mehr im Heimatland Deutschland, sondern in Österreich. Hier hat sich das Unternehmen in regelmäßig wiederkehrenden Gastspielorten einen guten Ruf erarbeitet. So stand auch einer erfolgreichen Tournee 2020 nichts im Wege – bis Corona kam. Genau vier Tage wurden Anfang März beim Saisonauftakt in Linz Vorstellungen gegeben, dann ging es in die Zwangspause. Knapp drei Monate später konnte die Tournee am 4. Juni in Enns wieder aufgenommen werden.

Wiederum mehr als einen Monat später ist die Familie Kaiser mit ihrem Ensemble in Wörgl (Tirol) angekommen. Dort wurde auf einer Wiese in einem stark frequentierten Gewerbegebiet mit vielen großen Einkaufsmärkten aufgebaut. Der Circus gibt ein schmuckes Bild ab. Das weiße Viermast-Chapiteau trägt rote Applikationen. Diese Farbgebung spiegelt sich im Kassenhäuschen mit Leuchtschrift und im Schriftzug am Eingangsportal wieder. Das Portal befindet sich in der Mitte des metallenen Frontzauns mit Laternen. Einen schönen farblichen Konstrat bilden die mit dem blau-gelben Logo bemalten Wagen. Auch im Spielzelt überzeugt das Ambiente mit dem Artisteneingang aus rotem Stoff. Links daneben hat der Restaurationswagen seinen Platz gefunden. Umfangreich mit LED-Scheinwerfern und Moving Heads bestückt ist die Lichtanlage, wobei die Wirkung mit mehr Licht von vorne – statt vom Artisteneingang her – noch gesteigert werden könnte. Hinter den Logen steht ein modernes Gradin mit drei Reihen Klappsitzen und drei Reihen Bänken mit Rückenlehnen zur Verfügung. Aufgrund der Corona-Regeln dürfen zum Zeitpunkt unseres Besuchs nur 250 Besucher je Vorstellung empfangen werden und müssen zudem ihre Kontaktdaten hinterlassen. Doch die Zahl der Interessentinnen und Interessenten ist so hoch, dass an der Kasse viele Menschen abgewiesen und auf die kommenden Tage vertröstet werden müssen.


Maria Bizzarro, Alex Kaiser, Alicia Kaiser 

Alex Kaiser begrüßt das Publikum in Reimform und übernimmt auch gleich die erste Darbietung – eine Doppelfreiheit Friesen. Die Tiere tragen klassische Puschel, der Direktor ein schwarzes Livree mit goldenen Knopfleisten. Nach den Lauffiguren zeigt jeweils ein Tier den Gang mit den Vorderbeiden auf der Piste bzw. spanischen Tritt und Steiger. Der Circus bietet aber nicht nur die Darbietungen der eigenen Familie, sondern engagiert auch jedes Jahr Artisten hinzu. Für den Spaß sorgt heuer der polnische Clown Bartolini, der außerhalb der Manege auf den Namen Bartek Buklad hört. Mit Feuereifer ist er bei der Sache, zum Beispiel bei seinem Klatschspiel zum „Warm up“. Der artistische Part des Programms wird durch die Pashenkos verstärkt – also Pasha Kolesnikov und Vadym Kucherenko mit Strapaten sowie Hand-auf-Hand und ihre Ehefrauen Maria Bizzarro (Säbelbalance) und Anna Kucherenko (Pole). Maria Bizzarros Säbelbalance hat als Genre Seltenheitswert und ist als konkrete Nummer geradezu ein Klassiker. Sie überquert unter anderem eine Leiter, während sie einen Säbel auf ihrer Stirn balanciert. „Spitze auf Spitze“ steht später das Schwert mit dem Feuerkelch auf dem Munddolch, den die sympathische Artistin mit den Zähnen hält. Alicia Kaiser lässt charmant die Hula-Hoop-Reifen um Körper, Arme und Beine kreisen oder fängt diese, wenn ihr Vater Alex sie ihr zuwirft. Anschließend darf die kleine Gastartistin "Isabella aus Kramsach" zeigen, was sie mit den Hula-Hoop-Reifen bereits gelernt hat.


Maiwen Kaiser, Alex Kaiser, Bartolini
 

Alicias  Bruder Maiwen Kaiser kann versiert mit jeweils fünf Bällen oder Ringen bzw. vier Keulen oder Hüten jonglieren. Besonders interessant ist sein Trick, bei dem er beim Jonglieren mit den Ringen eine lange Stange auf dem Kopf balanciert. Dabei wirft er zwei Ringe an den Haken, der weit oben an der Stange angebracht ist, sowie einen Fußball in einen Korb am oberen Ende. Nicht nur die Latin-Musik heizt dabei die Stimmung an, sondern auch Alex Kaiser, der seinen Sohn aus dem Hintergrund kräftig anfeuert: „Vollgas! Gib alles! Jetzt geht die Post ab“, ruft er ins Mikrofon. Kurz darauf – nach Bartolinis Popcorn-Reprise – steht der Direktor dann wieder selbst in der Manege, um die Kamele in einer kompakten Dressurfolge vorzustellen. Er ist ein Sohn des verstorbenen Circusdirektors Edmund Kaiser. Auf Clown und Tiere folgt beides zusammen: Bartolini spielt einen Polizisten und mit seinem Hund Max. Dieser springt natürlich erst dann wie gefordert durch den großen Reifen, wenn sein Herrchen es nicht sieht. Und auch einen Ärmel des Kostüms schnappt sich der scheinbar freche Vierbeiner, so dass Bartolini mit nacktem Arm dasteht.


Duo Pashenko, Sharon Kaiser, Anna Kucherenko 

Für die eindrucksvolle Pausennummer sorgt das Duo Pashenko, das an den Strapaten Mut und Muskelkraft, Beweglichkeit und Balancevermögen demonstriert. Nach der Pause kombiniert Anna Kucherenko in ihrem Poledance anspruchsvolle Haltefiguren und gewagte Abfaller zu einer überzeugenden Darbietung. Weniger ernst zu nehmen ist Bartolinis Versuch, sich auch akrobatisch zu profilieren. Für seine Variante des Schleuderbretts benötigt er die Unterstützung eines Zuschauers. Dieser wird nicht nur mit einem Rock ausgestattet, sondern soll auch die typischen Bewegungen osteuropäischer Schleuderbrett-Artistinnen nachmachen. Der jüngste Kaiser-Spross Sharon zeigt ein Groß und Klein mit jeweils einem gescheckten Pferd und Pony. Verzichten müssen wir in der besuchten Vorstellung leider auf die Jockey-Reiterei von Germen Kaiser, der in geschäftlichen Angelegenheiten für den Circus unterwegs ist.


Duo Pashenko, Bartolini, Alicia Kaiser

Bartolini präsentiert uns noch einmal seine Vielseitigkeit: Scheinbar total überdreht holt er eine Dame und einen Herren zum Mitmachtanz in die Manege; direkt im Anschluss zeigt er sich jedoch von seiner romantischen Seite. An der Violine begleitet er Alicia Kaiser. Die schwebt zum Titanic-Lovesong „My Heart will go on“ am Luftring und lässt dabei Flitter aus der Kuppel regnen. Zünftiger ist die Musik, die nach wirklich jeder Darbietung der Vorstellung gespielt wird: der Zillertaler Hochzeitsmarsch. Und das wirkt ein wenig kurios, wenn hierzu „Maria Bizzarro aus Italien“ oder das „Duo Pashenko aus der Ukraine“ ins Mikrofon gerufen wird und diese ihr Kompliment zeigen. Dem Duo Pashenko ist mit seiner leistungsstarken Hand-auf-Hand-Akrobatik natürlich auch die Schlussnummer vorbehalten.

Mit dem Finale geht ein schöner Nachmittag in einem schönen Circus zu Ende. Wenige Tage später wird der Circus Alex Kaiser in Innsbruck die noch eindrucksvollere, größere Variante seiner Zeltanlagen mit passendem Vorzelt aufschlagen und hier – Corona zum Trotz – die nächste Etappe seines erfolgreichen Weges gehen.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll