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Circus Harlekino - Tour 2020
https://circusharlekino.nl ; 45 Showfotos

Bladel, 27. Juli 2020: Sommerliche Circus-Gastspiele in Ferienparks haben schon Tradition in den Niederlanden. Einige Unternehmen konzentrieren sich darauf und reisen ausschließlich während der Ferien über die stark frequentierten Campingplätze. Rund eine Handvoll dieser Circusse folgt dem erfolgreichen Konzept. So auch der Circus Harlekino, der bereits seine 32. Saison bestreitet. Gegründet hat ihn einst der heute 78-jährige Peter Verberk. Seine Liebe und den Enthusiasmus zum Metier hat er seinem Enkel Kevin van Geet vererbt, der heuer die Leitung des kleinen Unternehmens übernommen hat.

Dabei ist van Geet längst kein Unbekannter mehr in der Circuswelt. Der 27-Jährige unterstützt andere Unternehmen im administrativen Bereich, etwa bei Presse und Tourneeleitung. Er ist aber auch selbst Veranstalter und organisiert die Weihnachtproduktionen in Etten-Leur und Tilburg. Prominent vermarktet sich van Geet als „jüngster Circusdirektor Europas“, offenbar mit Erfolg. Davon zeugen eine achtbare Anzahl an eigenen Aufliegern, die allesamt das Logo seiner „Circusproducties“ tragen und sich bei Harlekino um ein schon älteres, rotes Zwei-Mast-Zelt gruppieren. Hervor sticht das mobile Büro, weitere sind für den Materialtransport ausgelegt.


Hinweisschilder, getrennte Wege und Sitzplätze mit Abstand

Eine Tribüne wird heuer pandemiebedingt nicht mitgeführt. Stattdessen werden Erwachsene im Zuschauerraum auf Stühlen mit dem notwendigen Abstand von eineinhalb Metern zwischen Haushalten platziert; für Kinder gilt diese Vorgabe nicht, sie können das rund einstündige und ohne Unterbrechung gespielte Programm gemeinsam auf Bänken in der Loge erleben. Der Ein- und Ausgang in die Zeltanlage ist getrennt und mit Pfeilen auf dem Boden entsprechend markiert. Ohnehin machen Hinweisschilder und Durchsagen vorab auf die neue Situation aufmerksam. In der Vorstellung selbst ist das dann aber schnell vergessen, wenn die umfangreiche Lichtanlage das Zelt zu Beginn in bunte Farben taucht. So wird eine stimmungsvolle Atmosphäre geschaffen, die bestens zum familiären Charakter des ganzen Programms passt. Durch das führt Kevin van Geet auf eloquente Art selbst.


Kevin van Geet, Tünde Szabo, Kevin Probst

Schon bei der Ankündigung der ersten Darbietung wird er allerdings immer wieder durch Gino Huppertz gestört. Der Clown bietet dem Direktor an, verschiedene Jobs zu übernehmen. Schließlich darf er sich am Saxofon beweisen und sorgt damit anfänglich für die musikalische Begleitung von Tünde Szabo. Die Ungarin hat eine fundierte Ausbildung an der Circusschule von Budapest erhalten und gefällt in ihrer ersten Nummer am Luftring. Zahlreiche Spagat-Varianten am Requisit und Zehenhang sind im charmant dargebotenen Repertoire. Als Clown schlüpft Gino Huppertz im Verlauf des Programms in mehrere Rollen: in seinem ersten Intermezzo versucht er sich zusammen mit einer weiblichen Zuschauerin als Kunstschütze. Allerdings gehen schon so manche Luftballons kaputt, bevor auf sie gezielt wurde. Der finale Schuss aber glückt. Das Kostüm gewechselt, beweist Kevin van Geet selbst artistisches Talent. Bei einer Kinn- und Stirnbalance hält er Schwert, Fackel, Stühle, Vorschlaghammer und ein Konstrukt aus Gläsern im Gleichgewicht. Auch Gino Huppertz hat das Outfit getauscht und mimt Amor. Doch statt hübscher Assistentinnen trifft der Clown nur den Direktor, mit dem der enttäuschte Gast aus dem Publikum Vorlieb nehmen muss. Als einzige Tiernummer bringt Kevin Probst vier braune und vier gescheckte Esel in die recht kleine Manege. Zusammen zeigen die Tiere zunächst verschiedene, aus Freiheiten bekannte Lauffiguren. Nach Fellfarbe getrennt kommen weitere Tricks hinzu: die gescheckten Vierbeiner springen über Hürden; die braunen Tiere liegen ab, während sich Kevin Probst dazugesellt. Abseits der Manege steht den Eseln ein direkt an den Stallwagen anschließender Paddock zum Grasen zur Verfügung.


„Bienchen“-Entree mit Gino und Manfred Huppertz sowie Kevin van Geet

Insbesondere von den Kindern lebhaft und lautstark begleitet wird das „Bienchen“-Entree mit Gino und Manfred Huppertz sowie Kevin van Geet. Letzterer übernimmt den seriösen Part, während Gino als trunkenes Insekt durch die Manege „fliegt“. Sichtliche Spielfreunde und ein fröhliches Auftreten sorgen für ordentlich Spaß, bei Publikum wie Akteuren. Man pflegt eine langjährige Verbundenheit, weshalb die beiden Huppertz-Söhne nach vielen Jahren wieder bei Harlekino zu sehen sind. Und zu hören, denn an Schlagzeug, Orgel und Saxofon begleiten sie einige der anderen Darbietungen. Auch die zweite Luftdarbietung übernimmt Tünde Szabo, die an Tüchern ebenfalls einen gefälligen Ablauf einstudiert hat. Dazu gehören der freihändige Spagat sowie Abfaller. Nachdem sich Manfred Huppertz zuletzt um die familieneigene Zeltvermietung gekümmert hat, feiert er nun sein Comeback als Jongleur in der Manege. Mit Wurfmustern mit drei Keulen und bis zu sieben Ringen setzt er einen temporeichen Schlusspunkt vor dem Finale. Dort stellt Kevin van Geet nochmals seine Mitstreiter vor, ehe Gino Huppertz mit einem Solo auf dem Saxofon für ein gefühlvolles Ende sorgt.

Dass trotz der Vielzahl der Angebote in den Ferienparks die Vorstellung gut besucht ist, zeugt von der Sehnsucht des Publikums nach echter Unterhaltung – gerade in diesen Zeiten. Kevin van Geet wird dem mit einem familiären und traditionellen Programm gerecht. Der Einstand als Direktor des Circus Harlekino ist gut gelungen.

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Text und Fotos: Benedikt Ricken