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Magical World of Circus - Tour 2020
www.magical-circus.com ; 100 Showfotos

Asten, 22. August 2020: Nach der erfolgreichen Premierensaison im vergangenen Jahr war für Sandor Donnert klar, dass es 2020 eine Fortsetzung für seine „Magical World of Circus“ geben wird. Mit seinem ersten eigenen Tourneecircus war der umtriebige Produzent im Sommer durch niederländische und belgische Ferienparks gereist. Gezeigt wurde ein klassisches Circusprogramm mit jungen, attraktiven Akteuren. Zur starken Besetzung gab es einen sehr ansprechenden Rahmen. So sollte es weitergehen. Doch Corona wirbelte die fest eingeplante Neuauflage durcheinander.

Improvisation ist im Circus immer gefragt, in Krisenzeiten ganz besonders. So startet die Familie Donnert recht spontan in die aktuelle Sommersaison, als sich eine entsprechende Gelegenheit ergibt. Die Tournee durch Ferienparks bleibt auf die Niederlande begrenzt. Hinsichtlich der Gastspielorte fährt man „auf Sicht“. Sprich, die einzelnen Spielstätten werden eher kurzfristig festgelegt, Verlängerungswoche inklusive.


Magical World of Circus in Asten

Natürlich musste ein Hygienekonzept her. Es gibt klar definierte Ein- und Ausgänge für das Chapiteau sowie markierte Wege herein und heraus. Beim Einlass wird Desinfektionsmittel bereitgehalten. Im eigenen Zwei-Mast-Chapiteau stehen ausschließlich Stühle auf dem Boden. Dies in kleineren Gruppen mit viel Abstand dazwischen. Das Gradin kommt nicht zum Einsatz. Die Kapazität ist so auf 200 Plätze je Vorstellung limitiert. In einem der Parks wird der Auftritt im Zelt kurzfristig untersagt. Da das Publikum bereits da ist, wird an jenem Tag spontan unter freiem Himmel gespielt.


Das Ensemble 2020 vor dem Artisteneingang

Improvisation ist auch bei der Zusammenstellung des Programms angesagt. Kreative Ideen hat Sandor Donnert zur Genüge. Doch der Clown, den er für bestimmte Szenen im Auge hat, ist inzwischen tageweise für Galas gebucht. Andere vorgesehene Artisten dürfen aufgrund behördlicher Beschränkungen nicht von ihrem jeweiligen Aufenthaltsort her anreisen. So stammt der Großteil des Ensembles aus den Niederlanden. Hinzu kommt ein Akrobat aus Belgien, zwei weitere hatten zuvor ihr Quartier bei Flic Flac in Deutschland bezogen, wo sie bis zum Lockdown engagiert waren. Die Technikcrew kommt aus Deutschland, wo Donnert mit den Experten für Licht und Ton bereits beim Aachener Weihnachtscircus zusammengearbeitet hat. Tiere gib es in der aktuellen Produktion nicht. Auch das wäre in diesen Zeiten zu kompliziert geworden. So ist Mutter Beverly Donnert bei den eigenen Pferden in Großbritannien geblieben, während Vater Gabi und Schwester Latoya wichtige Stützen vor Ort sind.


Scott Bovelander, Benjamin Flame, Kateryna Fedorovych

Den Auftakt der Show übernimmt Scott Bovelander. Der jugendliche Blondschopf war schon 2019 mit von der Partie. Mit seinen Bouncing Jonglagen sorgt er gleich für ordentlich Schwung. Bis zu acht weiße Bälle jongliert er gleichzeitig zu Boden. Auf ein Wiedersehen mit Scott müssen wir nicht bis zum Finale warten. Denn er ist unser Begleiter durch den Abend, der mit kurzen Ansagen seine Kolleginnen und Kollegen vorstellt. Wie den Belgier Benjamin Flame, der hier ebenfalls im Re-Engagement zu erleben ist. Seine Domäne ist die Hula Hoop-Artistik. Und die beherrscht er ganz virtuos. Immer mehr Reifen lässt er variantenreich um verschiedene Körperteile kreisen. Sogar im Spagat lässt Benjamin seine goldenen Requisiten rotieren und hat dabei die Sympathien auf seiner Seite. Nach so viel Manpower gehört die Manege Kateryna Fedorovych. Doch sie verlässt den sicheren Untergrund sogleich, denn ihr Auftritt findet unter der Kuppel an den Gymnastikringen statt. Diese sind etwas größer im Durchmesser als die Ringe beim Turnen, so dass sich die blonde Artistin etwa mit dem unteren Teil des Beins – kurz hinter den Fersen – einhängen und in der Senkrechten die Balance halten kann. Phänomenal. Auch das übrige Repertoire der Ukrainerin mit dem trainierten Körper ist stark und selten zu sehen. Etwa die Umschwünge oder der doppelte Zehenhang an einem der Ringe. Ein echtes Erlebnis.


Alain Alegria, Ezra Veldman, Duo Kira

Ebenfalls in die Höhe geht es für Ehemann Alain Alegria. Sein Thriller auf dem Washingtontrapez wirkt natürlich ganz besonders bei großem Abstand zum Boden. Etwa bei Flic Flac, wo er zuvor engagiert war. Doch auch im eher intimen Rahmen entfalten seine Balancen auf der Trapezstange eine ganz besondere Wirkung. Vollkommen zu Recht bilden sie den Schlusspunkt des Programms. Ein Wirbelwind ist Ezra Veldman. Gerade mal zwanzig Jahre jung und schon ein respektabler Showman, der vor allen Dingen die Herzen der jungen Zuschauerinnen stiehlt. Das gesamte Publikum gewinnt er mit seinen versierten Diabolospielen. Dies sind schon sehr trick- und abwechslungsreich. Den Schlussakkord setzt er mit der Jonglage von vier Diabolos auf kleinem Raum. Sprich, sie fliegen nicht über Kopfhöhe. Frauenpower bringt das Duo Kira in die Manege. Kim Dekker und Tara de Jong haben sich an der Circusschule de Hoogte kennengelernt und dort ihre gemeinsame Artistenkarriere gestartet. Im diesjährigen Programm der Magical World of Circus überzeugen sie mit ihrer Hand-auf-Hand-Darbietung. Groß ist das Staunen, wenn Kim auf dem Kopf von Tara steht, während sich diese vom Stand in den Spagat und zurück bewegt. Kim stellt zudem die Frage „Mensch oder Puppe?“. In einem Clownskostüm spielt sie eine quicklebendige und sehr bewegliche Puppe. Ihre Mitspieler sind Scott Bovelander und Mr. Bill. Letzterer begleitet uns als Clown durch den Abend. Für einen Lutscher als Gage findet sich zumeist schnell ein Mitspieler im Kinderalter aus dem Publikum. So verhilft er zwei Jungs aus dem Publikum mit Ballons zu Helmen und Schwertern, mit welchen sie die beiden duellieren dürfen. Einen anderen lässt er zu einem Tellerjongleur werden.

Die Vorstellung läuft eine gute Stunde ohne Unterbrechung, was für meinen Geschmack genau passt für das Gastspiel in einem Park. Dies insbesondere, da die Show kurzweilig ist und flott abläuft. Zudem ist sie recht stark besetzt. Es gibt einige neue Gesichter zu entdecken, von denen man sicher noch hören wird. Ein schöner Artisteneingang, geschmackvolles Licht und gute Toneinspielungen werten den Gesamteindruck auf. Und der stimmt voll und ganz. Das ist insbesondere vor dem Hintergrund der nicht gerade einfachen Rahmenbedingungen in diesem Corona-Jahr bemerkenswert. 2021 soll es weitergehen. Dann hoffentlich planbarer. Sandor Donnert hat schon jede Menge Ideen für die neue Produktion.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch