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Moskauer Circus - Tour 2020
www.moskauer-circus.com ; 60 Showfotos

Osnabrück, 15. August 2020: Als hierzulande erster Circus überhaupt und als einziges der hauptsächlich mit engagierten Artisten agierenden Unternehmen hat die Familie Frank mit ihrem „Moskauer Circus“ schon früh den Wiederbeginn gewagt. Nach turbulenten Wochen im bayerischen Weiden, wo man die Pandemie-bedingte Spielpause verbracht hatte, setzte man bereits ab Ende Juni die Tournee mit Stationen in NRW und Niedersachen fort.

In Osnabrück gastiert man nicht auf dem bekannten Platz an der Halle Gartlage, sondern ebenfalls gut sichtbar an einer Ausfallstraße Richtung Autobahn. Auf dem Wiesengelände ist das Unternehmen auch zu den letzten Vorstellungen am Abbautag noch üppig aufgebaut. Errichtet ist ein ehemaliges Chapiteau von Louis Knie. Dieses habe man übernommen, erzählt Gino Frank, um insbesondere der stetig steigenden Nachfrage beim Weihnachtscircus in Augsburg besser nachkommen zu können. Bis zur nächsten Auflage werde die Schalensitztribüne entsprechend angepasst, sprich um Balkonlogen vergrößert, so der Juniorchef im Gespräch. Noch im Herbst soll eine neue Plane im bekannten rot-weißen Streifenmuster angeschafft werden – gleich der bisherigen, bei zukünftigen Gastspielen augenscheinlich im Wechsel eingesetzten Zeltanlage und passend zum auch in Osnabrück errichteten Vorzelt.


Zeltanlagen 

Im Vorzelt sind neben einer Hüpfburg nun ebenfalls neue Verkaufsstände für Crêpes, Zuckerwatte und weitere Süßwaren aufgebaut. Sie verfügen über Leuchtschriften und sind dank entsprechenden Gabeltaschen transportfähig. Im Wagenpark sticht zudem ein Planen-Auflieger mit der Zeichnung der Basilius-Kathedrale hervor. Die Familie Frank versteht es geschickt, nicht immer unumstritten, aber offenbar durchaus erfolgreich mit Assoziationen um die Herkunft des Unternehmens zu spielen.


Familie Tonito 

Bereits aus den Vorjahren bekannt sind die Darbietungen der Tonitos. Immerhin ist die spanische Familie zum dritten Mal in Folge mit dem „Moskauer Circus“ unterwegs. Bei der im Stil ihrer Heimat gehaltenen Nummer auf dem Drahtseil sind die Herren, Salvi Tonito und Sohn Kevin, diesmal unter sich. Im Doppel wird auf zwei Seilen parallel und im Wechsel ein beträchtliches Repertoire dargeboten, welches in Sprüngen durch Messer- und Feuerreifen sowie Rückwärts-Salto gipfelt. Diese werden, dann von der ganzen Familie, auch auf dem Trampolin dargeboten. Ein Fangstuhl bietet den sieben Akteuren weitere Möglichkeiten für Tricks. Es werden auch Menschentürme gebaut. Dieser geschmackvoll präsentierte Auftritt ist auch beim wiederholten Besuch äußerst sehenswert. Dass diese Artistenfamilie für viele Programme eine echte Bereicherung darstellen würde, zeigt sich auch bei den Antipodenspielen von Marisa Tonito und ihrer Tochter Madison. Im Schulterstand auf den Füßen der Mutter balancierend, halten die beiden gemeinsam zuletzt fünf Teppiche auf Händen und Füßen in Bewegung.


Oleksandr (Sascha Mak-Frank), Sandra Kopecka, Boleg (Sandro Frank) 

Ebenfalls prolongiert wurde Sandra Kopecka. Ihre Darbietung am Luftring ist genretypisch mit einigen Spagat-Varianten an Requisit oder Schlaufe, insgesamt akrobatisch solide und sehr charmant verkauft. Sascha Mak-Frank bereichert als „Oleksandr“ mit zwei Nummern den Ablauf. Neu gestaltet ist seine Equilibristik auf einem Piedestal: seine Handstände drückt er in edler Aufmachung samt Fliege, Hut und zu passender Musik; der Kleidung zunehmend entledigt demonstriert er einen Einarmer auf hoher Stange. Deutlich altbackender fällt die Kostümwahl bei seiner Arbeit an den Strapaten mit starken Posen und Wickeln aus. Mit Sandro Frank als „Boleg“ verantwortet ein Mitglied der Direktionsfamilie auch die Clownerie: Er verteilt Popcorn im Publikum, spielt mit imaginären Golfbällen und wagt sich ans Schleuderbrett. Dieser klassische Fundus kommt an.


Ruth & Ivano Jarz 

Neu im vom Seniorchef Nando Frank persönlich aus dem Off moderierten Programm sind Ruth und Ivano Jarz. Den beiden Italienern gebühren sogleich die prominenten Programmstellen. Sie eröffnen die Vorstellung, welche mit einer bunten Flaggenparade startet, klassisch mit Jonglage; dazu gehören das Passing von fluoreszierenden Ringen, gemeinsame Wurfmuster mit Keulen, das Auffangen von kleinen Bällen in Säckchen am Hüftgurt sowie schließend Tricks mit einem Kubus. Ihre im Tango-Thema gehaltene Darbietung an Tüchern lässt Vorbilder erahnen. Neben Flugsequenzen gibt es Haltetricks, bei denen sich beide in tragender Position abwechseln. Als „beste und größte Mystery-Show auf Reisen“ sind die Illusionen des Paares angekündigt. Alle weiblichen Ensemble-Mitglieder sind als Assistentinnen in der Nummer vertreten: sie verschwinden, lassen sich durchbohren, tauschen die Plätze und erscheinen natürlich auch wieder. Jarz lässt sie auch in Kisten schweben oder mit ihnen zusammen einen Tisch. Dieser Auftritt überzeugt und ist folgerichtig vor dem tänzerischen Finale platziert.


Finale

Aktuell fehlen aus Kostengründen jegliche Tier-Darbietungen; vor der Pandemie waren auch noch die Familie Munoz mit Seelöwen und Robano Kübler mit Tigern dabei. Laut Gino Frank sollen aber so bald wie möglich wieder Tiere in den Ablauf aufgenommen werden. Auch weitere artistische Verstärkungen wie ein Flugtrapez sind angekündigt.

Doch auch in seiner jetzigen Form spricht das Programm des „Moskauer Circus“ durchaus für sich. Es ist von guter Qualität und wird flott und schnörkellos, aber immer ansprechend vom zwölfköpfigen Ensemble präsentiert.

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Text und Fotos: Benedikt Ricken