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Zirkus Stey - Tour 2020
www.stey.ch ; 111 Showfotos

Rüthi, 17. Juli 2020: Einen großen Schritt nach vorne wollte der Zirkus Stey in der Saison 2020 gehen. Also wurde ein neues Chapiteau in den Hausfarben Rot-Weiß angeschafft, wie bisher mit 14 Meter hohen Masten und einer Kuppelhöhe von elf Metern. 50 Zentimeter länger als bisher sind die Rondellstangen, was für einen noch großzügigeren Raumeindruck sorgt. Doch dann kam Corona. Anstatt im neuen Zelt konnte Stey zunächst gar nicht spielen. Mit drei Monaten Verspätung wurde dann am 11. Juni gestartet, als erster Schweizer Circus nach dem Lockdown und wie ursprünglich geplant in Volketswil.

Gut einen Monat später gastiert der Zirkus Stey in Rüthi, wenige Kilometer von Rapperswil entfernt. Auf dem Sonnenplatz gibt das Unternehmen ein schmuckes Bild ab. Ebenfalls ausgetauscht wurde der Toilettenwagen; und im Inneren des Chapiteaus erwartet uns heuer eine besonders stimmungsvolle Atmosphäre. Diese schafft Patrick Rosseel durch das von ihm kreierte Licht.


Stey mit neuen Zeltanlagen in Rüthi

Nach seiner langjährigen Tätigkeit beim Circus Knie ist er zum Saisonende 2019 offiziell in Ruhestand gegangen. Nun setzt er sein Wissen und seine Erfahrung bei solchen Projektarbeiten ein. Zum gepflegten Ambiente gehören auch der samtrote Artisteneingang mit dem vierköpfigen Orchester obenauf sowie die Tribüne mit Schalensitzen und Bankreihen. Corona-bedingt wird nur jede zweite Sitzreihe belegt und zwischen den einzelnen Besuchergruppen in jeder Reihe ebenso Platz gelassen.


Simone Stey, Steeven van Gool und Brendy Joltok, Yuri Caveagna

Nach der Ouvertüre des Orchesters und der Begrüßung durch Thilo Sehling im blauen Livree – im „Hauptberuf“ zeichnet er für das Stey-Büro verantwortlich – eröffnet Direktionstöchterchen Simone das Programm mit einem Potpourri akrobatischer Disziplinen. Sie wagt sich ans Trapez, verbiegt ihren Körper bei Kontorsionen, lässt Hula Hoop-Reifen kreisen und überzeugt besonders als mutige Jockeyreiterin. Mit zwei verschiedenen Schweizer Clowns besetzt ist in diesem Jahr der clowneske Part. So amüsiert uns Steeven van Gool mit seinem charmanten „Hütchenspiel“, bei dem der Kopf seiner Partnerin Brendy Joltok immer wieder aus anderen Behälter seines Eiswagens erscheint. Sympathische Akteure in geschmackvollen Kostümen erwarten uns bei der Rola Rola-Nummer von Yuri Caveagna, dem seine Partnerin Veronica assistiert. Doch nicht nur das Auftreten, auch das Können überzeugt. Schließlich balanciert Caveagna auf sieben aufeinander getürmten Bänken und auf einem Turm aus acht Zylindern, davon sechs stehend und zwei liegend.


Brendy Joltok, Lukas Böss, Cindy Beautour
 

Der zweite Schweizer Clown in der Vorstellung ist „Lügg“ alias Lukas Böss. Er ist ein „Gewächs“ des Circus Harlekin, war dort Platzmeister und eine prägende Figur der Shows zugleich. Nun möchte er Erfahrung in anderen Unternehmen sammeln, im vergangenen Winter beim Berolina-Weihnachtscircus vor den Toren Berlins und nun eben auf Saison bei Stey. Von Harlekin bekannt ist uns, aber natürlich nicht dem Ostschweizer Stey-Publikum seine herrlich originelle Golf-Reprise, bei der sowohl Ball als auch Loch ein ferngesteuertes Eigenleben entwickeln. Versteckt lebt dagegen das „Phantom der Oper“. Zu den schönsten Melodien aus dem Musical-Klassiker zeigt Brendy Joltok ihre Kunst am Vertikalseil, mal mit ruhigeren Posen, dann wieder mit dynamischen Momenten, abgestimmt auf die Musik und natürlich passend kostümiert mit Halbmaske. Ein Klassiker ist auch dieses traditionelle Genre, das gegenüber der Vielzahl der Tuch-Nummern am Markt stark ins Hintertreffen geraten ist. Schön, es hier wieder einmal zu erleben. Clown Lügg möchte einen Requisiteur zum „Rindvieh“ machen, ehe Cindy Beautour dann die coole Rockerbraut gibt. Rücklings auf dem Motorrad liegend, bewegt sie mit den Füßen eine Gitarre, einen Autoreifen und anschließend eine große Rolle. Zu letzterer bewegt sie auch noch zweit Hula-Hoop-Reifen mit den Armen. Zum Abschluss ihrer Antipodenspiele, die selbstredend von krachender Rockmusik begleitet werden, lässt sie noch eine Stange mit Kreuzen an den Enden fliegen, wobei dieses Requisit LED-beleuchtet ist.


Rafael Gil, Mia Stey, Martin Stey und Steeven van Gool 

Zwei gemeinsame Reprisen von Lügg und Steevie umrahmen die Freiheitsdressur mit sechs gescheckten Ponys, die gekonnt von Direktionsgattin Mia Stey präsentiert wird. Aus dem Vorjahr prolongiert wurde der junge mexikanische Jongleur Rafael Gil. Fünf Keulen, vier Fußbälle und fünf kleine Bälle kommen zum Einsatz; letztere werden in kleinen Netzen am Gürtel gefangen – und dies alles mit viel Temperament, jugendlicher Ausstrahlung und Lebensfreude. Den Abschluss bildet die Jonglage mit vier Sombreros. Für das große Wasser-Entree wächst das Schweizer Clowns-Duo gar zum Trio, denn hier wirkt auch Direktor Martin Stey alias „Bimbo“ mit. Und Thilo Sehling gibt den seriösen Part. Äußerst feucht und ebenso fröhlich, mit vollem Einsatz und Lust an der Improvisation wird das Spektakel zelebriert.


Cindy Beautour, Yuri und Veronica Caveagna 

Cindy Beautour beweist nach ihren Antipodenspielen noch ein zweites Mal Temperament, nun mit Hula Hoop-Reifen – bei Stey werden traditionelle Circusgenres besonders gepflegt. Entgegen der ursprünglichen Ankündigung nicht im Programm sind nach der Corona-Zwangspause die ikarischen Spiele von Sis und Yabu aus Äthiopien. Somit sorgt Yuri Caveagna als Messerwerfer und Kunstschütze für den Abschluss der Show. Er zielt mit seiner Armbrust über die Schulter, den Blick in einen kleinen Spiegel gerichtet. Schießt seiner Partnerin Veronica einen Apfel vom Kopf. Und wirft Messer auf eine sich drehende Scheibe, an der die Partnerin rotiert. Glücklicherweise stets sicher an ihr vorbei.

Das Finale vereint das gesamte Ensemble in der Manege. Auch in dieser besonderen Saison bleibt der Zirkus Stey seiner Linie treu und bringt stimmigen, gepflegten Traditionszirkus für die ganze Familie in kleinere Städte und Dörfer der Ostschweiz. Und so trifft das Tournee-Motto den Nagel auf den Kopf: Stey bleibt Stey.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll