„L‘Arche“ heißt die Konstruktion. Auch sie
vereint mit Restaurations- und Backstagebereich wiederum alles
unter einem Dach, ist aber mit 64 mal 38 Metern etwas kleiner
als „Le Cathedrale“. Durch den Verzicht auf eine Rundkuppel
spart man sich außerdem etwas Aufwand beim Aufbau. Ein wichtiger
Gesichtspunkt in einer Zeit, in der man immer schwieriger
technisches Personal findet. Schlicht in weiß ist die Plane
gehalten. Laut Programmheft war es Gilbert Gruss leid, dass
Muster und Farbgebung seiner Zeltanlagen von anderen Circussen
kopiert wurden. Daher werde man in Zukunft mit Videoprojektionen
die weiße Plane in Szene setzen. Im Inneren ist nicht nur der
Restaurationsbereich neu gestaltet, nein es sorgt gar eine
komplett neue Sitzeinrichtung für gehobenen Komfort. Neben der
Polsterung aller Sitzplätze hält sie noch einen weiteren Clou
bereit. Mit wenigen Handgriffen können im Nu Tische zwischen die
Reihen eingebaut werden, so dass man in ausgewählten Städten
jeweils abends eine Dinnershow veranstaltet. Das Programm wird
dann leicht abgeändert, mit Verzicht auf die drei
Tierdarbietungen, gezeigt. Während bei der Dinner-Bestuhlung
circa 600 Personen Platz haben, bietet das neue Gradin bei den
„normalen“ Shows mit 1300 Sitzplätzen etwas weniger Zuschauern
Platz als es früher bei Gruss der Fall war.
Opening
Die Atmosphäre im
neuen Zelt könnte allerdings nicht besser sein. Durch drei
Reihen erhöhte Loge, sieben Reihen Gradin und zusätzlich zwei
Reihen Galerieloge herrscht eine sehr intime Stimmung, ohne dass
Größe verloren geht. Letzteres liegt nicht zuletzt an dem
imposanten Artisteneingang, über dem das siebenköpfige Orchester
thront, welches während der Show öfters mal die Höhe wechselt.
Hinzu kommt natürlich das unfassbar starke Lichtdesign, das nach
vielen Jahren erstmals wieder ohne Lasereffekte auskommt und
trotzdem nicht minder beeindruckend wirkt. Übrigens, sogar die
Applikationen der Galerielogen können passend zum Geschehen in
der Manege ihre Farbe ändern Dieses beginnt wie immer bei Gruss
mit einem Opening aller Artisten. Sie tragen bunte
Fabelwesen-Kostüme, die hier schon vor einigen Jahren einmal im
Einsatz waren.
André Broger,
Alexis Griss Biasini, Team Street Workout
Alexis Gruss-Biasini zeigt fünf Falabella-Ponys
in einer ordentlich laufenden Freiheit. Clown André erzeugt mit
einem Fahrrad Strom, der gebraucht wird, um die nächste Nummer
ins richtige Licht zu setzen. Als Team Street Workout kommt
sozusagen die Haustruppe in die Manege, bestehend aus sechs
männlichen Akteuren sowie der Artistin Giselle Souza Santos. Sie
zeigen Haltefiguren an Barren, Mast und Reck. Besonders
hervorzuheben ist hier die lebende Flagge von Giselles Ehemann
Edison, auf die sie sich stellt.
César Dias, Linda Biasini-Gruss, Kevin Gruss und Julia Friedrich
Schon einige Saisons hat Clown André bei
Arlette Gruss verbracht, wohingegen César Dias hier seine
Premiere feiert. Auch hier sind ihm die Lacher sicher, wenn er
seine Westernszene mit einem Mann aus dem Publikum spielt.
Weiter geht es mit den Pferden der Familie Gruss. Kurz
eingeleitet vom Ballett, zeigt Linda Biasini-Gruss zuerst einen
Achterzug Friesen, ehe ihre Tochter Laura-Maria Gruss mit vier
Tieren die Nummer weiterführt. Die Pferde zeigen hauptsächlich
Tricks rund um vier illuminierte Reifen, welche von den
Tänzerinnen gehalten werden und ein schönes Bild erzeugen. Ihre
kleine Schwester Alexis lässt ein Pony ebenfalls durch Reifen
springen, ehe die beiden den Ausflug in die Welt der Pferde mit
einem Einzel- und einem Doppel-Steiger beenden. Ihren einzigen
Auftritt zusammen haben César und André bei einem kurzen
Intermezzo mit Fingerpfeifen, wie wir es schon 2013 bei Charles
Knie gesehen haben. Kevin Gruss und Julia Friedrich zeigen
einige interessante Tricks an den Strapaten, welche zu
dramatischer Musik bei den Gästen viel Anklang finden.
Natalia und Zdenek
Supka, Duo Lyd mit Alexis und Eros Gruss, Romain Vincent
Nicht
ganz so viel Applaus bekommen kurioserweise Natalia und Zdenek Supka, die ihre Jonglage im Steampunk-Style inszeniert haben.
Vielleicht ist es gerade die Persönlichkeit, welche hier etwas
verloren geht und beim „Duo Gruss“ umso mehr zur Geltung kommt?
Natalia lässt Bälle in einem Kubus kreisen, der mit ihr unter
der Kuppel hängt, ehe Zdenek in einem Plexiglas-Dreieck
Bouncing-Bälle springen lässt. Pausennummer ist die doppelte
Fahrradnummer des Duo Lyds zusammen mit Alexis und Eros Gruss.
Mal parallel und mal zusammen werden voller Tempo und Freude die
Tricks gezeigt. Unser Highlight im ersten Teil! Chapeau! Als Ouvertüre nach der Pause singt
Monsieur Loyal Kevin Sagau den Französischen Popsong „La rumeur“
in einer speziellen Version. Der von Flic Flac bekannte Drummer
Romain Vincent hat daraufhin einen kurzen Soloauftritt, in dem
er schlagzeugspielend auf einem Podest durch die Manege fährt,
ehe er auf einer Hebebühne Richtung Zeltkuppel gehoben wird.
Clown André hat mit seinem Haifischkampf einen Klassiker
ausgepackt, den andere Clowns oft von ihm kopiert haben.
Troupe Arlette
Gruss
Etwas
kurz fällt der Auftritt von Sarah Houcke aus. Sie zeigt drei
Dromedare und zwei Kamele des französischen Cirque Royal Kerwich.
Hier bräuchte es noch einen Schlusstrick, beispielweise ein
springendes Lama oder zumindest einen Musikwechsel während der
Darbietung, damit diese insgesamt vollständiger wirkt. Als „La
Troupe Arlette Gruss“ rufen mit der Familie Gruss, den Duos Lyd
und Acero sowie den Supkas inklusive Sohn Liam insgesamt zwölf
Personen zum ausgelassenen Seilspringen auf.
Duo Rolling Wheels,
Company Havanna, Pierre Marchand
Ein vollständiges
Gesamtkunstwerk ist die Rhönraddarbietung des Duo Rolling Wheels.
In einem mal wilden und mal zärtlichen Zusammenspiel begeistert
uns das ungarische Paar mit seinen Kunststücken in und auf den
zwei Rhönrädern. Artistisch noch eine Schippe drauf setzen
daraufhin die vier Artisten der „Company Havanna“. Ihre
Darbietung am russischen Barren kann sich einfach sehen lassen.
Wir staunen unter anderem über einen doppelten gestreckten Salto
sowie einen Dreifachen. Nicht ganz mithalten kann da Pierre
Marchand, der sich rein durch seinen gekonnten Verkauf als
Schlussnummer dieser Show eignet. Musik, Licht und der Akteur
selbst machen diese Diabolo-Nummer so besonders. Trotzdem könnte
sich Marchand am Ende seiner Darbietung etwas mehr zurückhalten
und auf seine penetranten Aufforderungen zu Standing Ovations
verzichten. |