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Circus Louis Knie - Tour 2021
www.louisknie.com ; 97 Showfotos

Linz, 28. Juli 2021: Gewissenhaft werden beim Einlass ins Vorzelt des Circus Louis Knie die 3G-Nachweise kontrolliert. Dafür ist im Chapiteau alles wie vor der Pandemie: keine Masken, kein Abstand. Es herrscht Normalität, zumindest scheinbar. Endlich wieder erleben wir in einem großen Rahmen, was den Reiz einer Circusvorstellung ausmacht. Natürlich sind es die Darbietungen der Künstlerinnen und Künstler und der Auftritt der gepflegten Tiere. Aber eben auch strahlendes Licht und wohlig warme Luft, mitreißende Musik, überschäumende Stimmung im Publikum.

Auffallend viele junge Leute rings um die Manege gehen begeistert mit, strahlen übers ganze Gesicht, klatschen begeistert mit den Händen über den Köpfen. Im Finale tanzen die beiden Besucherinnen vor mir glücksbeseelt in der Loge. Da ist sie wieder, die Magie des Circus! Ganze neun Monate lang war der Circus Louis Knie zuvor in „absoluter Starre“ gestanden, heißt es 0zum Beginn der Vorstellung in einer Begrüßung aus dem Off. Umso glücklicher sei das Ensemble, nun wieder spielen zu dürfen, denn „ein Circus braucht sein Publikum“. Seit November 2020 campierte das Circusteam auf einem Gelände hinter dem Cineplex-Kino in Linz, dort wurde nun auch wieder der Spielbetrieb aufgenommen.


Réka Lantos, Rudy Althoff, Los Ortiz 

Österreichisch ist in dieser Saison nicht nur der Circus selbst, österreichisch ist auch sein Clown. Don Christian alias Christian Hofer wärmt zunächst mit einem Klatschspiel das Publikum auf, für die weniger eifrige rechte Seite der Tribüne zieht er bald die gelbe und die rote Karte. Bleiben dürfen natürlich trotzdem alle Besucherinnen und Besucher und den ersten Höhepunkt des Programms erleben – und dies im Wortsinn, denn „Los Ortiz“ wagen sich zu fünft aufs Hochseil. Nach dem Aufgang übers Schrägseil werden unter anderem Sprünge über ein und zwei auf dem Seil kauernde Personen, Fahrradfahrt, Zwei-Mann-Hoch und Drei-Personen-Pyramide geboten, letztere mit dem weiblichen Truppenmitglied Lili Rodriguez-Herpszt an der Spitze. Auch in seinem zweiten Auftritt bezieht Don Christian das gesamte Publikum ein, wenn er „I feel good“ interpretiert und die Gäste die „Uhs“ und „Ahs“ dazu rufen dürfen. Michael Bublés „Feeling good“ ertönt dagegen zu den Posen, die die hübsche Réka Lantos am drehbar aufgehängten Trapez zelebriert, kraftvoll und ausdrucksstark, aber niemals das sympathische Lächeln vergessend. Rudy Althoff ist nicht nur der neue Betriebsleiter bei Louis Knie, sondern steht mit der hauseigenen Hundedressur auch selbst in der Manege. Die sechs Vierbeiner zeigen sich sehr gelehrig, der Vorführer heizt mit seinem offensiven Auftreten die Stimmung im Publikum weiter an.


Vanessa Berousek, Louis Knie junior 

Nochmals unterhält uns Don Christian, nunmehr beim Glockenspiel und „landestypisch“ in Lederhosen. Ein Mädchen aus dem Publikum unterstützt ihn dabei. Mit einer großen Kelle bedient sie überaus motiviert den Gong an Christians Gesäß. Mit bis zu fünf großen Bällen jongliert Vanessa Berousek, die Tochter des schnellsten Jongleurs der Welt, Mario Berousek. Dabei wird das Genre kräftig gegen den Strich gebürstet: Nicht keck und fröhlich arbeitet sie, sondern zelebriert zu einer dramatischen Pop-Ballade die ganz großen Gefühle, leidenschaftlich und mit Herzschmerz. Den ganz großen Auftritt hat dann vor der Pause der Direktor selbst. Louis Knie präsentiert zunächst ein Schulpferd am Zügel, danach fünf feurige Schimmel in Freiheitsdressur. Temporeich und voller Temperament, zugleich aber auch mit leichter Hand und höchst elegant leitet er die Tiere zu Lauffiguren und einem wahren Festival verschiedenster Steiger an – rund um die Manege, zu fünf nebeneinander, als Solosteiger und dreifacher Vorwärtssteiger. Schade nur, dass aktuell nicht mehr Pferde aus dem großen Marstall des Hauses präsentiert werden.


Andrea Navratilova, Truppe Danger, Nicole Berousek 

Musikalisch kombiniert der Circus Louis Knie Musik vom Band mit live gespielten Klängen. Diese erzeugen auf dem edel gestalteten, samtroten Artisteneingang Manfred Huber am Schlagzeug sowie der renommierte Circus-Kapellmeister Tino Aeby. Letzterer spielt im fliegenden Wechsel Trompete, Percussions und Gitarre. So kreieren die beiden Musiker einen tollen, voll tönenden Sound, der zu keiner Zeit an „Konservenklänge“ denken lässt. Dies gelingt zum Beispiel eindrucksvoll beim Udo-Jürgens-Medley, von „Mit 66 Jahren“ bis zu „Ich war noch niemals in New York“, mit dem der zweite Programmteil eröffnet wird. Auch für das hervorragende Lichtdesign zeichnet Manfred Huber verantwortlich. Zu Latin Music wechselt die Begleitung beim Auftritt der achtköpfigen Truppe Danger aus Marokko. Ihre traditionellen Menschenpyramiden gipfeln darin, dass Abdul seine sechs Kollegen und das weibliche Truppenmitglied auf einmal trägt und damit etwa 500 Kilogramm stemmt. Mit seinem Trompetenspiel leitet Don Christian über zur eleganten Luftakrobatik von Andrea Navritolva im Netz. Gekonnte Posen und Abfaller wechseln sich ab. Mit noch mehr weiblichem Charme geht es weiter bei der Hula-Hoop-Nummer von Nicole Berousek. Auch diese Tochter des Jongleurs gewinnt einem bekannten Genre eher ungewöhnliche Seiten ab. Sie lässt weniger die Reifen um Körper, Arme und Beine rotieren, sondern zeigt vor allem einen wild-dynamischen Tanz, in dem sie auch mit den Reifen jongliert.


Don Christian, Mario Berousek, Duo Ortiz 

Das prägende Gesicht der Vorstellung ist Don Christian. In seinem fünften und ausführlichsten Auftritt zeigt er mit einigen großen und kleinen Mitstreitern aus dem Publikum seine Version des Orchesters. Er ist kein Komiker der leisen Töne, sondern spielt stets mit vollem Einsatz und großer Geste. So schafft er es, mit seiner Ausstrahlung das gesamte Chapiteau auszufüllen, alle Besucherinnen und Besucher zu erreichen, sie herzhaft zum Lachen zu bringen. Die prominenteste Verpflichtung in der Show ist sicherlich mit Meisterjongleur Mario Berousek gelungen, der bis heute nichts von seiner Klasse verloren hat. Noch immer jongliert er seine Keulen in so wahnsinnigem Tempo, dass sie vor den Augen verschwimmen. Verkauf und Ausstrahlung tun ihr Übriges. Für den prickelnden Abschluss der Show sorgt das Duo Ortiz auf dem Todesrad. Mit Tricks wie Blindlauf und Seilspringen bereitet Hauptakteur Jhon Palmer nochmals Nervenkitzel. Beim Finale applaudiert das Publikum stehend. Clown Don Christian verabschiedet sich schließlich, nun doch mit leiseren Tönen, in einem romantischen Epilog mit einem Glockenspiel zur Melodie von „Smile“.

Die vier Solokünstlerinnen geben diesem Programm seine besondere Note, die Attraktionen Hochseil, Pyramidenbauen und Todesrad verleihen den spektakulären Touch. Starjongleur Mario Berousek und die Dressuren von Louis Knie junior verströmen internationale Klasse, ebenso wie die Clownerie von Don Christian, der heuer 30-jähriges Manegenjubiläum feiert. Seine Späße lassen, wie auch die hauseigene Hundenummer, nicht nur Kinderaugen leuchten. Und so schafft es Louis Knie immer wieder, ein gutes Programm zu einem sehr guten, ein starkes zu einem sehr starken zu veredeln – mit temporeichem Ablauf, gehobenem Ambiente sowie wunderbarem Licht und mitreißender Musik.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll