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Zirkus Stey - Tour 2021
www.stey.ch ; 119 Showfotos

Effretikon, 24. September 2021: In der zwölften Saison in Folge ist der Zirkus Stey nunmehr wieder auf Tournee, nachdem man zuvor für wenige Jahre pausiert hatte. Seit dem Neustart unter der Direktion von Martin Stey hat sich das Unternehmen stets positiv weiterentwickelt und wieder seinen Platz am Schweizer Circusmarkt gefunden – mit stimmigen, traditionellen Programmen in gepflegter Atmosphäre. Sie werden vorwiegend in kleineren Ortschaften in der Ostschweiz gespielt. In der Saison 2021 ist Martin Stey allen pandemischen Widrigkeiten zum Trotz die bisher wohl schönste Show unter seiner Leitung gelungen.

Zu dieser Einschätzung tragen die gelungene Zusammenstellung der Darbietungen, das sehr schöne Lichtdesign von Patrick Rosseel – vor seinem „Un-Ruhestand“ langjähriger Chef de Piste beim Circus Knie – und der bewährte Sound des fünfköpfigen Orchesters unter der Leitung von Yurii Kharchenko bei. Es empfängt uns gleich mit einer traditionellen Ouvertüre, ehe Clown Luc alias Lukas Böss zur Melodie von „Smile“ ein scheinbares Glockenspiel auf Seifenblasen anstimmt. Direktor Martin Stey begrüßt das Publikum und verabschiedet es später im Finale, ansonsten verzichten seine Frau Mia und er selbst in dieser Saison leider auf den Auftritt in der Manege.


Fares Mbarek, Isabelle Hostettler und Lukas „Luc“ Böss, Simone Stey

Vertreten ist die Familie Stey im Programm aber doch, und zwar durch Töchterchen Simone, die ihr schwarzes Pony zu Lauffiguren anleitet, es absitzen und mit den Vorderbeinen auf ein Podest steigen lässt. Gleich im Anschluss dirigiert Fares Mbarek fünf gescheckte Ponys routiniert durch eine Freiheitsdressur. Der Marokkaner ist als Requisiteur und Stallmeister ein seit vielen Saisons bekanntes Gesicht bei Stey, wenn auch bisher nur im Hintergrund, und hat nun selbst einen großen Auftritt. Dieser wäre Lukas Böss in dieser Saison fast verwehrt geblieben. Zunächst fiel der geplante Duettpartner kurz vor Tourneebeginn aus familiären Gründen aus, so dass Luc sich in kürzester Zeit neue Reprisen und Entrees erarbeiten musste. Zu allem Überfluss aber stürzte er nach Saisonbeginn während seines Auftritts als „komischer Dirigent“ so unglücklich vom Podium, dass er sich schwer an Meniskus und Kreuzband verletzte. Längere Zeit fiel er daraufhin komplett aus und musste sich von seiner Lebensgefährtin Isabelle sowie Martin Stey und Thilo Sehling vertreten lassen. Auch konnte er aufgrund einer notwendigen Operation Mitte Oktober nicht bis zum Saisonschluss beim Geschäft bleiben. Bei unserem Besuch jedoch steht er in der Manege und zeigt mit Partnerin Isabelle im ersten großen Auftritt eine heitere Illusion, die wundersame Vermehrung von Flaschen. Luc und Isabelle gefallen mit ihrem engagierten Spiel mit toller Mimik und kommen ohne Einbezug von Mitspielern aus dem Publikum aus. Die absolute Leidenschaft zum Circus wird bei Isabelle Hostettler auch dadurch deutlich, dass sie während der gesamten Saison eine Teilzeitstelle, eine anspruchsvolle berufliche Fortbildung und die Auftritte bei Stey unter einen Hut bringt. Chapeau!


Nicolas Lagroni, Milena Michael, Oswaldo Ramos
 

Für den „ewig jungen Circus“ steht nicht nur das sympathische Clownspaar, sondern auch der jugendliche Bouncing-Jongleur Nicolas Lagroni. Zu mitreißender Musik und mit toller Ausstrahlung lässt er bis zu acht Bälle gegen den Boden springen und fängt sie wieder. Bei anderen Touren wirft er die Bälle in die Luft. Dorthin entschwebt anschließend Milena Michael bei ihrer Akrobatik im Netz. Sie demonstriert nicht nur Kraft und Beweglichkeit, sondern verfügt auch über ein charmantes Lächeln. Die Eltern der jungen Brasilianerin gehörten den bestens bekannten „Flying Michaels“ an, sie selbst wurde an der renommierten Circus-Akademie in Verona ausgebildet und war auch schon Mitglied der „Salto Dancers“ bei Bouglione. Die „Eintrittskarten“-Reprise von Luc und Isabelle und sein Spiel auf musikalischen Fingerpfeifen überbrücken den Auf- und später den Abbau für das Drahtseil von Oswaldo Ramos. Wie schon bei seinem ersten Stey-Engagement 2019 heizt er mit mexikanischem Temperament die Stimmung an. Gekonnt springt er Seil, durch einen papierbespannten Reifen oder über zwei Hürden. Ein tolles Arrangement klassischer Circusmelodien begleitet ihn musikalisch.


Demian Artistic Groupe 

Die vierköpfige Truppe von Valentin Demian sorgt für eine würdige Pausennummer, und dies mit gewagten Sprüngen von der russischen Schaukel ans Hochreck. Es dient als Zwischenstation, um nach Salti und Überschlägen auf einer Bodenmatte zu landen. Im zweiten Teil der Darbietung wird das Reck weggenommen und es folgen noch höhere Sprünge von der Schaukel unter die Zeltkuppel und dann zur Matte. Gezeigte Leistung, effektvolles Licht, durchgängige Choreographie und aufpeitschende Musik bilden ein ideales Ganzes.


Oswaldo Ramos, Edi Laforte, Milena Michael
 

Der zweite Programmteil wird von Oswaldo Ramos eröffnet, der nun als Laserman agiert und eindrucksvolle Bilder aus Licht schafft. Die Hundenummer von Edi Laforte gefällt nicht nur mit dem Trickreichtum, den die quirligen Vierbeiner an den Tag legen, sondern auch mit den liebevoll gestalteten Requisiten mit einem bunten Circuswagen und dazu passenden Postamenten. Mit Anmut und Können überzeugt Milena auch beim zweiten Auftritt, nunmehr an den Strapaten – beispielsweise mit einem Wirbel in einer Fußschlaufe oder den kraftvollen Überschlägen zum Abschluss.


Irena Lagroni, Clown Luc, Demian Aristic Groupe 

Noch mehr weiblichen Charme bietet Irena Lagroni bei ihren Antipodenspielen. Zunächst bewegt sie mit Händen und Füßen eine Walze, dann vier Teppiche. Als Schlusstrick lässt sie einen Ball über vier Plattformen an einer langen Stange emporhüpfen, die an ihren Füßen befestigt ist, ehe sie den Ball schließlich in einem Korb an der Spitze versenkt. Noch einmal unterhält uns Clown Luc, der nach dem Wegfall der Dirigenten-Reprise im zweiten Programmteil etwas zu kurz kommt. Diesmal geht es ganz klassisch um ein Kästchen, dem beim Öffnen Musik entweicht und das so die Vorstellung stört. Es endet in einer gelben Abfalltonne, die Musik jedoch nicht. Auch für den Abschluss des zweiten Programmteils sorgt die Demian Artistic Groupe, nunmehr mit Höhenflügen am Quadratreck. Im bunten Finale verabschiedet sich das Ensemble vom sehr zufriedenen Publikum.

Inzwischen ist die Tournee des Zirkus Stey beendet, doch aktuell läuft noch der erste Frauenfelder Weihnachtscircus des Unternehmens – mit einem fast vollständig erneuerten Programm in einer glamourösen Inszenierung mit Ballett und Sängerin sowie der Möglichkeit, vor Beginn der Vorstellung ein dreigängiges Menü an festlich gedeckten Tischen einzunehmen. Auch hier dürfte sich ein Besuch sehr lohnen, auch dies zeigt die stete Weiterentwicklung des Zirkus Stey.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll