Nach der gewissenhaften
3G-Kontrolle führt der Weg ins Chapiteau durchs Vorzelt mit
verschiedensten Verkaufsständen. Aufgrund der aktuellen
Situation wird nur jede zweite Reihe belegt; zwischen den
Gästegruppen in den genutzten Reihen bleiben jeweils zwei Plätze
frei. So ist die Vorstellung an diesem Donnerstagnachmittag
praktisch „Corona-ausverkauft“.
Yakari und Kleiner Donner
(Marco und Claudia Rapolli)
Die Familie Wille, ansonsten
insbesondere bekannt für ihren Circus Carl Busch und den Great
Christmas Circus in Frankfurt am Main, reist nun im vierten Jahr
in Folge mit dieser Manegen-Adaption der beliebten
Zeichentrickserie rund um den Sioux-Jungen Yakari, seine
Schwester Regenbogen und das Pferd „Kleiner Donner“. In diesem
Jahr allerdings mit einer in weiten Teilen erneuerten Besetzung
– auch, was die beiden kindlichen Hauptfiguren betrifft. Denn
Yakari und Regenbogen werden nicht mehr von Alfons und Angel
Wille-Busch, sondern von Claudia und Marco Rapolli gespielt.
Dass die Tochter des tschechischen Artistenduos Helena und
Antonin Rapolli in einer „Hosenrolle“ den Indianerjungen
darstellt und ihr jüngerer Bruder dafür die kleine Schwester,
fällt unter den Perücken gar nicht auf und vor allem nicht ins
Gewicht. Denn die beiden Kinder agieren mit echter Hingabe,
überaus liebenswert-sympathisch und dabei stets fokussiert; sie
bleiben jederzeit in ihren Rollen. Dies ist umso
beeindruckender, als die Kinder kein Deutsch sprechen und somit
die vom Band eingespielten Dialoge nicht verstehen, aber dennoch
synchron dazu die Lippen bewegen.
Jennifer Saabel, Manuel Frank,
Ilja Smyslov
Die Eingangsszene zur Show zeigt
den Indianerstamm bei seinem Alltagsleben im Einklang mit der
Natur. Nachdem man bemerkt, dass Wildpferde in der Nähe sind,
heißt es die Krieger zusammenzutrommeln. Und dies
versinnbildlicht Ilja Smyslov mit seinen Bouncingjonglagen, denn
er lässt bis zu sieben Bälle gegen eine große Trommel springen.
Auf dieser agiert er in einem prächtigen Indianer-Kostüm mit
großem Federschmuck, das seine Lebensgefährtin Alexandra Saabel
geschaffen hat. Eher ruhig, freundlich und sympathisch als
besonders extrovertiert ist – eher untypisch für Jongleure –
sein Auftreten. Derweil träumt Yakari von einem eigenen Pferd,
während ihn seine Schwester Regenbogen zu den Wildpferden führen
will. Diese werden uns von Manuel Frank alias „Spitzer Pfeil“
vorgeführt. Zunächst lässt er einen Friesen verschiedene
Schulschritte ausführen, dann erleben wir sechs Araberschimmel
in Freiheitsdressur. Anspruchsvolle Lauffiguren bis hin zum
Flechten münden in verschiedene Steiger. Doch schließlich findet
Spitzer Pfeil seinen Meister im Pony „Kleiner Donner“, das ihn
gewitzt austrickst. Wie alle anderen artistischen Darbietungen
im Programm sind auch die Antipodenspiele von Jennifer Saabel an
die Indianerthematik angepasst. Bis zu vier Teppiche lässt sie
mit Händen und Füßen kreisen, danach wechselt sie zu drei
Bällen. Schlussendlich legt sie zwei Bälle auf ihren Füßen ab
und jongliert weitere drei mit den Händen. Beim beeindruckenden
Schlusstrick lässt sie einen Ball über vier Plattformen an einer
langen Stange emporhüpfen, die an ihren Füßen befestigt ist, ehe
sie den Ball schließlich in einem Korb an der Spitze versenkt.
Alexandra und
Jennifer Saabel
Sich gegenseitig zu beeindrucken
versuchen gleich im Anschluss Yakari beim Salti schlagen und
Regenbogen beim Jonglieren mit Bällen. Wirklich toll, was die
beiden Nachwuchsartisten bereits gelernt haben und wie
selbstbewusst sie dies präsentieren. Auf einem wunderbar
gestalteten Holzboot zeigt Kelly Saabel ihre eleganten
Handstände und beschließt den Auftritt treffsicher mit dem
Bogenschuss, mit den Füßen ausgelöst, auf einen Ballon. Immer
wieder wechseln sich Spielszenen und artistische Darbietungen
ab. Und so ist Pony „Kleiner Donner“ nun in einer Felsspalte
gefangen und wird von Yakari befreit – der Beginn einer
wunderbaren Freundschaft zwischen Kind und Tier. Nachdem Yakari
nun den Heimweg in sein Dorf nicht findet, entdeckt er durch
sein Totemtier „Großer Adler“ – einen Figuranten im Kostüm –
seine besondere Gabe, mit Tieren sprechen zu können. Als Dank
für die Rettung des Ponys schenkt "Großer Adler" dem
Indianerjungen eine Feder. Damit geht es in die Pause. Teil zwei
beginnt mit der kurzen Vorführung ihres Solohundes durch Helena Rapolli. Ihren ganz großen Auftritt zelebriert dagegen Alexandra
Saabel als geheimnisvolle Schamanin, die zunächst in einem
prachtvollen Kostüm aus Mantel und Maske mit Kopfputz auftritt.
Ihre Rituale werden durch Großillusionen symbolisiert, bei denen
sie sich unter anderem aus scheinbar ausweglosen Lagen befreit.
Assistiert wird ihr von ihren jüngeren Schwestern Kelly und
Jennifer Saabel sowie ihrem Lebensgefährten Ilja.
Kelly Saabel,
Manuel Frank, Helena und Antonin Rapolli
Zu den weiteren Höhepunkten des
Programms zählen zweifellos die Pferdedressuren von Manuel
Frank. Auf ein Groß und Klein mit Pferd und Pony folgt ein
formidabler Achterzug, mit dem der hervorragende Tierlehrer
nochmal seine ganze Klasse demonstriert. Schade nur, dass durch
die trockene Sägemehlfüllung bei jeder Tiernummer enorm viel
Staub aufgewirbelt wird und sich über die Gäste in den vorderen
Reihen legt. Danach werfen sich Helena und Antonin Rapolli
gekonnt ihre Keulen zu. Die beiden jonglieren sogar noch, wenn
Helena auf dem Kopf ihres Partners steht. Im Solo sendet Antonin
Rapolli bis zu fünf schwarze Fußbälle in die Luft und fängt sie
wieder. In weiten Teilen der zweiten Programmhälfte tritt die
Handlung zugunsten eines dichten Nummernprogramms in den
Hintergrund. Und so folgt als Schlussnummer die fröhliche und
rasante Hundenummer von Jennifer und Kelly Saabel. Gemeinsam
bringen sie acht weiße und graue Huskys und Samojeden-Spitzen in
die Manege. Vor dem Finale muss natürlich doch noch die Handlung
zum Abschluss gebracht werden. So schließt Yakari also endgültig
Freundschaft mit den Tieren, Kleiner Donner wird sein Begleiter,
und zwischendrin sorgt ein Waldbrand nochmals für Dramatik.
Dieser wird, wie viele weitere Einspielungen auch, auf der
großen Leinwand im Hintergrund gezeigt. |