Insofern
keine Überraschung, als dass der Cirkus Arena schon immer für
diese Tradition stand und steht. Auf dem Grasplatz südwestlich
vom Kopenhagener Stadtzentrum ist das zu Beginn der Saison in
Betrieb genommene Chapiteau aufgebaut.
Chapiteau und Kassenwagen
Es ist rot
mit gelben Ornamenten. Davor stehen die Kasse sowie die Wagen
der Restauration. Ansonsten ist nur das für die Vorstellung
unbedingt notwendige Material dabei. Die restlichen Wagen stehen
an einem anderen Platz, die Artisten fahren nur für die Show zum
aktuellen Spielort. Das macht durchaus Sinn bei vielen
Eintages-Gastspielen in einem vergleichsweise engen Radius.
Bubber,
Jimmy Folco, Julie Berthelsen
Zu den
Elementen des klassischen Circus kommen in diesem
Geburtstagsjahr zwei populäre Persönlichkeiten, die die
Vorstellung präsentieren. Es sind der Fernsehmoderator Bubber
und die Sängerin Julie Berthelsen. Die beiden moderieren die
Show, zeigen eine komische Zaubernummer, Julie singt und sie
machen gemeinsam mit Jimmy Folco eine Clownsdarbietung. Für
meinen Geschmack ziehen ihre Auftritte die Show sehr in die
Länge. Insbesondere die Comedy-Einlage gerät recht zäh. Aber nun
bin ich aufgrund fehlender Dänisch-Kenntnisse nicht der Maßstab.
Das restliche Publikum im bestens besetzten Chapiteau geht enorm
mit, am Ende gibt es spontane Standing Ovations und nach der
Vorstellung viele Autogrammwünsche zu erfüllen.
Karsten
Berdino, Robi Berousek
Der
langjährige musikalische Leiter Alex Bozic ist in diesem Jahr
nicht dabei. Dafür sitzt ein Sextett aus Polen über der roten
Gardine und sorgt für fulminante Livemusik. Rafael Wojaczek ist
der Kopf der Formation. Zu Beginn werden auf das aufblasbare
Chapiteau Impressionen aus der Unternehmensgeschichte
projiziert. Den artistischen Auftakt macht Robi Berousek. Auf
der freistehenden Leiter beweist der Tscheche versiert seinen
Gleichgewichtssinn, sorgt für ordentlich Stimmung und ein wenig
Nervenkitzel. Nämlich dann, wenn er auf einer Leiter stehend mit
Keulen jongliert. Berousek hat schon einige Saisons bei Arena
absolviert und dirigiert auch dieses Jahr wieder die
Requisiteure. Diesen obliegt sodann die Aufgabe, den
Manegenteppich zu entfernen, damit Karsten Berdino in Vertretung
von Laura Berdino sechs weiße Araberhengste präsentieren kann.
Die Pferde zeigen unter seiner Anleitung eine schöne Laufarbeit.
Gerne hätte ich noch ein paar Steiger als Zugabe gesehen.
Interessantes Detail: Die Assistenz an der Manege übernimmt
Julie Berthelsen. In einem historisch-futuristischen Mobil fährt
Jimmy Folco herein. Als italienischer Koch jongliert der Clown
mit Pizzen, Besteck und einem Topf. Das Jonglieren mit einem Ei
gerät nicht ganz so wie geplant.
Duo
Costache, Karsten Berdino
Auch Leo
Costache und Vita Morondel sind bekannte Gesichter bei Arena. In
diesem Jahr zeigen sie ihre wirklich starke Perche-Darbietung.
Bei jedem Trick wird eine andere Form der Perche genutzt. Mal
balanciert Leo seine Partnerin mit den Zähnen, mal auf der
Schulter oder auf dem Kopf. Vita präsentiert in luftiger Höhe
ihre Kunststücke. Origineller Schlusspunkt sind die Überschläge
mit dem Fahrrad am oberen Ende der Metallstange. Dann folgt die
Zaubernummer um eine Münze, die auf dem Kopf balanciert werden
muss und nicht in einen Trichter fallen darf, den man sich dabei
in die Kleidung stecken muss. Zunächst macht Julie Berthelsen
diesen Gag mit Jimmy Folco, der natürlich nass wird. Denn ihm
wird Wasser in den Trichter geschüttet. Dann erlauben sich die
beiden den Spaß mit Bubber, der cleverer ist. Jimmy schleppt
immer mehr Wasser in unterschiedlichsten Gefäßen herein und
kriegt das kühle Nass immer wieder selbst ab. Sogar ein
Wasserschlauch ist im Einsatz. Nach insgesamt 15 Minuten ist das
Wasser dann endlich im Trichter, aber nicht auf der Kleidung von
Bubber. Der hat mit einer Wärmflasche vorgesorgt. Sechs quirlige
Ponys folgen den Kommandos von Karsten Berdino. Mit vollem
Einsatz fegen sie durch das Sägemehl und laufen mit den
Vorderbeinen auf der Manege.
Alan
Sulc, Flying Wulber, Patrick Clarrison
Julie
Berthelsen singt sodann - ganz in weiß gekleidet - einen
wunderbaren Song. Ein Mitglied der Formation Atai Show
zelebriert dazu Posen auf einer Plattform in der Mitte des roten
Rings. Circus at its best sind die Bouncing Jonglagen von Alan
Sulc. Zu den treibenden Rhythmen von Riverdance lässt der
sympathische Artist seine Bälle immer schneller tanzen. Eine
faszinierende, hochkarätige, vor allem aber mitreißende Arbeit,
mit der es in die Pause geht. Teil zwei beginnt mit den Flying
Wulber, die gegenüber ihrem Engagement beim Zirkus Charles Knie
weitgehend neu besetzt sind. Jeweils zwei Fliegerinnen und
Flieger sowie ein Fänger zeigen das gesamt Repertoire, den
Dreifachen inklusive. Die Passage wird sogar mit verbundenen
Augen geflogen. Das Ganze wird herrlich extrovertiert verkauft.
Während das Fangnetz abgebaut wird, verdirbt Claudia ihrem
Ehemann Jimmy Folco das Spielen mit Luftballons im
Zuschauerraum. Patrick Clarrison obliegt es, seine Hunde unter
Kontrolle zu halten. Gar nicht so einfach, denn die aufgeweckten
Vierbeiner zeigen ihre Tricks gerne mal hinter dem Rücken des
Trainers. Es ist ein turbulenter Spaß rund um einen Hot
Dog-Stand, bei dem die Hunde ihre Gelehrigkeit beweisen.
Partnerin Pip ist bei meinem Besuch aus familiären Gründen nicht
mit von der Partie.
Finale
Nachdem
Kraftmensch Jimmy Folco seine Ketten gesprengt hat und von einer
schweren Kugel am Kopf getroffen wurde, verwirklicht Bubber
seine Zaubershow. Mit einer Säge macht er sich auf die Suche
nach einer Dame, die er in zwei Teile zerlegen kann. Julie
Berthelsen dreht den Spieß um und so findet sich Bubber
kurzerhand in der fahrbaren Kiste wieder. Robi Berousek und
Karsten Berdino unterstützen die Sängerin bei ihren
Anstrengungen. Doch statt das Publikum mit perfekten Illusionen
zu verblüffen, sorgen sie für schallendes Lachen. Die
Schlussnummer gehört der vierköpfigen Formation Atai Show. Als
Robot-Breakdance kündigt sie das wunderbar gestaltete
Programmheft an. In ihrem Auftritt geht es um einen jungen Mann
im Schlafanzug, der in seinem Wohnzimmer liest. Dann werden um
ihn herum Carlie Chaplin, Napoleon und ein Pharao lebendig. Das
ganze folgt einer Choreographie und enthält einzelne Breakdance-
sowie Klischnigg-Elemente. Richtige Wow-Momente aber habe
zumindest ich vermisst. Großen Spaß macht wiederum das
ausführlich zelebrierte Finale mit allen Mitwirkenden. Da ist er
wieder, einer dieser herrlichen Momente des klassischen
Großcircus. Für diesen steht der Cirkus Arena auch 2022 wieder. |