Im Winter 2021/22 konnte dann
immerhin der ebenfalls von der Familie Sperlich produzierte
Karlsruher Weihnachtscircus stattfinden. Und am 11. März diesen
Jahres ging es dann in Pforzheim endlich mit „Infernum“ weiter.
Beim Besuch in Mannheim, der folgenden Station der laufenden
Tour, ist die Auslastung an diesem Samstagabend sehr erfreulich.
Die Plätze unter dem rot-schwarz gestreiften Chapiteau sind zu
mehr als der Hälfte besetzt, die Stimmung bestens.

Szene aus dem Finale
Es wird wieder ein beträchtlicher
Aufwand betrieben, damit die Zielgruppe sich wohlfühlt. Wobei „wohlfühlen“
hier seine ganz eigene Bedeutung hat. Wer Zugang bekommen will,
muss einen düsteren, von Erschreckern in schaurigen Kostümen
gesäumten, Parcours nehmen. Viel mehr Licht gibt es in der
Restauration auch nicht. Verkaufsstände und Sitzgelegenheiten
sind schummrig ausgeleuchtet. Dazu sind sie durchaus „liebevoll“
dekoriert. Auch das auf ganz spezielle Weise, mit Spinnweben und
weiteren „netten“ Accessoires. Im Chapiteau warten weitere
schaurige Gestalten, um die Gäste zu ihren Plätzen zu begleiten.
Auf dem Gradin oder in den Logen, die hier Gruften heißen.

"Teufel" Sonny Quaiser
Die Vorstellung hat wieder eine
Story, in die die artistischen Darbietungen eingebunden sind. Im
Mittelpunkt steht ein Amulett, das von zwei Dämonen aus jeweils
einem Teil der neun Höllenkreise gearbeitet wurde. Wer das
Amulett besitzt und eine reine Seele opfert, dem winkt die
Herrschaft über das Reich Gottes, so die Legende. Die Dämonen
waren den Mächten des fertigen Amuletts nicht gewachsen und es
entglitt ihnen. Durch einen Zufall gelangt es in die Hände des
weiblichen Engels Eloa. So kommt sie mit dem Bösen in Berührung
und stürzt in die Hölle, wo ihr die Flügel abgerissen werden, um
eine Flucht zu verhindern. Immer wieder versucht sie zu
entkommen. So beginnt eine Jagd durch die Höllenkreise. Ein
Happy End gibt es nicht. Eloa wird geschnappt, der Teufel
bekommt sein Amulett und siegt am Ende. Der Teufel wird von
Sonny Quaiser gespielt. Den Part eines Dämonen übernimmt Chris
Fehr. Nicht dabei ist in diesem Jahr Giovanni Biasini. Er war
aber an Zusammenstellung und Regie der Show sowie beim
Requisitenbau beteiligt.
  
Kelly Joo, The Gents, Kurt Späth
Den Engel gibt Kelly Joo. Zu
Beginn sehen wir sie in einem riesigen weißen Kleid mit dem
Amulett in der Hand. Eine wirklich schöne Szene, die zu ihrer
Akrobatik an Tüchern überleitet. Sie balanciert im Spagat und
fliegt an wehenden Stoffbahnen über der runden Bühne. Als Zugabe
gibt es einen Zahnhang. Auf einem imposanten Thron wird der
Teufel mit seinen Gespielinnen hereingerollt. Es wird jetzt also
endgültig düster. Finstere Gestalten bestreiten auch die nächste
Darbietung. Nämlich die Mitglieder des rein männlichen Trios The
Gents. Sie starten mit Handvoltigen und wechseln dann an das
Schleuderbrett. So oder so darf der Flieger nach gewagten
Sprüngen sicher auf den Händen oder Armen der Fänger landen.
Nichtsdestotrotz wird er nach dem Auftritt von seinen Partnern
in Ketten von der Bühne gezerrt. Starke Nerven sind gefragt,
wenn Kurt Späth seine Fähigkeiten unter Beweis stellt. Der
tätowierte Protagonist steckt sich beispielsweise Spritzen durch
die tätowierte Haut oder hämmert sich einen Nagel in die Nase.
Zwei Zuschauer auf einem kleinen Wagen zieht er an einer Kette.
Wobei sein Ende der Kette an der Zunge befestigt ist. Einen
anderen Wagen schiebt er mit einem Speer, die Spitze an seinem
Hals. Zum Abschied schneidet sich Kurt Späth mit einem Messer in
den Unterarm.
  
Rudolf Janecek, Gino Kaselowsky,
Maik Sperlich
Das Blut im Gesicht von Rudolf
Janecek ist zum Glück nur geschminkt. Der Tscheche jongliert in
rasantem Tempo mit bis zu sieben Keulen. Wenn er zum Schluss
drei der silbernen Requisiten extrem schnell rotieren lässt,
wird er auf einem runden Podium nach oben gefahren. Im fast
schon edlen Zwirn steht Gino Kaselowsky im Scheinwerferlicht.
Doch auch der Ehemann von Juniorchefin Monika Kaselowsky
Sperlich hat Kunstblut im Gesicht und den Auftrag, für den Spaß
im Programm zu sorgen. Diesen löst er auf seine ganz eigene
Weise. Nämlich mit recht anzüglichen Gags, die durchaus unter
die Gürtellinie gehen. Eine Gerichtsverhandlung mit einem
Pärchen aus dem Publikum endet für den Herrn mit dem Kopf in der
Guillotine. Ein anderer Gast muss sich von seiner Partnerin an
der Leine auf allen Vieren über die Bühne ziehen lassen, um dann
am Pranger zu enden. Fast schon nett ist dagegen Kaselowskys
Auftritt als Armor, in dem er mit Pfeil und Bogen neue
Beziehungen stiftet. Ihre Gelenkigkeit beweist Victoria Yudina.
Lasziv tanzt sie am Pole und verbindet diesen Tanz mit
akrobatischen Tricks, so dass daraus eine rundum gelungene Kür
wird. Mit Lichteffekten an der großen Stahlkonstruktion startet
die Todesrad-Darbietung von Maik und Siegfried Sperlich. Dann
legen die Cousins in zerfetzten Jeans und Karohemden so richtig
los. Sie laufen gemeinsam auf den Außenseiten der beiden Körbe,
balancieren mit verbundenen Augen und springen Seil. Eine starke
Pausennummer, die für hörbare Begeisterung sorgt. Glücklich, wer
solche Artisten zu seiner Familie zählen darf.
  
René Sperlich, Adele Fame,
Mystery of Ocean
Mit einem Vertreter der
Direktionsfamilie beginnt auch Teil zwei. Zunächst produzieren
sich die Damen des Balletts auf gläsernen Stühlen. Dann baut
René Sperlich daraus einen immer höher werdenden Turm, um an der
Spitze Handstände in verschiedenen Variationen zu drücken. Seine
wackelige Konstruktion steht dabei auf vier Flaschen. Auf 16
Rollen wiederum bewegt sich das Duo Belli. Die beiden Artisten
fegen auf Rollschuhen über eine runde Plattform. In schwarzen
Outfits zeigen sie bekannte Tricks des Genres bis hin zum
Nackenwirbel. Wenige Tage vor der Saisonpremiere des Zirkus des
Horrors sonnte sich Adele Fame noch im gleißenden Licht der
Scheinwerfer im Pariser Cirque d'Hiver. Nun sind Schwarz und Rot
die Farben von Kostüm sowie Beleuchtung. Auf der Stirn trägt sie
zwei Hörner. So oder so überzeugt Adele Fame mit ihrer äußert
starken und wunderbar choreographierten Nummer an den Strapaten.
Einer durchdachten Choreographie folgen auch die Handvoltigen
und Menschenpyramiden der ukrainischen Formation Mystery of
Ocean. Die vier Artisten wirbeln sich gegenseitig durch die Luft
und halten sich in fragilen Gebilden im Gleichgewicht. Sie
arbeiten im Stil von Atlantis, die vor einiger Zeit im Circus
Krone engagiert waren. Bei der großen Feuershow stehen Maik,
René und Siegfried Sperlich im Mittelpunkt. Auf schweren
Motorrädern fahren sie auf die Bühne, um dort auf verschiedene
Weise Feuer zu spucken. Spektakuläre Feuerwolken erhellen das
Chapiteau. Komplettiert wird die groß angelegte Szene von
Figuranten und den Tänzerinnen. Dann wird Engel Eloa samt
Amulett hereingebracht und das Schmuckstück an den Teufel auf
seinem Thron übergeben. Diese Szene ist der Beginn des Finales
mit allen Mitwirkenden. |