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Circus Louis Knie - Tour 2022
www.louisknie.com ; 122 Showfotos

Wien, 6. Oktober 2022: „Le Cirque toute l'année à Paris“, der Circus, der das ganze Jahr in Paris ist, lautet das Motto beim französischen Cirque Bormann. In der österreichischen Hauptstadt Wien hat nun auch das Unternehmen von Louis Knie ein ganzes Jahr verbracht, auf einem recht kompakten Platz bei einem Parkhaus an der Donau. Während des Roncalli-Gastspiels weilte somit nicht nur ein großer Circus in der Stadt – auch das ein Phänomen, das wir aus Paris kennen. Trotz der extrem langen Spielzeit erleben wir im Oktober eine gut besuchte Vorstellung am Donnerstagnachmittag.


Einladendes Ambiente beim Circus Louis Knie

Auch auf kleinem Raum wirkt der Circus einladend, unter anderem dank des neuen Circus-Louis-Knie-Leuchtschriftzuges beim Zugang zum Gelände und des schön gestalteten „Hereinspaziert“-Portals am Tunnel zwischen Vorzelt und Chapiteau. Drinnen stehen bequeme Polsterstühle in den Logen und ein modernes Klappsitzgradin zur Verfügung.


Vanessa Berousek, Dolly Power Dancers, Réka Lantos

Besonders geprägt wird dieses Programm durch die Dominanz der weiblichen Künstlerinnen. Und so empfangen uns – nach dem Warmup mit Clown Jimmy Folco und seinem Klatschspiel – die sieben „Dolly Power Dancers“. Machart und Kostümierung bei ihrem großen Charivari erinnern stark an die Truppe Bingo, auch wenn nicht deren akrobatische Stärke erreicht wird. Neben modernem Tanz gibt es dabei beispielsweise Handstände, Balljonglagen, Hula Hoop und Tuchakrobatik zu sehen. Jimmy Folco wiederum duelliert sich im Anschluss mit einem Kind aus dem Publikum beim Wasserspucken. Dann geht es in die Luft. Die hübsche Réka Lantos zelebriert am drehbar aufgehängten Trapez kraftvoll und ausdrucksstark ihre Posen, vergisst dabei aber niemals das sympathische Lächeln. Gut gelaunt zeigt sich auch Nicole Berousek, die nunmehr die Vorführung der hauseigenen Hundedressur übernommen hat. Die sechs Vierbeiner wirken sehr gelehrig, egal ob bei diversen Sprüngen oder der Pyramide zum Abschluss. Mit bis zu fünf großen Bällen jongliert Nicoles Schwester Vanessa Berousek. Dabei wird das Genre kräftig gegen den Strich gebürstet: Nicht keck und fröhlich arbeitet sie, sondern sie demonstriert zu einer dramatischen Pop-Ballade die ganz großen Gefühle, leidenschaftlich und mit Herzschmerz.


Jimmy Folco, Louis Knie

Nicole Berousek wiederum darf auf einem Schulpferd durch die Manege reiten und leitet es zum Spanischen Tritt an, effektvoll begleitet von einer Tänzerin. Nochmals für Heiterkeit sorgt Jimmy Folco als ebenso verrückter wie mit diversen Küchenutensilien jonglierender, italienischer Koch. Seinen großen Auftritt hat dann vor der Pause der Direktor selbst. Louis Knie präsentiert fünf feurige Schimmel in Freiheitsdressur. Auf relativ wenige Lauffiguren folgt ein Potpourri verschiedenster Steiger – rund um die Manege, zu fünf nebeneinander, als Solosteiger und dreifacher Vorwärtssteiger.


Nicole Berosek, Réka Lantos, Iryna Pokhvalit

In der Pause wird die Waterbowl aufgebaut. Réka Lantos springt immer wieder ins Nass des Plexiglasbeckens, taucht unter und wieder auf, lässt Wassertropfen sprühen. Zwischen den Passagen im Becken arbeitet sie ihre Luftakrobatik an Ketten über dem Wasser. Höhepunkt ist ein Wirbel im Zahnhang. Passend zur Wasser-Thematik unterhält im Anschluss Jimmy Folco mit seiner Variante der Haifisch-Reprise. Ein weiteres Mal hoch hinaus geht es dagegen mit Iryna Pokhvalit und ihrer gekonnten Akrobatik am Luftring, bei der sie Kraft und Beweglichkeit unter Beweis stellt. Nochmals weiblichen Charme erleben wir bei der Hula-Hoop-Nummer von Nicole Berousek. Die junge Tschechin gewinnt einem bekannten Genre eher ungewöhnliche Seiten ab. Sie lässt also weniger die Reifen um Körper, Arme und Beine rotieren, sondern zeigt vor allem einen wild-dynamischen Tanz, in dem sie auch mit den Reifen jongliert.


Jimmy Folco, White Angels, Danny Luftman

In seiner ausführlichsten Szene dreht Jimmy Folco mit drei Herren und einer Dame aus dem Publikum – letztere dargestellt von seiner Ehefrau – einen Film und hat dabei die Lacher auf seiner Seite. Ein überaus selten gezeigtes und damit spannendes Genre bringt Danny Luftman in die Manege. Der Portugiese mit Soleil-Erfahrung lässt im Superhelden-Outfit bis zu fünf Bumerangs durchs Chapiteau fliegen und fängt diese wieder auf. Ein Höhepunkt des Programms. Für ein ganz großes Bild zum Abschluss sorgen „The White Angels“. Die jungen Artisten aus der Ukraine begeistern auf dem Fasttrack-Trampolin mit Salti und Flic Flacs am laufenden Band, unter anderem durch einen Feuerreifen, und werden dabei wirkungsvoll unterstützt von den Dolly Power Dancers mit Engelsflügeln.

Wirkung zu schaffen ist überhaupt etwas, auf das sich Louis Knie hervorragend versteht. Seinen Teil dazu bei trägt das gehobene Ambiente, zu dem auch der edel gestaltete, samtrote Artisteneingang gehört. Mit dem renommierten Circus-Kapellmeister Tino Aeby, Manfred Huber und einem weiteren Instrumentalisten steht sogar eine Live-Formation zur Verfügung, welche in Kombination mit Klängen vom Band für eine hervorragende musikalische Begleitung sorgt. Für das vorzügliche Lichtdesign zeichnet ebenfalls Manfred Huber verantwortlich. Die verfügbaren Bestandteile von Infrastruktur und Programm seines Circus in idealer Weise miteinander zu kombinieren, das ist die besondere Stärke des Hauses Louis Knie.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll