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Circus Monti - Tour 2022
www.circus-monti.ch ; 137 Showfotos

Aarau, 4. September 2022: Vom Suchen und Finden in der Wüste, vom dortigen Bestehen gegen alle Widrigkeiten erzählt der Circus Monti in seiner neuen Produktion „Contre vents et marées“ („Gegen Wind und Wetter“). Das moderne, ästhetisch gestaltete, vor Ideen sprudelnde Circus-Stück wurde von Masha Dimitri konzipiert und in Szene gesetzt, unterstützt von Choreograph Faustino Blanchut. Das Bühnenbild hat die Form einer großen Sanddüne. Die Mitglieder des Ensembles können sie hinaufklettern und davon herunterrutschen, darauf agieren und sie ins Spiel einbeziehen.

Noch mehr Wüstenflair schafft der Bühnenboden, der wie von Wind geformter Sand angefertigt wurde. Und auch die Outfits des 14-köpfigen Ensembles wurden von Kostümbildnerin Olivia Grandy in sandfarbenen Tönen gestaltet; Lichtdesigner Christoph Siegenthaler taucht das Geschehen damit korrespondierend in warme Farben. Dazu spielt das sechsköpfige Orchester aus Polen unter der Leitung von Piotr Gunia Originalkompositionen von Thierry Epiney. Singend ziehen die Künstlerinnen und Künstler über die Mitteltreppe der Tribüne ins Chapiteau ein, beginnen ihre Reise durch die Wüste. Wonach sie suchen, das bleibt fast bis zum Ende der Vorstellung offen. Klar ist nur, dass immer wieder neue Richtungen eingeschlagen werden, um den rechten Weg zu finden. Und dass immer wieder ein anderer die Route vorzugeben versucht.


Felix Martin, Milena Schwenkenberg und Christopher Hartwig, Valeria Dolynch

Immer wieder neue Herausforderungen hat die suchende Truppe zu bewältigen – so wie der Kanadier Felix Martin, dem nach seinem Auftritt mit den Diabolos eine gewaltige Zahl der Doppelkegel aufgehalst wird. So viele, wie wirklich niemand zu jonglieren vermag. Dabei ist er doch ein Könner, der seine Requisiten bei ganz komplizierten Manövern tanzen und bis zu drei von ihnen fliegen lässt. Starker Applaus ist ihm gewiss. Eine äußerst facettenreiche und starke Darbietung hat sich das deutsche Duo Milena Schwenkenberg und Christopher Hartwig erarbeitet. Sie agieren an zwei Trapezen, die im 90-Grad-Winkel zueinander hängen. Mehrfach wechseln sie von einem Requisit zum anderen, um ihre Voltigen bis hin zum Salto zu präsentieren. Auch fungiert Milena rücklings liegend als „Brücke“ zwischen den beiden Trapezstangen, während ihr Partner freihändig auf ihr steht. „Acrostaff“ nennt sich die Kombination aus Jonglage, Sportgymnastik und Balance mit einem Stock, die Valeria Dolynch aus der Ukraine zelebriert. Sie spielt darüber hinaus die Rolle einer Art Wächterin der Düne, die sie gegen die anderen verteidigt.


Amie Patching, Reifenspringer, Larissa Wagenhals und Adrien Borruat

Vier Artisten aus vier Nationen – der Kanadier Augustin Thériault, der Schweizer Theddy Nardom, der Argentinier Santiago Esviza und der US-Amerikaner Cameron Clarke – haben sich für die rasante und mitreißende Pausennummer zusammengefunden. Die gemeinsam in Québec ausgebildeten Männer zeigen bei ihrem Reifenspringen originelle Varianten, beispielsweise wenn einer von ihnen einen Salto vom Untermann im Ikarier-Stil schlägt, während ein dritter Artist zwischen beiden hindurch und natürlich durch einen Reifen hechtet. Die Rücken der Partner werden später auch als Absprungbasis genutzt, um hinauf zu einem Ring zu gelangen. Zu Beginn des zweiten Programmteils zieht ein Wüstensturm auf. Alle Ensemblemitglieder stemmen sich gemeinsam gegen den Wind, was in einer Choreographie aus Tanz und Akrobatik dargestellt wird. Eine „Windmaschine“ im Hintergrund sorgt für die passenden Geräusche. Nach diesem Gruppenbild – von denen es wie in jeder Monti-Produktion noch weitere gibt – gehört die Spielfläche einer Solokünstlerin. Die Australierin Amie Patching bewegt sich in ihrer starken Handstandnummer tänzerisch, ja nahezu spinnengleich über die Bühne, begleitet von eindringlichem Sprechgesang. Unter einer Decke – oder vielmehr einem gelben Mantel – stecken die ganze Vorstellung hindurch Larissa Wagenhals aus Deutschland und Adrien Borruat aus der Schweiz. Die Auftritte der beiden äußerst sympathischen Clownsfiguren ziehen sich wie ein roter Faden durchs Programm, beispielsweise, wenn sie im Duett auf Violine und singender Säge musizieren.


Rosaleen Rogmans, Ensemble, Mario Muntwyler und Delaney Bayles

Die Amerikanerin Rosaleen Rogmans nutzt das traditionelle Requisit Vertikalseil für dynamische Abfaller und Positionswechsel in moderner Ästhetik. Am Ende fällt das Seil effektvoll zu Boden, während die Artistin in einer Fußschleife direkt unter der Circuskuppel hängt und von dort zu Boden gelassen wird. Dass man gemeinsam in einem Mantel steckend sogar mit Diabolos jonglieren kann, beweist uns das Clownsduo, unterstützt von Felix Martin. Eines der Requisiten wandert an einer Schnur gen Kuppel, und herunter auf den Bühnenboden fallen wieder zahllose Diabolos, die Felix Martin verwenden soll. Natürlich wieder mehr, als der Akrobat bändigen kann. Und da das Gute bekanntlich von oben kommt, bahnt sich nun Regen an. Sein leises Prasseln wird zunächst durch das Fingerschnipsen hörbar gemacht, zu dem die Zuschauer animiert werden. Wie sprühende Regentropfen mögen vielleicht die bis zu zehn Keulen erscheinen, die sich Direktionssohn Mario Muntwyler und die Amerikanerin Delaney Bayles in ihren temporeichen Passings zuwerfen. Mal stehen sie sich gegenüber, mal mit dem Rücken zueinander, mal setzt jeder eine Hand beim gemeinsamen Jonglieren ein. Hinzu kommen Solo-Parts. Es ist eine Freude, Mario Muntwyler nach dreijähriger Bühnen-Abstinenz mit dieser starken Darbietung wieder im Monti zu erleben.


Finale

Aus der Kuppel flattern nun bunte Papierschnipsel, und der Regen lässt aus der Sanddüne im Hintergrund bunte Wüstenblumen sprießen – das Monti-Ensemble ist angekommen an seinem Ziel, der Heimat des Regens. Das Publikum hat stets mitgefiebert bei dieser Reise durch eine Wüste voller Widrigkeiten und bedankt sich mit tosendem Applaus. Gegen Wind und Wetter anzukämpfen, sowohl in der engsten Bedeutung der Worte als auch im übertragenen Sinne, dies gehört zum Wesenskern eines Circusbetriebes. Doch allen Widrigkeiten in der Circusbranche zum Trotz präsentiert Monti sich als außergewöhnlich vitales, weiterhin aufstrebendes Unternehmen.


Gewohnt blitzsauber aufgebaut auf dem Aarauer Schachen

Gewohnt blitzsauber aufgebaut, mit dem erstklassigen und äußerst gepflegten Wagenmaterial, steht das Unternehmen auf dem Aarauer Schachen. Wurde 2018 das klassische Viermastzelt durch ein Rundbogen-Chapiteau abgelöst, so wurde für diese Saison eine neue Tribüne mit 750 blauen, gepolsterten, versetzt angeordneten Klappsitzen angeschafft. Sie ersetzen die einfachen Holzstühle in den Logen und die Holzbänke auf der Tribüne. In der besuchten Vorstellung ist jeder einzelne Platz belegt. Im Übrigen sind die Sitzreihen steiler als bisher abgestuft, wodurch die Sicht weiter verbessert wurde. Damit wird nunmehr ein Maximum an Komfort auf dem neuesten Stand der Circustechnik geboten.

Das Unternehmen hat sich in den vergangenen Jahren diversifiziert, die Circustournee auf vier Monate beschränkt und dafür Zeltvermietung, Wintervarieté und Kulturtage als erfolgreiche neue Geschäftsfelder etabliert. Alle drei Söhne von Direktor Johannes Muntwyler sind nun – mit unterschiedlichen Schwerpunkten – im Unternehmen tätig. Sanft wird der Generationswechsel vorbereitet. Und so spricht heuer erstmals nicht Johannes, sondern Mario Muntwyler die Abschiedsworte an das Publikum. So dass wir fest davon überzeugt sind, uns noch viele Jahre von Montis kreativen Inszenierungen überraschen und verzaubern lassen zu können.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll