Noch mehr Wüstenflair schafft
der Bühnenboden, der wie von Wind geformter Sand angefertigt
wurde. Und auch die Outfits des 14-köpfigen Ensembles wurden von
Kostümbildnerin Olivia Grandy in sandfarbenen Tönen gestaltet;
Lichtdesigner Christoph Siegenthaler taucht das Geschehen damit
korrespondierend in warme Farben. Dazu spielt das sechsköpfige
Orchester aus Polen unter der Leitung von Piotr Gunia
Originalkompositionen von Thierry Epiney. Singend ziehen die
Künstlerinnen und Künstler über die Mitteltreppe der Tribüne ins
Chapiteau ein, beginnen ihre Reise durch die Wüste. Wonach sie
suchen, das bleibt fast bis zum Ende der Vorstellung offen. Klar
ist nur, dass immer wieder neue Richtungen eingeschlagen werden,
um den rechten Weg zu finden. Und dass immer wieder ein anderer
die Route vorzugeben versucht.
Felix Martin, Milena
Schwenkenberg und Christopher Hartwig, Valeria Dolynch
Immer wieder neue
Herausforderungen hat die suchende Truppe zu bewältigen – so wie
der Kanadier Felix Martin, dem nach seinem Auftritt mit den
Diabolos eine gewaltige Zahl der Doppelkegel aufgehalst wird. So
viele, wie wirklich niemand zu jonglieren vermag. Dabei ist er
doch ein Könner, der seine Requisiten bei ganz komplizierten
Manövern tanzen und bis zu drei von ihnen fliegen lässt. Starker
Applaus ist ihm gewiss. Eine äußerst facettenreiche und starke Darbietung
hat sich das deutsche Duo Milena Schwenkenberg und Christopher
Hartwig erarbeitet. Sie agieren an zwei Trapezen, die im
90-Grad-Winkel zueinander hängen. Mehrfach wechseln sie von
einem Requisit zum anderen, um ihre Voltigen bis hin zum Salto
zu präsentieren. Auch fungiert Milena rücklings liegend als
„Brücke“ zwischen den beiden Trapezstangen, während ihr Partner
freihändig auf ihr steht. „Acrostaff“ nennt sich die Kombination
aus Jonglage, Sportgymnastik und Balance mit einem Stock, die
Valeria Dolynch aus der Ukraine zelebriert. Sie spielt darüber
hinaus die Rolle einer Art Wächterin der Düne, die sie gegen die
anderen verteidigt.
Amie Patching,
Reifenspringer, Larissa Wagenhals und Adrien Borruat
Vier Artisten aus vier Nationen –
der Kanadier Augustin Thériault, der Schweizer Theddy Nardom,
der Argentinier Santiago Esviza und der US-Amerikaner Cameron
Clarke – haben sich für die rasante und mitreißende Pausennummer
zusammengefunden. Die gemeinsam in Québec ausgebildeten Männer
zeigen bei ihrem Reifenspringen originelle Varianten,
beispielsweise wenn einer von ihnen einen Salto vom Untermann im
Ikarier-Stil schlägt, während ein dritter Artist zwischen beiden
hindurch und natürlich durch einen Reifen hechtet. Die Rücken
der Partner werden später auch als Absprungbasis genutzt, um
hinauf zu einem Ring zu gelangen. Zu Beginn des zweiten
Programmteils zieht ein Wüstensturm auf. Alle Ensemblemitglieder
stemmen sich gemeinsam gegen den Wind, was in einer
Choreographie aus Tanz und Akrobatik dargestellt wird. Eine
„Windmaschine“ im Hintergrund sorgt für die passenden Geräusche.
Nach diesem Gruppenbild – von denen es wie in jeder
Monti-Produktion noch weitere gibt – gehört die Spielfläche
einer Solokünstlerin. Die Australierin Amie Patching bewegt sich
in ihrer starken Handstandnummer tänzerisch, ja nahezu
spinnengleich über die Bühne, begleitet von eindringlichem
Sprechgesang. Unter einer Decke – oder vielmehr einem gelben
Mantel – stecken die ganze Vorstellung hindurch Larissa
Wagenhals aus Deutschland und Adrien Borruat aus der Schweiz.
Die Auftritte der beiden äußerst sympathischen Clownsfiguren
ziehen sich wie ein roter Faden durchs Programm, beispielsweise,
wenn sie im Duett auf Violine und singender Säge musizieren.
Rosaleen Rogmans,
Ensemble, Mario Muntwyler und Delaney Bayles
Die Amerikanerin Rosaleen Rogmans
nutzt das traditionelle Requisit Vertikalseil für dynamische
Abfaller und Positionswechsel in moderner Ästhetik. Am Ende
fällt das Seil effektvoll zu Boden, während die Artistin in
einer Fußschleife direkt unter der Circuskuppel hängt und von
dort zu Boden gelassen wird. Dass man gemeinsam in einem Mantel
steckend sogar mit Diabolos jonglieren kann, beweist uns
das Clownsduo, unterstützt von Felix Martin. Eines der
Requisiten wandert an einer Schnur gen Kuppel, und herunter auf
den Bühnenboden fallen wieder zahllose Diabolos, die Felix
Martin verwenden soll. Natürlich
wieder mehr, als der Akrobat bändigen kann. Und da das Gute
bekanntlich von oben kommt, bahnt sich nun Regen an. Sein leises
Prasseln wird zunächst durch das Fingerschnipsen hörbar gemacht,
zu dem die Zuschauer animiert werden. Wie sprühende Regentropfen
mögen vielleicht die bis zu zehn Keulen erscheinen, die sich
Direktionssohn Mario Muntwyler und die Amerikanerin Delaney
Bayles in ihren temporeichen Passings zuwerfen. Mal stehen sie
sich gegenüber, mal mit dem Rücken zueinander, mal setzt jeder
eine Hand beim gemeinsamen Jonglieren ein. Hinzu kommen
Solo-Parts. Es ist eine Freude, Mario Muntwyler nach
dreijähriger Bühnen-Abstinenz mit dieser starken Darbietung
wieder im Monti zu erleben.
Finale
Aus der Kuppel flattern nun bunte
Papierschnipsel, und der Regen lässt aus der Sanddüne im
Hintergrund bunte Wüstenblumen sprießen – das Monti-Ensemble ist
angekommen an seinem Ziel, der Heimat des Regens. Das Publikum
hat stets mitgefiebert bei dieser Reise durch eine Wüste voller
Widrigkeiten und bedankt sich mit tosendem Applaus. Gegen Wind
und Wetter anzukämpfen, sowohl in der engsten Bedeutung der Worte
als auch im übertragenen Sinne, dies gehört zum Wesenskern eines
Circusbetriebes. Doch allen Widrigkeiten in der Circusbranche
zum Trotz präsentiert Monti sich als außergewöhnlich vitales,
weiterhin aufstrebendes Unternehmen.
Gewohnt blitzsauber
aufgebaut auf dem Aarauer Schachen
Gewohnt blitzsauber aufgebaut,
mit dem erstklassigen und äußerst gepflegten Wagenmaterial,
steht das Unternehmen auf dem Aarauer Schachen. Wurde 2018 das
klassische Viermastzelt durch ein Rundbogen-Chapiteau abgelöst,
so wurde für diese Saison eine neue Tribüne mit 750 blauen,
gepolsterten, versetzt angeordneten Klappsitzen angeschafft. Sie
ersetzen die einfachen Holzstühle in den Logen und die Holzbänke
auf der Tribüne. In der besuchten Vorstellung ist jeder einzelne
Platz belegt. Im Übrigen sind die Sitzreihen steiler als bisher
abgestuft, wodurch die Sicht weiter verbessert wurde. Damit wird
nunmehr ein Maximum an Komfort auf dem neuesten Stand der
Circustechnik geboten.
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