So wie bei
unserem Besuch auf der Nördlinger Kaiserwiese, wo wir zuletzt
Krone und Charles Knie besuchten. Zwei wunderschön gestaltete
Frontwagen mit farbenfrohen Airbrush-Motiven schaffen ein
einladendes Bild. Dazwischen befindet sich der schmucke
Kassencontainer, der eine Leuchtschrift auf dem Dach trägt. Gespielt wird in einem weißen
Viermaster, das durch pinkfarbene Absetzungen verziert ist. Um die Manege
gruppieren sich zwei Reihen Logenstühle und ein einfaches
Bankreihengradin; auch der Restaurationsstand findet seinen
Platz im Zelt. An diesem Sonntagvormittag erfreut sich die
Vorstellung allerbesten Besuchs, trotz oder gerade wegen des
Regenwetters. Die Logenbrüstungen tragen wie auch der Frontzaun
einheitlich die Initialen CR. Eine geschmackvolle rote Gardine
sorgt für den Abschluss nach hinten. Die Lichtanlage ist
komplett mit LED-Scheinwerfern ausgerüstet. Leider gibt es
keinen Verfolger, der das Geschehen akzentuieren würde – ein
Umstand, den der 38-jährige Direktor Rudolf „Rocky“ Renz
baldmöglichst ändern möchte, wie er in seiner äußerst
sympathischen und kommunikativen Art beim Gespräch am Rande der
Vorstellung erzählt. Er ist im Circus Barnum seiner Eltern
Kerstin Renz und Peter Köllner aufgewachsen und lernte dort das
Circus-Handwerk.
  
Janika
de Vries, Rudolf Renz, Alexander Tsurcanuins
Mit einer
professionell aufgenommenen Ansage, die aus dem Off eingespielt
wird, beginnt die Vorstellung. Dann gehört die Mange dem
Direktor. Rudolf Renz präsentiert im mit Pailletten besetzten,
roten Livree und zu flotter Musik seinen Sechserzug weißer
Araber. Bis zum Gegenlauf reicht das Repertoire dieser schönen
Tiergruppe. Mehr an Flic Flac denn einen typischen
Familiencircus erinnern Alexander Tsurcanuins und seine
Partnerin Anastasia mit ihren Luftdarbietungen. Zunächst
arbeitet Alexander solo an den Strapaten, in Blue Jeans und mit
freiem Oberkörper. Zu mystischer Musik präsentiert er einen
Wirbel, wechselt dynamisch zwischen den Posen, wickelt sich auf
und ab, beherrscht den Genickhang und wagt Abfaller. Im
klassischen Circus-Stil dagegen führt Janika de Vries ihre
Vierbeiner vor, unterstützt von ihrem Mann Marius Stoica. „Who
let the dogs out?“, fragt zunächst die Begleitmusik, und später
kommen zu den Hunden auch noch Katzen dazu. Es ist durchaus eine
Rarität, beide Tierarten gemeinsam in der Manege zu erleben. Die
Hunde unterhalten uns beispielsweise mit dem Vorderpfotenlauf
und Sprüngen unter anderem durch zwei Reifen. Die Katzen
dagegen beweisen ihr Balancevermögen, etwa beim Lauf über zwei
gespannte Seile, und zeigen ihr Vertrauen zur Tierlehrerin bei
Sprüngen vom Requisit in deren Arme.
  
Marius
Stoica, Jacqueline Traber
Direktorin Jacqueline Traber lässt in charmanter Weise und
zu südamerikanischen Rhythmen drei Hula-Hoop-Reifen um Arme,
Rumpf und Beine kreisen; zum Abschluss bewegt sie eine Vielzahl
davon um ihren Körper. Nachdem die Rolle des Clowns vakant war
im Circus Rudolf Renz, hat Marius Stoica diese spontan
übernommen. Grüne Hose, gelbes Shirt, rotweiß karierte Weste und
ein roter Mini-Hut mit Blume sowie ein traditionelles Makeup
sorgen für das Bild einer klassischen Clownsfigur. Der erste
Auftritt des Spaßmachers ist zugleich die Pausennummer. Zwei
Wörter genügen, um den bestens bekannten Ablauf zu beschreiben:
vier Stühle. Auch zum Beginn des zweiten Programmteils sehen wir
Marius Stoica, nun in seiner eigentlichen Rolle als Akrobat. Auf
der Rola Rola jongliert er mit drei Bällen, zwängt sich durch
zwei Reifen und dreht sich auf einem Medizinball um sich selbst.
Höher hinaus geht es bei Balancen auf jeweils drei Zylindern
oder aufeinander gestapelten Bänken.
 
Rudolf Renz,
Anastasia
Ein
schönes Bild gibt auch die zweite Tiernummer ab, ein Groß und
Klein mit einem mächtigen Irish Tinker mit langer Mähne und
einem Minipony. Beide Tiere sind schwarz-weiß gescheckt, tragen
grüne Federpuschel und werden von Rudolf Renz persönlich
präsentiert. Gemeinsam drehen die Vierbeiner ihre Runden.
Anastasia überzeugt am Luftring mit blitzschnellen Wirbeln zu
aufpeitschender Musik. Auch im zweiten Programmteil hat Clown
Marius nur einen einzigen Auftritt, wiederum mit
Publikumsbeteiligung. Anstelle von vier Herren ist es nun eine
Dame, die zur Mitspielerin wird. Sie hat ihr Talent als
„Ballerina“ bei Jonglagen mit bunten Tüchern zu beweisen.
  
Marius Stoica,
Rudolf Renz, Alexander und Anastasia
Jacqueline
Traber leitet als hübsche orientalische Tänzerin die
Exotendressur ein. Wiederum in einem hochwertigen Livree,
diesmal in Weiß, dirigiert Rudolf Renz drei Lamas und zwei
Kamele. Nach ihren jeweiligen Soloauftritten erleben wir
Alexander und Anastasia bei der Schlussnummer nochmals in einem
gemeinsamen Auftritt, nunmehr an Strapatenschlaufen. Dabei
schwebt Alexander im Zahnhang oder hält mit den Zähnen einen
Luftring, an dem seine Partnerin ihre Figuren zelebriert. Mit
Anastasias Zahnhangwirbel, bei dem er das Requisit wiederum mit
den Zähnen hält, findet die starke Darbietung ihren Abschluss.
Insgesamt unterhält das Programm gut, ist aber mit nur wenig
mehr als 60
Minuten reiner Spieldauer – plus Pause – auch ein wenig kurz. So
ist es überaus schade, dass Monika Varga mit ihren Seifenblasen
nicht zur Verfügung steht, entgegen der Ankündigung auf der
Website des Circus Rudolf Renz. Vor drei Jahren war ihre schöne
Darbietung das Highlight der Vorstellung. Nach dem tragischen
Tod ihres Mannes Hoctales Marcos de Oliveira hat sie sich
zunächst aus dem Circusgeschäft zurückgezogen. Dieser wiederum
hatte 2019 mit seiner Kaskadeurnummer und als Clown mit der
großen Orchesterszene die Vorstellung geprägt, ihr seinen
Stempel aufgedrückt. Mit weiteren, kreativeren Clownsszenen und
der laut Website zusätzlich vorgesehenen Bodenakrobatik von
Alexander und Anastasia wäre es gut möglich, die Vorstellung auf
eine üblichere Länge zu bringen, ohne sie ins Langatmige zu
strecken. |