Den Namen „Vargas“
dürften viele Circusfreunde hierzulande vor allem auch mit dem
Elefantenbullen Colonel Joe in Verbindung bringen. Er gehörte
ursprünglich zu dem Unternehmen, bevor er Ende der 1990er Jahre
mit seinem Trainer James Pydebois nach Europa ging und Anfang
der 2000er dann zum Circus Krone kam.
Direktion Katya
Arata Quiroga und Nelson Quiroga, Chapiteau des Circus Vargas
Nachdem Nelson und
Katya anlässlich des 40-Jahr-Jubiläums des Festivals in Monte
Carlo im Jahr 2016 zum letzten Mal in ihre Flugtrapezkostüme
schlüpften, sind es jetzt ihre Kinder, die mit ihrer Truppe die
Tradition am doppelten Flugtrapez weiterführen.
Opening, Flying
Tabares
Vor drei Jahren
konnten wir die fantastische Darbietung im Heilbronner
Weihnachtscircus bewundern. Auf der diesjährigen Tournee treten
die Artisten „nur“ zu sechst, auf einer Bahn, auf. Das tut der
Leistung mit dreifachem Salto, Passage und Doppelsalto einer
Frau aber keinen Abbruch. Der zweite Dreifache an diesem Abend,
hier von einer Frau gesprungen, ging in der von mir besuchen
Vorstellung leider ins Netz. „All Aboard“ ist das Motto der
diesjährigen Show, was soviel bedeutet wie „alle an Bord“.
Passend dazu fährt im Opening die Attrappe einer Lokomotive aus
dem Artisteneingang, ehe die Artistenschar auf den Zug
aufspringt, „um in die erste Gastspielstadt zu fahren“. Dort
angekommen, sorgt eine große Flaggenparade für ein
manegenfüllendes Bild. Auch vor der Pause gibt es nochmal ein
wunderbar in Szene gesetztes Schaubild, in dem ein Großteil des
Ensembles tanzt und Kostproben seines Könnens serviert. Circus
als Thema für die Inszenierung eines Programms ist doch immer
noch das beste Motto!
Truppe
Cretu, Familie Faltyny
Apropos
manegenfüllende Bilder, das Flugtrapez ist nicht die einzige
Truppe im Programm. Mit drei Frauen und vier Männer sind die
Cretus aus Rumänien angereist. In ganz klassischer Aufmachung
überzeugen sie am Schleuderbrett mit Salti bis zum
Fünf-Personen-Hoch. Aus fünf Personen besteht die Familie
Faltyny. Emil Faltyny und seine Frau Vlasta jonglieren nun mit
ihren drei Kindern, ganz so wie sie es schon mit ihren Eltern
taten (u.a. Charles Knie 2009).
Vlasta und Emil
Faltyny, Daniella Arata Quiroga
Emil zeigt zudem
seine gewohnt mitreißende Leiterbalance inklusive Kubusjonglage.
Eine wirkliche Überraschung stellt für mich die
Hula-Hoop-Darbietung von Vlasta dar. Nachdem die Tschechin
angefangen hat, die Reifen um ihre Hüften kreisen zu lassen,
ergießt sich Regen aus der Kuppel. Gepaart mit mitreißender
Rockmusik macht sie so aus ihrem Genre eine echte Attraktion!
Daniella, die 19-Jährige Tochter des sympathischen
Direktionsehepaars, überzeugt mit ihrer Equilibristik-Darbietung.
Wunderbar im Tangostil in Szene gesetzt, verbiegt sie sich in
verschiedenen Handstandvariationen und schießt zu guter Letzt
einen Luftballon mit Pfeil und Bogen per Fuß ab.
Motorradkugel,
Brian Mota, Kimberley Lester
Während wir in der
Nachmittagsvorstellung Rubel Medini und seine temporeiche
Rola-Rola-Nummer sehen, treten am Abend Lebensgefährtin Kimberly
Lester und ihre Schwester Jessica mit Antipoden auf. Zu
Riverdance-Melodien werden Bälle und Rollen abwechselnd
jongliert, während immer eine Schwester die Tricks tänzerisch
begleitet. „Die Darbietungen zeigen wir immer im Wechsel, da
unsere Show sonst zu lange dauert. Länger als zwei Stunden darf
ein Programm für das amerikanische Publikum nicht sein“, erklärt
mir Chefin Katya Aratta Quiroga. Die Clownerie liegt in den
Händen der Portugiesen Miguel und Brian Mota. Vater und Sohn
spannen den roten Faden durch die Show, und vor allem der junge
Brian besticht durch wirklich originelle Einfälle, so zum
Beispiel, wenn ihm sein Klavier wie von Geisterhand Streiche
spielt. Als Freund von Direktionstochter Mariella wirkt er
außerdem beim Flugtrapez mit. Zum Ende der Show gibt es dann
nochmal zwei besonders publikumswirksame Genres zu erleben.
Patrick und Josue Marinelli zeigen Sprünge auf dem Todesrad.
Wenn man bedenkt, dass die beiden während der Corona-Pause zum
ersten Mal auf dem Requisit standen, kann man den Brüdern nur
Respekt für ihre Arbeit zollen. Patrick eröffnet außerdem das
Programm mit Flügen und Haltefiguren an den Strapaten. Bei
beiden handelt es sich übrigens um die Söhne von Nelsons Bruder
Alberto Marinelli. Er selbst ist mit seinen sieben Requisiteuren
für den reibungslosen Ablauf der Show sowie für das angenehme
Lichtdesign zuständig. Das Todesrad ist nicht etwa der
Schlusspunkt des Programms, es wird wieder abgebaut, bevor die
Motorradkugel in die Manege geschoben wird. Drei Fahrer drehen
darin schließlich ihre Runden und werden wie üblich frenetisch
gefeiert.
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