Dabei ist
die Wassershow eher aus pragmatischen Gründen entstanden. Anfang
des Jahres war noch unklar, ob aufgrund von Corona eine Tour
wirtschaftlich sinnvoll durchgeführt werden kann. Auf jeden Fall
sollte das Circus-Land am Standort des Winterquartiers wieder
seine Pforten öffnen. Als sich abzeichnete, dass 2022 wieder
Gastspiele mit dem Chapiteau möglich sein werden, musste ein
Konzept her. Die hauseigenen Tiere sollten im Park bleiben. Da
kam die Idee auf, mit der Wassermanege zu reisen, die bereits im
vergangenen Jahr zu den Attraktionen in Einbeck gehörte.
Allerdings hat sie ein respektables Gewicht und eine
ausgeklügelte Technik. Beides nicht gerade ideale
Voraussetzungen für einen permanenten Ortswechsel.
Blick
auf den Eingangsbereich
Nichtsdestotrotz wurde entschieden, es zu anzugehen. Ein Konzept
für die Show wurde entwickelt, Artisten engagiert und
Werbemittel entworfen. Die Tourneeroute stand, wie bei Charles
Knie üblich, bereits. Investiert wurde auch ins Material. Ein
zweiter Satz Hauptmasten wurde angeschafft, was das Umsetzen
erleichtert. In der Front steht ein neuer Zaun mit dem Emblem
des Unternehmens. Im Chapiteau fällt sofort der neue
Artisteneingang ins Auge. Das neue Gradin bietet hervorragenden
Komfort. Die Reihen mit den roten Schalensitzen in der Loge und
schwarzen Klappsitzen auf der Tribüne gehen jetzt bis direkt an
die Manege. Die bisherigen Abteile mit Stühlen in den Logen
gehören der Vergangenheit an. Bis ganz nach vorne fallen die
Sitzreihen ab. Das administrative Team genießt nun ebenfalls
höchste Annehmlichkeiten. Ein neuer Bürowagen wurde angeschafft
und nach den Wünschen der Direktion ausgebaut. Ein wahres
Schmuckstück in geschmackvoll-modernem Design. Sogar ein
Besprechungsraum steht zur Verfügung.
Teil
der Wassershow
Herzstück
in diesem Jahr ist aber die Wassermanege. Gebaut wurde sie von
der Familie Urunov, die wir als Artisten und Tiertrainer kennen.
Die Rundbühne hat einen Durchmesser von zwölf Metern. Sie ist
nach oben mit einem Gitter geschlossen. Somit kann die Fläche
von den Mitwirkenden gesamthaft genutzt werden und es entfallen
aufwendige Umbauarbeiten. Nachteil: Einen See, auf dem etwa
Enten schwimmen können, gibt es nicht. 300 Pumpen bewegen
insgesamt 100.000 Liter Wasser. Die Wassersäulen erreichen eine
Höhe von bis zu 15 Metern. Die Bühne ist auf drei Ebenen
ausfahrbar. Unzählige bunte Lichter strahlen das Wasser an. Der
zugehörige Technikschrank ist wirklich imposant. Soweit die
nüchternen Fakten. Was mit dieser Technik gezaubert wird, ist
unglaublich. Ruslan Urunov sitzt am Regiepult und sorgt dafür,
dass die richtigen Fontänen zur richtigen Zeit in den richtigen
Farben sprühen. Es entstehen traumhafte Bilder, die man in
diesen Dimensionen bei uns noch nie auf Tournee gesehen hat.
Oder zumindest schon sehr lange nicht mehr. Faszination pur, man
kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die gesamte Show wurde
mit dem eigenen Team um Marek Jama und Sascha Melnjak
entwickelt. Viele der engagierten Artisten haben bereits im
Circus-Land gearbeitet. Auf ein Orchester müssen wir leider
verzichten. Bis zum Schluss wurde versucht, Musiker zu bekommen.
Der Krieg in der Ukraine macht dies derzeit aber unmöglich.
Jimmy
Navratil, Laura Urunova
So steht
zum Opening „Sängerin“ Megan Intruglio alleine unter dem
beleuchteten „Charles Knie“-Schriftzug auf dem Orchesterpodium.
Die Bühne gehört dem vierköpfigen Ballett in prächtigen
Kostümen. Ringsum plätschert zum ersten Mal Wasser. Richtig hoch
werden die Fontänen, wenn Veronika Ernesto ihre Akrobatik an
einem Luftring zeigt, der in einen glitzernden Kronleuchter
integriert ist. Ein erster attraktiver Hingucker. Sportlich wird
es mit Jimmy Navratil. Der Jongleur hat sich Fußbälle und
Tennisschläger als Requisiten ausgesucht. Mit jugendlichem
Temperament lässt er die Sportgeräte geschickt durch die Luft
wirbeln. Für die beiden Tierdarbietungen im Programm zeichnet
Laura Urunova verantwortlich. Zunächst präsentiert sie im
hinreißenden Kleid ihre Papageien. Die farbenfrohen Vögel
überbringen eine Blume, fliegen präzise durch von Zuschauern
gehaltene Reifen und ruhen sich zur Belohnung im Liegestuhl aus.
Faszinierend sind immer wieder die raumgreifenden Flüge unter
dem Zeltdach. Seine Musikalität stellt sodann Cesar Dias unter
Beweis. Der Clown aus Portugal bildet den Hingucker des
Plakatmotivs und ist somit so etwas wie der Sympathieträger der
Show. Im ersten Auftritt kämpft er mit einem Mikrofonständer,
spielt Mundharmonika und bringt eine Säge zum Klingen.
Jidinis
Magic Company, Maverik Niemen, Devin und Davide
Großillusionen sind hierzulande in einem reisenden Circus eine
Rarität. Umso schöner, dass wir dank Jidinis und seiner vier
Girls wieder einmal sehr attraktiv in Szene gesetzte Zaubereien
erleben können. Da erscheint quasi aus dem Nichts ein Motorrad,
da verschwinden Magic Girls und tauchen unvermutet wieder auf.
Oder aber der Körper einer hübschen Dame wird zusammengestaucht.
Das alles in wahrlich zauberhaften Kostümen sehr elegant
dargeboten. Maverik Niemen konnten wir im vergangenen Aachener
Weihnachtscircus erleben. Jetzt beweist er seinen
Gleichgewichtssinn auf Walzen und Brettern beim Zirkus Charles
Knie. Es ist eine klassisch, aber mit jugendlichem Schwung
dargebotene Rola Rola-Nummer inklusive Assistentin. Nämlich der
auch als „Sängerin“ auftretenden Megan Intruglio. Niemen baut
hohe Türme, sowohl aus zahlreichen Bänkchen als auch aus
verschiedenen Walzen. Auf diesen wackeligen Gebilden verblüfft
der Italiener mit waghalsigen Balancen. Beeindruckende Bilder
kreiert das Duo Lugo bei seiner Lasershow. In verschiedenen
Farben füllen sie den gesamten Raum im Chapiteau aus. Immer
wieder entstehen neue Kunstwerke. Große Inszenierungen wechseln sich
ab mit kleineren Szenen, wie dem Kampf mit Laserschwertern.
Feuereffekte und weitere Protagonisten in beleuchteten Kostümen
ergänzen das Spektakel. Mit Devin und Davide kommt das Wasser
zurück in die Show. Die blendend aussehenden Italiener fliegen
an Strapaten über der Bühne. Ihre starke Luftakrobatik wird
sobald von hohen Fontänen begleitet, die rundum einen Vorhang um
die beiden Akteure bilden. Durch einen Tunnel aus Wasser gehen
sie schließlich zum Artisteneingang. Kaum sind sie hinter dem
Vorhang verschwunden, zeigt Ruslan Urunov, was in der
Wasserbühne steckt. Er zieht alle Register. Wir erleben eine
Symphonie aus Licht und Wasser, die mit moderner Musik unterlegt
ist. Wer glaubt, dass Wasserspiele etwas für den Kurpark sind,
wird eines Besseren belehrt. Hier bleibt einem wirklich der Mund
offen stehen. Immer neue, faszinierende Bilder lassen staunen
und genießen. Für den kulinarischen Genuss sorgt in der
folgenden Pause die Restauration im großen Vorzelt mit einem
umfangreichen Angebot an leckeren Speisen und Getränken.
Veronika und Paolo Ernesto, Jan Navratil
Zu Beginn
des zweiten Teils vertrauen wir uns wieder unserer Reiseleiterin
Rebecca Siemoneit-Barum an, deren Stimme uns mit witzigen
Moderationen aus dem Off durch den Nachmittag begleitet. Die
Manegenmitte ist mit langen Tüchern verhängt, während das
Ballett um die weißen Stoffbahnen herum tanzt. Sodann geben die
Vorhänge den Blick auf eine runde Plattform frei. Darauf zeigen
Veronika und Paolo Ernesto rasante Touren mit Rollschuhen. Bei
ihren vielfältigen Tricks in geschmackvollen Kostümen werden sie
von kleinen Fontänen am Bühnenrand eingerahmt. Zum
Schlusskompliment stehen sie zwischen meterhohen Wasserbögen.
Hunde verschiedener Rassen hören auf das Kommando von Laura
Urunova. Auch bei diesem Auftritt ist die junge Frau wieder ganz
wunderbar eingekleidet. Die Vierbeiner springen durch Reifen und
über Hindernisse. Sie verabschieden sich mit einer Polonaise.
Nachdem sich Cesar Dias ein Pistolenduell mit einem Zuschauer
geliefert hat, lässt Jan Navratil allerlei Requisiten auf seinen
Füßen tanzen. Er eröffnet seine Antipodenspiele mit Walzen und
befördert als Höhepunkt einen Ball über mehrere Stationen in
einen Korb, der am Ende einer Stange befestigt ist. Das ganze
natürlich mit dem Geschick seiner Beine. Mit Hilfe einer
Steinschleuder beweist sich Cesar Dias als Kunstschütze.
Devin
de Bianchi, Truppe Robles, Cesar Dias
Auf einer
römischen Säule zelebriert „Gladiator“ Devin de Bianchi seine
Handstände. Eine an sich schon starke Darbietung wird dank
Licht, der passenden Musik und einer „Umrahmung“ aus Fontänen zu
einem Gesamtkunstwerk. Eine der ganz starken Szenen dieser Show.
Devin de Bianchi hält sich souverän auf ein oder zwei Händen im
Gleichgewicht, immer mit einem gewinnenden Lächeln. Einen stark
ausgeprägten Gleichgewichtssinn benötigen auch die Mitglieder
der Truppe Robles. Wir erleben sie einige Etagen höher, auf dem
Hochseil. Waghalsige Tricks werden sicher und sympathisch
verkauft. Ihr umfangreiches Repertoire lässt keinerlei Wünsche
offen. Dem Publikum stockt der Atem, wenn sich die
Sieben-Personen-Pyramide von einer Plattform zur anderen bewegt.
Für Entspannung vor dem Finale sorgt Cesar Dias mit seiner
Paradenummer „My way“. Bei der Performance des gleichnamigen
Songs jagt eine Panne die nächste. Alles natürlich bestens
geplant und wie immer hinreißend gespielt. Der Clown wird bei
seiner Rückkehr zum Zirkus Charles Knie vom Northeimer Publikum
regelrecht gefeiert. Der Schluss der Vorstellung wird noch
einmal ganz groß aufgezogen. In der Mitte der Manege fahren zwei
Rundbühnen übereinander aus dem Boden. Die untere ist mit
Wassertechnik ausgestattet, auf der oberen thront eine
Diskokugel. So entsteht bereits im Zentrum ein Kunstwerk aus
Fontänen mit wunderbarer Beleuchtung dazu. Über der Gardine
agiert „Sängerin“ Megan Intruglio. Die Musik ist, wie zumeist
während der Show, recht modern. Dann bilden Fontänen von der
Seite aus einen hohen Bogen, der nahezu rundum geht. Darunter
gehen Artisten und Tänzerinnen her. Die Damen des Balletts
bleiben auf der Bühne stehen, die Artisten verabschieden sich im
Gang zwischen Logen und Rängen vom Publikum. Welch ein
eindrucksvolles Bild! An dieser Stelle ein großes Lob an die
Regie für Licht und Ton, die bereits zum Start einen fulminanten
Job macht. Ebenso an die Requisiteure unter der Leitung von
Ionut Calin. |