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Zirkus Charles Knie - Tour 2022
www.zirkus-charles-knie.de ; 176 Showfotos

Northeim, 5. Juni 2022: Wenn am Ende die reich illuminierten Fontänen zur Musik tanzen und die Artisten im Gang zwischen Logen und Rängen stehen, dann brechen alle Dämme. Das Publikum lässt seiner Begeisterung über das gerade Gesehene freien Lauf. Die 1.300 Menschen feiern die neue Wassershow des Zirkus Charles Knie mit lautstarken Standing Ovations. Sascha Melnjak und sein Team haben es einmal mehr geschafft, ein hochwertiges und neuartiges Produkt zu kreieren, mit dem sie die Fachwelt aufhorchen lassen und – noch viel wichtiger – die Zuschauer vollends überzeugen.

Dabei ist die Wassershow eher aus pragmatischen Gründen entstanden. Anfang des Jahres war noch unklar, ob aufgrund von Corona eine Tour wirtschaftlich sinnvoll durchgeführt werden kann. Auf jeden Fall sollte das Circus-Land am Standort des Winterquartiers wieder seine Pforten öffnen. Als sich abzeichnete, dass 2022 wieder Gastspiele mit dem Chapiteau möglich sein werden, musste ein Konzept her. Die hauseigenen Tiere sollten im Park bleiben. Da kam die Idee auf, mit der Wassermanege zu reisen, die bereits im vergangenen Jahr zu den Attraktionen in Einbeck gehörte. Allerdings hat sie ein respektables Gewicht und eine ausgeklügelte Technik. Beides nicht gerade ideale Voraussetzungen für einen permanenten Ortswechsel.


Blick auf den Eingangsbereich

Nichtsdestotrotz wurde entschieden, es zu anzugehen. Ein Konzept für die Show wurde entwickelt, Artisten engagiert und Werbemittel entworfen. Die Tourneeroute stand, wie bei Charles Knie üblich, bereits. Investiert wurde auch ins Material. Ein zweiter Satz Hauptmasten wurde angeschafft, was das Umsetzen erleichtert. In der Front steht ein neuer Zaun mit dem Emblem des Unternehmens. Im Chapiteau fällt sofort der neue Artisteneingang ins Auge. Das neue Gradin bietet hervorragenden Komfort. Die Reihen mit den roten Schalensitzen in der Loge und schwarzen Klappsitzen auf der Tribüne gehen jetzt bis direkt an die Manege. Die bisherigen Abteile mit Stühlen in den Logen gehören der Vergangenheit an. Bis ganz nach vorne fallen die Sitzreihen ab. Das administrative Team genießt nun ebenfalls höchste Annehmlichkeiten. Ein neuer Bürowagen wurde angeschafft und nach den Wünschen der Direktion ausgebaut. Ein wahres Schmuckstück in geschmackvoll-modernem Design. Sogar ein Besprechungsraum steht zur Verfügung.


Teil der Wassershow

Herzstück in diesem Jahr ist aber die Wassermanege. Gebaut wurde sie von der Familie Urunov, die wir als Artisten und Tiertrainer kennen. Die Rundbühne hat einen Durchmesser von zwölf Metern. Sie ist nach oben mit einem Gitter geschlossen. Somit kann die Fläche von den Mitwirkenden gesamthaft genutzt werden und es entfallen aufwendige Umbauarbeiten. Nachteil: Einen See, auf dem etwa Enten schwimmen können, gibt es nicht. 300 Pumpen bewegen insgesamt 100.000 Liter Wasser. Die Wassersäulen erreichen eine Höhe von bis zu 15 Metern. Die Bühne ist auf drei Ebenen ausfahrbar. Unzählige bunte Lichter strahlen das Wasser an. Der zugehörige Technikschrank ist wirklich imposant. Soweit die nüchternen Fakten. Was mit dieser Technik gezaubert wird, ist unglaublich. Ruslan Urunov sitzt am Regiepult und sorgt dafür, dass die richtigen Fontänen zur richtigen Zeit in den richtigen Farben sprühen. Es entstehen traumhafte Bilder, die man in diesen Dimensionen bei uns noch nie auf Tournee gesehen hat. Oder zumindest schon sehr lange nicht mehr. Faszination pur, man kommt aus dem Staunen nicht mehr heraus. Die gesamte Show wurde mit dem eigenen Team um Marek Jama und Sascha Melnjak entwickelt. Viele der engagierten Artisten haben bereits im Circus-Land gearbeitet. Auf ein Orchester müssen wir leider verzichten. Bis zum Schluss wurde versucht, Musiker zu bekommen. Der Krieg in der Ukraine macht dies derzeit aber unmöglich.


Jimmy Navratil, Laura Urunova

So steht zum Opening „Sängerin“ Megan Intruglio alleine unter dem beleuchteten „Charles Knie“-Schriftzug auf dem Orchesterpodium. Die Bühne gehört dem vierköpfigen Ballett in prächtigen Kostümen. Ringsum plätschert zum ersten Mal Wasser. Richtig hoch werden die Fontänen, wenn Veronika Ernesto ihre Akrobatik an einem Luftring zeigt, der in einen glitzernden Kronleuchter integriert ist. Ein erster attraktiver Hingucker. Sportlich wird es mit Jimmy Navratil. Der Jongleur hat sich Fußbälle und Tennisschläger als Requisiten ausgesucht. Mit jugendlichem Temperament lässt er die Sportgeräte geschickt durch die Luft wirbeln. Für die beiden Tierdarbietungen im Programm zeichnet Laura Urunova verantwortlich. Zunächst präsentiert sie im hinreißenden Kleid ihre Papageien. Die farbenfrohen Vögel überbringen eine Blume, fliegen präzise durch von Zuschauern gehaltene Reifen und ruhen sich zur Belohnung im Liegestuhl aus. Faszinierend sind immer wieder die raumgreifenden Flüge unter dem Zeltdach. Seine Musikalität stellt sodann Cesar Dias unter Beweis. Der Clown aus Portugal bildet den Hingucker des Plakatmotivs und ist somit so etwas wie der Sympathieträger der Show. Im ersten Auftritt kämpft er mit einem Mikrofonständer, spielt Mundharmonika und bringt eine Säge zum Klingen.


Jidinis Magic Company, Maverik Niemen, Devin und Davide

Großillusionen sind hierzulande in einem reisenden Circus eine Rarität. Umso schöner, dass wir dank Jidinis und seiner vier Girls wieder einmal sehr attraktiv in Szene gesetzte Zaubereien erleben können. Da erscheint quasi aus dem Nichts ein Motorrad, da verschwinden Magic Girls und tauchen unvermutet wieder auf. Oder aber der Körper einer hübschen Dame wird zusammengestaucht. Das alles in wahrlich zauberhaften Kostümen sehr elegant dargeboten. Maverik Niemen konnten wir im vergangenen Aachener Weihnachtscircus erleben. Jetzt beweist er seinen Gleichgewichtssinn auf Walzen und Brettern beim Zirkus Charles Knie. Es ist eine klassisch, aber mit jugendlichem Schwung dargebotene Rola Rola-Nummer inklusive Assistentin. Nämlich der auch als „Sängerin“ auftretenden Megan Intruglio. Niemen baut hohe Türme, sowohl aus zahlreichen Bänkchen als auch aus verschiedenen Walzen. Auf diesen wackeligen Gebilden verblüfft der Italiener mit waghalsigen Balancen. Beeindruckende Bilder kreiert das Duo Lugo bei seiner Lasershow. In verschiedenen Farben füllen sie den gesamten Raum im Chapiteau aus. Immer wieder entstehen neue Kunstwerke. Große Inszenierungen wechseln sich ab mit kleineren Szenen, wie dem Kampf mit Laserschwertern. Feuereffekte und weitere Protagonisten in beleuchteten Kostümen ergänzen das Spektakel. Mit Devin und Davide kommt das Wasser zurück in die Show. Die blendend aussehenden Italiener fliegen an Strapaten über der Bühne. Ihre starke Luftakrobatik wird sobald von hohen Fontänen begleitet, die rundum einen Vorhang um die beiden Akteure bilden. Durch einen Tunnel aus Wasser gehen sie schließlich zum Artisteneingang. Kaum sind sie hinter dem Vorhang verschwunden, zeigt Ruslan Urunov, was in der Wasserbühne steckt. Er zieht alle Register. Wir erleben eine Symphonie aus Licht und Wasser, die mit moderner Musik unterlegt ist. Wer glaubt, dass Wasserspiele etwas für den Kurpark sind, wird eines Besseren belehrt. Hier bleibt einem wirklich der Mund offen stehen. Immer neue, faszinierende Bilder lassen staunen und genießen. Für den kulinarischen Genuss sorgt in der folgenden Pause die Restauration im großen Vorzelt mit einem umfangreichen Angebot an leckeren Speisen und Getränken.


Veronika und Paolo Ernesto, Jan Navratil

Zu Beginn des zweiten Teils vertrauen wir uns wieder unserer Reiseleiterin Rebecca Siemoneit-Barum an, deren Stimme uns mit witzigen Moderationen aus dem Off durch den Nachmittag begleitet. Die Manegenmitte ist mit langen Tüchern verhängt, während das Ballett um die weißen Stoffbahnen herum tanzt. Sodann geben die Vorhänge den Blick auf eine runde Plattform frei. Darauf zeigen Veronika und Paolo Ernesto rasante Touren mit Rollschuhen. Bei ihren vielfältigen Tricks in geschmackvollen Kostümen werden sie von kleinen Fontänen am Bühnenrand eingerahmt. Zum Schlusskompliment stehen sie zwischen meterhohen Wasserbögen. Hunde verschiedener Rassen hören auf das Kommando von Laura Urunova. Auch bei diesem Auftritt ist die junge Frau wieder ganz wunderbar eingekleidet. Die Vierbeiner springen durch Reifen und über Hindernisse. Sie verabschieden sich mit einer Polonaise. Nachdem sich Cesar Dias ein Pistolenduell mit einem Zuschauer geliefert hat, lässt Jan Navratil allerlei Requisiten auf seinen Füßen tanzen. Er eröffnet seine Antipodenspiele mit Walzen und befördert als Höhepunkt einen Ball über mehrere Stationen in einen Korb, der am Ende einer Stange befestigt ist. Das ganze natürlich mit dem Geschick seiner Beine. Mit Hilfe einer Steinschleuder beweist sich Cesar Dias als Kunstschütze.


Devin de Bianchi, Truppe Robles, Cesar Dias

Auf einer römischen Säule zelebriert „Gladiator“ Devin de Bianchi seine Handstände. Eine an sich schon starke Darbietung wird dank Licht, der passenden Musik und einer „Umrahmung“ aus Fontänen zu einem Gesamtkunstwerk. Eine der ganz starken Szenen dieser Show. Devin de Bianchi hält sich souverän auf ein oder zwei Händen im Gleichgewicht, immer mit einem gewinnenden Lächeln. Einen stark ausgeprägten Gleichgewichtssinn benötigen auch die Mitglieder der Truppe Robles. Wir erleben sie einige Etagen höher, auf dem Hochseil. Waghalsige Tricks werden sicher und sympathisch verkauft. Ihr umfangreiches Repertoire lässt keinerlei Wünsche offen. Dem Publikum stockt der Atem, wenn sich die Sieben-Personen-Pyramide von einer Plattform zur anderen bewegt. Für Entspannung vor dem Finale sorgt Cesar Dias mit seiner Paradenummer „My way“. Bei der Performance des gleichnamigen Songs jagt eine Panne die nächste. Alles natürlich bestens geplant und wie immer hinreißend gespielt. Der Clown wird bei seiner Rückkehr zum Zirkus Charles Knie vom Northeimer Publikum regelrecht gefeiert. Der Schluss der Vorstellung wird noch einmal ganz groß aufgezogen. In der Mitte der Manege fahren zwei Rundbühnen übereinander aus dem Boden. Die untere ist mit Wassertechnik ausgestattet, auf der oberen thront eine Diskokugel. So entsteht bereits im Zentrum ein Kunstwerk aus Fontänen mit wunderbarer Beleuchtung dazu. Über der Gardine agiert „Sängerin“ Megan Intruglio. Die Musik ist, wie zumeist während der Show, recht modern. Dann bilden Fontänen von der Seite aus einen hohen Bogen, der nahezu rundum geht. Darunter gehen Artisten und Tänzerinnen her. Die Damen des Balletts bleiben auf der Bühne stehen, die Artisten verabschieden sich im Gang zwischen Logen und Rängen vom Publikum. Welch ein eindrucksvolles Bild! An dieser Stelle ein großes Lob an die Regie für Licht und Ton, die bereits zum Start einen fulminanten Job macht. Ebenso an die Requisiteure unter der Leitung von Ionut Calin.

In einer für Circusse nicht eben einfachen Zeit überrascht der Zirkus Charles Knie mit Innovationsgeist und unternehmerischem Mut. Diese Wassershow setzt Maßstäbe! Nicht nur, weil sie neuartig und sehr aufwendig ist. Sondern vor allen Dingen, weil sie keine Kompromisse eingeht, auf höchste Qualität setzt und – auf sehr sympathische Weise - einfach perfekt gemacht ist. Dafür ziehen wir einmal mehr den Hut vor der Direktion und allen anderen Verantwortlichen vor sowie hinter den Kulissen! Chapeau! Das Publikum in Northeim hat die Premierenshows regelrecht gefeiert. Das wird im Rest der Republik nicht anders sein. Auch wir waren im siebten Circus-Himmel.

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Text und Fotos: Stefan Gierisch