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Zirkus Charles Knie - Tour 2023
www.zirkus-charles-knie.de ; 190 Showfotos

Würzburg, 6. September 2023: K wie Kunst, K wie Können, K wie (Charles) Knie – mit seinem Saisonprogramm 2023 hat der Circus von Direktor Sascha Melnjak sein im Vorjahr erstmals präsentiertes „Wasserspektakel“ noch einmal optimiert. Die Kombination von farbenprächtigen Fontänenspielen mit klassischer Circuskunst hat sich als Riesenerfolg erwiesen und zu regelmäßig vollem Haus geführt. In Würzburg erleben wir eine rauschende Abendpremiere. Zugaberufe und Standing Ovations der 1300 Gäste krönen die Vorstellung nach zweieinhalb Stunden bester Unterhaltung.

Der wunderschöne Circus mit seinen rot-weißen Zeltanlagen ist auf der Talavera aufgebaut, dem bekannten und zentral gelegenen Festplatz der Großstadt am Main. Ein umfangreiches gastronomisches Angebot im Vorzelt, die 2022 in Betrieb genommene Tribüne mit ansteigenden Reihen bereits in den Logen – es wird alles dafür getan, dass sich die Besucherinnen und Besucher wohlfühlen und zeitgemäßen Komfort genießen können.


Eröffnungsbild mit Veronika Faltyny, Ballett, Sängerin und Wasserspielen

Gleich zu Beginn werden die Zuschauer vollkommen überrascht. Die vier hübschen Tänzerinnen in ihren feschen Uniformen, die bezaubernde Sängerin auf dem Artisteneingang, die elegante Akrobatin am Kronleuchter unter der Zirkuskuppel: Sie alle sind Teile eines großen Bildes, in dem das Wasser eine tragende Rolle spielt. Es quillt aus Düsen rund um die Bühne, es tanzt in zahllosen, bunt beleuchteten Fontänen aus dem Boden, es steigt als Springbrunnenkranz in die Höhe, rings um die im Genickhangwirbel kreiselnde Veronika Faltyny. Mit seinem neuen Konzept hat der Zirkus Charles Knie viel gewagt und viel gewonnen. Erstmals gibt es keine klassische Manege mit Sägemehl und keine großen Tiere mehr. Stattdessen bleibt der eigene Tierbestand mit Pferden und Exoten im Winterquartier in Einbeck, das parallel zur Tour als Freizeitpark „Circus-Land“ geöffnet bleibt. Dafür wird im Chapiteau auf einer kreisrunden Wasserbühne gespielt. Die Familie von Ruslan, Alona und Laura Urunov, die schon mit verschiedensten kreativen Darbietungen beeindruckt hat, hat diese Bühne selbst gebaut. Sie stellt alles in den Schatten, was wir vor 2022 in reisenden Shows mit Wassercircus-Elementen sahen. Der Ansatz ist auch ein ganz anderer. Bei Fliegenpilz und vergleichbaren Produktionen wurde die Manege in der Pause flugs in ein mit Folie ausgekleidetes Bassin verwandelt, mit kleiner Bühne in der Mitte, aus der zum Finale die Fontänen sprudelten. Beim Modell der Familie Urunov sind Pumpen und Leuchten fix in die Bühne eingebaut, die während des gesamten Gastspiel stehen bleibt, und können jederzeit eingesetzt werden, ohne Umbauarbeiten. Wenn die Fontänen wallen, fließt das Wasser durch den gelochten Bühnenboden sofort ins darunter liegende Reservoir zurück. Das ermöglicht eine fließende Show aus einem Guss. Eine sichtbare Wasserfläche gibt es dagegen nicht; hier könnten weder Seelöwen durchs kühle Nass schwimmen noch ein Artist auf Jet-Skiern übers Wasser rasen.


Mikhail Milla, Laura Urunova

Auch wenn Charles Knies Tierlehrer Marek Jama nicht selbst im Programm zu erleben ist, so hat er die Show als kreativer Kopf, als Ideengeber und als Regisseur doch entscheidend geprägt. Dabei widersteht er der Versuchung, es mit dem Wasser zu übertreiben, das Publikum durch ständigen Einsatz zu ermüden. Vielmehr geht es erst einmal weitgehend auf dem Trockenen weiter, von einem kurzen Fontänensprühen zum Abschluss der Nummer von Mikhail Milla abgesehen. Der junge Chilene jongliert mit drei Keulen und einem Ball sowie fünf Keulen, sieben Bällen und neun Ringen. Dabei begeistert er mit toller Ausstrahlung; er sucht und findet den Kontakt zum Publikum. Gleiches gilt für die höchst charmante Laura Urunova. Ihre farbenprächtigen Papageien – Aras, ein Kakadu und Sonnensittiche – beherrschen entzückende Kabinettstückchen, wenn sie scheinbar die Zeitung lesen oder aus einem Glas trinken. Und sie verzaubern uns, wenn sie auf großen und kleinen Zuschauern landen und stolz ihre Runden unterm Zeltdach drehen. Ein riesiger, bunter, mit Pailletten besetzter Papagei ziert auch das Kostüm der Tierlehrerin.


Lorenzo Bernardi, Jidinis mit Ballett

Publikumsliebling ist Clown César Dias, der beim Mundharmonikaspiel mit der Tücke des Objekts kämpft und mit seiner „singenden Säge“ poetische Momente schafft. Mit gewaltigem Materialeinsatz und starken Tricks verblüfft und beeindruckt Magier Jidinis bei seinen Großillusionen, die er gemeinsam mit den Ballettgirls wirkungsvoll verkauft. Für Staunen sorgt auch der junge Italiener Lorenzo Bernardi, der seinen Körper auf unglaubliche Weise zu verbiegen vermag. Gleich zu Beginn zwängt er sich in eine enge Kiste; zum Abschluss löst er Pfeil und Bogen mit den Füßen aus, während er im Mundstand balanciert. Die Zeit dazwischen füllt er mit außerordentlich starken Figuren.


César Dias, Lasershow des Duo Lugo, Nataliia und Oleksii

César Dias hat nach einigen Jahren erstmals wieder eine neue, große Nummer kreiert, die inzwischen auch hervorragend eingespielt ist. Dabei formiert er einige Zuschauer spontan zur „Rockband“ und hat auch damit die Sympathien auf seiner Seite – im Unterschied zu ähnlichen Nummern singen hier der Clown, die Mitspieler und letztlich das gesamte Publikum, das zugleich mit seinen Handy-Taschenlampen ein Lichtermeer schafft. Zum „Theater total“ wird die Vorstellung nicht nur durch das Wasser, sondern auch dank des Lasergewitters, das Luis Lugo, seine Partnerin und zusätzliche Figurantinnen in LED-beleuchteten Kostümen zaubern. Das Chapiteau wird mit Lichteffekten geradezu geflutet, und emporschießende Feuersäulen sorgen für Schauder auf der Haut. Das Wasser wird erst wieder im Laufe der Luftakrobatik-Nummer von Nataliia und Oleksii eingesetzt. In großer Höhe schaffen sie in ihren weißen Kostümen an schmalen Stoffbändern hochästhetische, moderne Bilder und wagen riskante Figuren. Ein großer Apfel als zusätzliches Requisit lässt an die Geschichte von Adam und Eva denken. Zum Abschluss hält Oleksii sich nur noch im Zahnhang, während er seine Partnerin trägt. Um das Paar herum steigt ein kreisrunder Wasservorhang in die Höhe und lässt das Publikum noch mehr jubeln.


Wassershow vor der Pause

Der bis dahin sparsame Einsatz der Wassertechnik wendet sich vor der Pause ins Gegenteil. In einer fulminanten Show werden alle Register gezogen. Springbrunnen schießen bis unters Zeltdach und beweisen ihre volle Kraft, Fontänen tanzen im Takt der mitreißenden Musik, es ergeben sich immer neue Formationen farbenfroh illuminierter Wasserspiele. Die wundervolle Bühne sprudelt über vor ausgeklügelten Effekten.


Skating Ernestos, César Dias, Laura Urunova

Teil zwei beginnt mit einem schwungvoll-eleganten Ballett-Bild und der rasanten Rollschuhkür von Veronika Faltyny und ihres Mannes Paolo Ernesto. Zunächst ist das Duo auf seinem Podest hinter weißen Schleiern verborgen, die von den Damen des Balletts weggezogen werden. Im Brautkleid eröffnet Veronika die Trickfolge und legt dieses schnell ab, für spektakuläre Flüge um ihren auf Rollen rotierenden Mann, bis hin zum Genickhangwirbel. Auch diese Darbietung ist mit sanft blubbernden Brünnlein und exzellentem Licht hervorragend in Szene gesetzt. Obwohl die Wasserbühne keine großen und schweren Tiere erlaubt, müssen wir auf Vierbeiner nicht verzichten. Laura Urunova präsentiert ihre quirligen Hunde und ist dabei in ein fantasievolles, farbenfrohes Kostüm gekleidet. Die Tiere beherrschen unter anderem Seil- und Reifenspringen, laufen auf den Hinterbeinen und formieren sich zur Polonaise. Einen hervorragenden Griff macht César Dias mit seinem Kompagnon beim „Duell“, bei dem er die Geräusche zur Handlung mit dem Mund produziert. Der junge Mann aus dem Publikum macht wunderbar mit, sehr zur Freude der anderen Gäste.


The Robles, César Dias

Strahlend schön zelebriert Quincy Azzario ihre eleganten Handstände, die durch einen Kranz aus Fontänen um sie herum zu einen fulminanten Gesamtkunstwerk veredelt werden. Der Klötzchen-Trick bildet den Abschluss, wobei sie darauf verzichtet, sich anschließend wieder voll in den Handstand aufzurichten. Für einen Höhepunkt im Wortsinn sorgen schließlich die Robles auf dem Hochseil. Von Sprüngen über ein und zwei auf dem Seil kauernde Partner über die Dreier-Pyramide mit zwei Fahrrädern und freiem Stand auf dem Stuhl sowie ein doppeltes Zwei-Personen-Hoch bis hin zur sicher gelaufenen Sieben-Personen-Pyramide reicht diese äußerst starke Darbietung. Doch die eigentliche Schlussnummer gebührt César Dias, der bei seiner Interpretation von „My Way“ wieder einmal auf grandiose Weise scheitert und dabei auch seine eindrucksvollen gesanglichen Fähigkeiten unter Beweis stellt. Erst schallendes Gelächter, dann donnernder Applaus und Zugaberufe sind der Lohn für den Star der Show.

Grandios das Finale, in dem sich die Scheinwerferstrahlen in einer Spiegelkugel brechen und das ganze Chapiteau in magisches Licht tauchen, das Ballett mit Federschmuck tanzt und nochmals das Wasser Effekte schafft. Und die Besucher klatschen, jubeln frenetisch im Stehen, minutenlang, kaum enden wollend. Was für ein fantastischer Circusabend, glanzvoll und stark, hochmodern und doch auf dem Fundament des ganz großen, internationalen, traditionellen Circus.

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Text: Markus Moll, Fotos: Tobias Moll