Denn nun
sollte erstmals ein deutsches Unternehmen das Material stellen,
der Circus Maximus von Renaldo Weisheit. Beim Saisonauftakt in
Stein am Rhein, unweit der deutschen Grenze, ist der schmucke,
weiße Zweimaster mit blauen Applikationen und passendem Vorzelt
auf dem Untertorplatz aufgeschlagen. Ein „Maximus“-Schriftzug
prangt oben auf dem Chapiteau, dem vier zusätzliche Quaderpole
seine attraktive Form geben. Auf den Plakaten steht „Circus
Medrano MAXIMUS“, so dass „Maximus“ wahlweise als
Namensbestandteil oder als Programmtitel gelesen werden kann.
Direktor Davide Trentini sitzt persönlich an der Kasse und steht
in der Pause auch selbst im Restaurationswagen. Letzteren hat er
vom ehemaligen Circus Nock übernommen, ebenso wie einen
Abteilwagen mit Nock-Schriftzug. So besitzt er zumindest
teilweise auch eigenes Material. Von Oliver Skreinig hören wir
nur die Stimme, in einer vom Band eingespielten
Besucherinformation. So ansprechend wie das Äußere ist auch die
Atmosphäre im Inneren des Spielzeltes, das mit Klapp- in den
beiden vorderen und Schalensitzen in den vier hinteren Reihen
ausgestattet ist.
Ayoub,
Renaldo Weisheit, Emi Velkova
Stützen
des Unternehmens sind in der aktuellen Saison Steven Carroli und
seine Lebensgefährtin Emi Velkova, die nicht nur die Highlights
des artistischen Programms liefern, sondern auch die Ablaufregie
sowie die gelungene
Gestaltung der Show übernommen haben. Dazu gehört ein schönes
Charivari, in dessen Mittelpunkt Steven Carroli im roten Livree
eines klassischen Sprechstallmeisters und Emi Velkova mit ihrer
Arbeit an den Tüchern stehen. Zahlreiche elegante Posen gehören
zum Repertoire. Ein Handicap am linken Fuß hält Ayoub nicht
davon ab, Akrobat zu sein – denn er drückt Handstände auf dem
Piedestal, im Glitzerkostüm und begleitet von sphärischer Musik.
Sein Groß und Klein mit einem Friesen und einem schwarzen Pony
führt Renaldo Weisheit sehr gekonnt vor. „Cotton Eye Joe“
liefert die musikalische Begleitung.
Steven
Carroli, Emi Velkova, Alina Petrovska
Einzige
komische Darbietung im Programm sind die humorvollen Zaubereien,
die Steven Carroli im schwarzen Anzug zeigt. In klassischer
Weise agiert er mit Seilen, die auf magische Weise geteilt und
wieder zusammengefügt werden, oder mit Ringen, die sich wie von
Geisterhand trennen und verbinden lassen. Über diesen Auftritt
hinaus würde die Show freilich noch von einem echtem Clown
profitieren. Auch der Spieldauer des kompakten Programms würde
dies noch gut tun. Mit ganz viel Temperament und Ausstrahlung
gefällt Emi Velkova bei ihrer Hula-Hoop-Kür. Zu dem begleitenden
Latin-Titel singt sie einfach mit. Und schafft es trotzdem
spielend, sechs Reifen um Körper, Arme und Beine kreisen zu
lassen und sich dabei um sich selbst zu drehen. Zum Abschluss
lässt sie ein großes Bündel Hula Hoops rotieren. Alina Petrovska
präsentiert eine recht außergewöhnliche Luftnummer, denn als
Requisit für ihre Arbeit hat sie eine Art Strickleiter mit
mehreren Sprossen in größerem Abstand gewählt. Daran
demonstriert sie unterschiedliche Haltefiguren. 30 Minuten währt
diese erste Hälfte des Programms, dann ist Pause.
Youssef und Mohamed, Victoria Lisetska, Renaldo
Weisheit
Zu Beginn
der zweiten Hälfte stellt Renaldo Weisheit im eleganten blauen
Anzug einen Viererzug Schimmel vor. In der hochwertigen
Freiheitsdressur bleibt es nicht beim Gegenlauf, beide
Pferdeduos wechseln beim Doppel-Changer gleichzeitig die
Laufrichtung. Auf weitere anspruchsvolle Lauffiguren folgen
Steiger aller Tiere gleichzeitig wie auch verschiedene
Solo-Steiger. Youssef und Mohamed wagen gemeinsam akrobatische
Tricks, Sprünge und Salti in der Manege – leider ist in dieser
Phase des Programms der Spot an der Beleuchtung ausgefallen, so
dass das Gebotene im Halbdunkel stattfindet. Victoria Lisetska
überzeugt mit dynamischen Bewegungen an den weißen Tüchern.
Außer Posen gehören auch ein Kreisel und Abfaller dazu.
Halid,
Finale, Steven Carroli
Eher
improvisiert und teils redundant denn einer ausgefeilten
Choreographie folgend wirken Halids Tricks am Pole. Nach kurzen
Passagen springt er immer wieder zum Boden. Eine kleine
Geschichte erzählt dagegen Steven Carroli im Rahmen seiner
Einradnummer. Als Koffer-Page wünscht er sich von seinem
weiblichen Gast – natürlich Emi Velkova – einen Kuss und erhält
diesen schlussendlich auch. Dazwischen beweist er sein
vielfältiges Können, springt auf dem Einrad Seil und mit drei
Keulen jonglierend über die Treppenstufen. Er auf dem Postament,
die Partnerin am Boden lassen in Passings sechs Keulen fliegen.
Schließlich wechselt er aufs Hochrad und befördert mit einem Fuß
und gezieltem Schwung Untertassen und Tassen auf seinen Kopf und
stapelt sie dort aufeinander. Zum Abschluss kickt er einen
Teelöffel gekonnt in die oberste der drei Tassen. In einen nett
gestalteten Finale verabschiedet sich das Ensemble zum Ende der
kurzweiligen Vorstellung. |