Er wird
gleich im Opening gespielt, in dem Alexander Schneller uns in
einem herrlichen neuen, hellblauen Mantel-Livree mit passender
Weste empfängt. Die Außenseite ziert eine Weltkarte, das
Innenfutter ist mit dem Logo des Circus Pikard geschmückt.
Schneller steht dabei auf einem Podest in der Manegenmitte, um
ihn herum versammelt sich das Ensemble zur großen Flaggenparade.
Die Damen und Herren tragen nicht nur die Fahnen verschiedener
Staaten, in die uns die nachfolgende Weltreise führen wird. Auch
zwei Regenbogenflaggen sind vertreten, von denen eine der
Direktor selbst stolz schwenkt.

Direktor Alexander Schneller im Zentrum der Flaggenparade
Dann gibt
Alexander Schneller den Platz auf dem Podest frei für den
ukrainischen Artisten Mischa, der zusammen mit seiner Frau Jenia
und der achtjährigen Tochter Alisa während der ersten beiden
Monate der Saison mit auf Tournee ist. In dieser Zeit reist der
Pikard in der Nähe der Wohnung der Familie; später sollen ihre
Darbietungen voraussichtlich durch Acts des Stamm-Ensembles
ersetzt werden.
  
Mischa,
Alexander Schneller, Warren Niemen
Im
klassischen Chiacago-Stil balanciert Mischa auf der Rola Rola,
drückt dabei einen Handstand auf zwei Handstäben, jongliert mit
sieben kleinen Bällen und lässt gleichzeitig einen großen Ball
auf seinem Kopf dopsen. Schließlich wagt er sich auf einen
hohen, fragilen Turm aus sechs stehenden und zwei liegenden
Walzen. Jederzeit charmant assistiert ihm seine Frau im
eleganten Kleid. Als Sabrina Lutzny und Josy Casselly eine
zusammengerollte Plane in die Manege tragen und diese wieder
auseinanderwickeln, kommt als amüsante Überraschung Alexander
Schneller im feschen roten Circusdirektors-Anzug mit Zylinder
zum Vorschein. Die Plane wiederum entpuppt sich als große
Weltkarte, und Alexander Schneller hat über den Winter ein
fröhliches Lied einstudiert, in dem er singend die Namen
sämtlicher Staaten der Erde unterbringt. Da ist mancher
Zungenbrecher dabei, und auch die Geschwindigkeit fasziniert,
mit der er den schwierigen Text wiedergibt. Chapeau! Kaum fertig
mit diesem großen Spaß, wickeln die beiden Damen ihn wieder in
die Weltkarte ein. Die Ansage für den nachfolgenden Künstler
wird gleich nochmal auf Italienisch wiederholt – und schon
begeistert der Pikard-Neuzugang Warren Niemen aus Bella Italia
mit seinen blitzschnellen, fehlerfrei vorgetragenen
Bouncing-Jonglagen, bei denen er bis zu sieben Bälle zumeist
gegen den Boden springen lässt, in manchen Passagen aber auch in
die Luft wirft und wieder fängt. Freundlich ist Niemens
Ausstrahlung, rasant die musikalische Begleitung mit
südamerikanischen Rhythmen.
  
Eddy
Carello, Andrei Bocancea, Mischa und Jenia
Doch nicht
nur in real existierende Staaten, auch ins „Super Mario Land“
entführt uns diese Show, und ebendort brauen sich dunkle Wolken
über dem Himmel zusammen, denn ein Bösewicht will die Prinzessin
entführen. Hierzu spielen mehrere Mitglieder des Ensembles die
Geschichte (natürlich mit Happy End!), während Eddy Carello als
Super Mario mit seiner Fußballjonglage beeindruckt. Mal lässt er
einen Ball über Kopf, Schulter und Füße tanzen, mal fängt er
einen mit dem Mundstab. Schlussendlich jongliert er versiert mit
fünf Fußbällen. Nach dem viel zu frühen Tod seiner langjährigen
Lebensgefährtin Rosi Hochegger erleben wir Andrei Bocancea nun
mit einer eigenen Hundenummer. Dabei zeigen nicht nur die vier
Tiere Kunststücke, sondern auch der Tierlehrer demonstriert sein
akrobatisches Können – und dies sozusagen interaktiv, wenn
Andrei am Boden Rollen schlägt und eines der Tiere dabei auf ihm
klettert oder wenn er auf Händen geht und ein Hund zwischen
seinen Armen Slalom läuft. Beherzt springt Andrei Bocancea zudem
durch einen schmalen Reifen, der von John Lutzny gehalten wird.
Es ist schön zu sehen, wie mit der turbulenten Hundenummer in
bunter Kostümierung des Vorführers das Vermächtnis Rosi
Hocheggers fortgesetzt wird. Einen ruhigen, poetischen
Kontrapunkt zum übrigen Programm setzen Mischa und Jenia bei
ihrer Mischung aus Tanz, Partnerakrobatik und Jonglage mit
großen Bällen. Diese zelebrieren sie in der Mitte eines großen,
silbernen Rings, der kleine Stützen trägt, auf denen die Bälle
auf ihren Einsatz warten.
  
Chantal
Lutzny, Alexander Schneller, Josy Casselly
Alexanders
Schnellers Stimme aus dem Off verrät uns nun die nächste
Reisestation: Sie führt zu den schönen Frauen und starken
Männern in „Bollywood“ in Indien. Los geht es mit einem Tanz von
Josy Casselly sowie Sabrina und Chantal Lutzny in
farbenprächtigen Kostümen. Drei Herren mit Turbanen helfen
Chantal sodann aufs Podiums, wie sie bei ihrer
Kautschukakrobatik mit strahlendem Lächeln ihre enorme
Beweglichkeit unter Beweis stellt. Die „indische Gottheit Shiva“
mit ihren mehreren Armen entpuppt sich als Alexander Schneller,
der sich eine neue Hula-Hoop-Nummer erarbeitet hat. Bis zu fünf
Reifen lässt er um Arme, Körper und Beine kreisen. Für den
Abschluss des großen Bollywood-Bildes sorgt Josy Casselly mit
einer abermals neuen Variante ihrer wohlbekannten, rasanten und
wagemutigen Schwungseilkür. Auf diesen aufwendig und
fantasievoll gestalteten Showblock folgt die Pause.
  
Josy
Casselly, Warren Niemen, Alexander Schneller
Zu Beginn
des zweiten Teils wechseln wir den Kontinent, von Asien begeben
wir uns nach Nordamerika, genauer gesagt in den Wilden Westen.
Dort lässt René Lutzny inmitten einer Szenerie aus hölzernen
Kakteen sein Solopferd paradieren und zeigt, wie gut er die
Peitsche beherrscht – mit einem Schlag zerteilt er eine Zeitung,
die seine Frau Sabrina in den Händen hält. Gleich darauf fesselt
er sie mit gezielten Lassowürfen aus der Ferne. Noch weit
ausgefeilter und ausführlicher ist die Westernshow von Warren
Niemen, der zunächst zwei Peitschen in gegenläufigen Bewegungen
rotieren und knallen lässt, dann zu „Cotton Eye Joe“ ein Lasso
in rasante Drehungen versetzt. Temporeich geht es weiter mit in
der Dunkelheit fluoreszierenden Lassos, Sprüngen durchs drehende
Lasso und schließlich einem Seil, das sich zu einem riesigen
Kreis formt. Die Begeisterung im Publikum ist groß. Für die
Clownerie im Programm wird auf Bekanntes zurückgegriffen: René
Lutzny steht im Mittelpunkt der Amor-Szene im ersten Teil, im
zweiten Teil spielt Eddy Carello den “Jäger“, René Lutzny und
Sohn John die zu erlegenden Wildtiere – ein Zuschauer soll von
dem Geschehen ein Foto machen. Nachdem dies an dem Tücken der
Technik scheitert, entsteht letztendlich ein Bild von allen vier
Akteuren mithilfe eines Selfie-Sticks. Noch weiter bleiben wir
im Wilden Westen, wenn Josy Casselly als Indianersquaw auf
fröhliche Weise vier flott ihre Figuren laufenden Ponys
vorstellt. Und schließlich wagt sich Alexander Schneller
persönlich und engagiert gespielt in die Rolle von „Winnetouch“
aus Bully Herbigs legendärer Westernparodie „Der Schuh des
Manitu“.
  
Chantal
und Joel Lutzny, Alexander Schneller und Eddy Carello, Alisa
Legendär
ist auch Nenas Neue-Deutsche-Welle-Hit „99 Luftballons“, der vor
40 Jahren erstmals erschienen ist. Aus diesem Anlass begleitet
der Song die Geschwister Joel und Chantal Lutzny bei ihrer neu
einstudierten Duo-Nummer an den Strapaten. Dabei trägt er sie
durch eine ganze Reihe anspruchsvoller Halteposen. Auch in der
siebten Saison in Folge beim Circus Pikard präsentiert Eddy
Carello sein famoses Können als Jongleur in einer abermals neuen
Variante. Wieder einmal gibt es seine Rhythmusjonglagen mit
Bällen auf dem Schlagzeug zu sehen; neu ist die Kombination mit
den Jonglagen mit Ringen und Keulen, die Alexander Schneller
simultan dazu arbeitet. Die achtjährige Alisa ist nicht nur die
mit Abstand jüngste Artistin in diesem Programm, sie darf auch
die Schlussnummer übernehmen. Zu „A Million Dreams“ beweist sie,
dass sie nicht nur äußerst beweglich, sondern auch mutig ist –
beispielsweise beim Fers- und beim Genickhang. Pfiffe und Jubel
sind der Lohn. |