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Circus Alex Kaiser - Tour 2024
www.circusalexkaiser.at ; 163 Showfotos

Wien, 28. September 2024: Der Star der Show heißt Germen Kaiser. Der junge Artist und Tierlehrer zeigt im Circus Alex Kaiser zwei verschiedene Dressurnummern mit Pony und Pferden, er ist der Hauptakteur der hauseigenen Jockeyreiter-Truppe und wagt sich gemeinsam mit kolumbianischen Artisten auf Hochseil und Todesrad. Insgesamt überzeugt das ganze Unternehmen mit Circus voller Saft und Kraft. Beim Besuch in Wien-Floridsdorf bietet „der Kaiser in Österreich“ eine tolle, temporeiche Vorstellung im schönen Ambiente mit gewaltiger Lichtanlage.

Die zweitgrößte Stadt im gesamten deutschsprachigen Raum bietet in diesen Herbsttagen mindestens dreimal Circus: das Circus-Theater Roncalli auf dem Rathausplatz im Herzen der Stadt, „Yakari – die indianerstarke Pferdeshow“ auf dem Prater und eben den Circus Alex Kaiser in Floridsdorf, dem 21. Wiener Gemeindebezirk am Stadtrand. Seit vielen Jahren reist das Unternehmen der gleichnamigen deutschen Familie in der Alpenrepublik.


Ambiance bei Tag und bei Nacht

Das genutzte Gelände an einer stark befahrenen, zweispurigen Straße ist dank vorheriger Gastspiele des Circus Safari beim Publikum eingeführt, bietet aber nur eingeschränkten Raum. Hier hat die Familie von Alex Kaiser das größere ihrer beiden Viermast-Chapiteaus in weiß mit rotem Dekor errichtet. Die Rundbögen zwischen den Mastenpaaren und jeweils fünf Flaggen obendrauf, der große Kaiser-Schriftzug auf dem Zelt und der Paradezaun mit dem Eingangsportal, dieses mit Alex-Kaiser-Leuchtschrift, schaffen ein einladendes Bild. Auf ein Vorzelt muss aufgrund der begrenzten Platzverhältnisse verzichtet werden. Rechter Hand finden wir somit den Restaurationswagen im Freien, links einige Dixie-Toiletten. Ein Toilettenwagen würde mit der Qualität des sonstigen Materials und des Programms besser korrespondieren. Im Inneren des Spielzeltes bewirken Logenstühle, Schalensitztribüne und der Artisteneingang aus rotem Stoff eine einladende Atmosphäre. Äußerst umfangreich bestückt ist die Lichtanlage, deren Scheinwerfer an drei Traversen zwischen den Masten, in der Zeltkuppel, am Artisteneingang und ringsum an der Rückwand des Gradins angebracht sind. Damit wird die Show in ein wahres Farbenmeer getaucht.


Germen Kaiser, Jason Medini-Torregrossa, Veronika Khistova

Clown Jason Medini-Torregrossa begrüßt beim Warm-up vor der Show die Kids ringsum im voll besetzten Zelt mit Handschlägen, balanciert einen Staubwedel auf seinem Kopf oder lässt sich ein Kind daran versuchen. Nach der Ouvertüre heißt Alex Kaiser, ein Sohn des verstorbenen Circusdirektors Edmund Kaiser, das Publikum in Reimform willkommen. Im weiteren Verlauf der Vorstellung führt er mit engagierten Moderationen durchs Programm. Weil der hauseigene Viererzug Pferde derzeit pausieren muss, präsentiert uns Germen Kaiser im eleganten, schwarzen Livree ein goldfarbenes Solopferd, unter anderem mit Rückwärtslauf, Hürdenlauf und Knicks. Mit Puscheln geschmückt ist der Schimmel, der als Da Capo einen Vorwärtssteiger zeigt. Clown Jason erweist sich als motivierter, sympathischer Begleiter durchs Programm. Zunächst erzeugt er mit einem Klatschspiel Stimmung, dann balanciert er einen Tennisball auf seinem Kopf – mit Vorteil, denn dank des Stirnbands mit Klettverschlusss-Technik kann der Ball garantiert nicht herunterfallen. Ohne solch augenzwinkerndes Flunkern kommt Veronika Khistova aus, die uns mit ihrer außergewöhnlichen Hula-Hoop-Nummer verzaubert. Zu ruhiger Musik lässt sie sich zunächst in den Spagat gleiten, während sie auf ihrer Stirn einen Reifen balanciert. Stehend und ebenfalls mit einem Reifen auf der Stirn gelingt es ihr, drei kleinere Reifen zu jonglieren und einen weiteren, größeren um ihre Knie kreisen zu lassen. Wenn sie einen einarmigen Handstand drückt, bewegt sie mit den übrigen drei Extremitäten jeweils einen Ring. Und schließlich sind es sieben Reifen, die um ihre Arme, ihre Beine und ihren Rumpf rotieren. Ein starker Auftritt, charmant und mit stetem Lächeln im geschmackvollen blauen Kostüm vorgetragen.


Los Germanos. Polina, Alex Kaiser, Jason Medini-Torregrossa

Clown Jason hat seine liebe Not, wenn er ein elastisches Band spannen will, doch die um Hilfe gebetenen Logengäste es immer wieder schnalzen lassen – dazu animiert von Juniorchef Maiwen Kaiser, der freilich am Ende der Gelackmeierte ist. Seine starke Jonglagenummer ist derzeit aus gesundheitlichen Gründen nicht im Programm. Voller Verblüffung erkennen wir auf dem Hochseil, neben den kolumbianischen Artisten Raúlito Gil und Luis Robeiro Quiceno, auch Direktionsspross Germen Kaiser. Entsprechend wird das Trio als „Los Germanos“ angekündigt. Rückwärtsrolle, Sprünge über ein und zwei auf dem Seil kauernde Partner, Zwei-Personen-Hoch, Fahrradfahrt, Seilspringen und die Dreierpyramide mit freiem Stand auf dem Stuhl sind wesentliche Bestandteile des Repertoires. Wie uns später berichtet wird, ist der dritte kolumbianische Partner aktuell verletzt, so dass Germen Kaiser seinen Sprung von Schulter zu Schulter zweier Untermänner derzeit nicht wagen kann. Direkt im Anschluss geht es gleich nochmals hoch hinaus. Rote Strapatentücher, ein rotes Kostüm und offene, blond gelockte Haare – es ist ein wunderbarer Anblick, wie Polina aus der Ukraine hier zwischen Posen, Abfallern und Spagat wechselt, auch wenn die Darbietung recht kompakt erscheint. Heiterkeit löst Clown Jason aus, wenn er sich mit einem Jungen aus dem Publikum im Wasserspucken misst. Beim abschließenden „Duell“ profitiert Jason vom schier unerschöpflichen Wasservorrat in seinen Backen.


Alex Kaiser, Germen Kaiser, Polina

Viel zu selten dürfen wir uns heute an Bildern des klassischen Circus erfreuen, die noch vor wenigen Jahren selbstverständlich waren. Hier gibt es diese noch, wenn Direktor Alex Kaiser im schönen Kostüm mit Glitzerjacke drei mit Prunkdecken geschmückte Kamele zu einer Freiheitsdressur anleitet. Als die mächtigen Tiere mit den Vorderbeinen auf die Piste steigen, nutzen die Logengäste gerne die Möglichkeit zur Kontaktaufnahme. Und noch ein klassisches Circusbild folgt vor der Pause mit der Reitertruppe Kaiser. Im Mittelpunkt der Jockey-Nummer steht wiederum Germen Kaiser, der auf dem Pferderücken über eine Gerte springt, das Seilspringen beherrscht und mit drei Keulen jongliert. Dem Trio gehören darüber hinaus sein jüngerer Bruder Sharon und dessen Freundin Veronika Khistova an. Am Ende reiten alle drei auf einem Pferd. Den zweiten Teil des Programms eröffnet Polina mit einer weiteren Luftnummer. Nunmehr ist es ein Ring, an dem sie ohne Longensicherung Kraft, Mut und Beweglichkeit demonstriert, dies beispielsweise mit Kniehang an einem Bein, Fershang und mit einem rasanten Wirbel, bei dem sie sich mit den Händen am Requisit hält.


Sharon Kaiser, Jason Medini-Torregrossa, Germen Kaiser

„I’m still standing“ liefert gleich darauf die rasante Musikbegleitung, wenn Sharon Kaiser – assistiert von Veronika Khistova – zwei Dalmatiner unter anderem zu Reifensprüngen und zum Seilspringen anleitet. Im Kraftmenschen-Outfit serviert Clown Jason seine Version der Schleuderbrett-Reprise, in der ein Mitspieler aus dem Publikum eine besondere Überraschung erlebt. Einen weiteren Beweis seiner enormen Vielseitigkeit erbringt Germen Kaiser mit der Vorführung eines Groß und Klein. Pferd und Pony sind in gleicher Weise braun-weiß gescheckt. Als Spitzenleistung kündigt Alex Kaiser jenen Trick an, bei dem das mit Federpuscheln geschmückte Pony auf einem Postament steht und das Pony mit einem Satz zwischen seine Beine springt und dort stehen bleibt.


Veronika Kistova, Finale, Luis Robeiro Quiceno

Und auch der folgende Auftritt von Veronika Khistova wird von dem Direktor besonders herausgestellt, denn sie war Teilnehmerin beim „Supertalent“. Ihre Handstandnummer gefällt uns in der neuen, „erwachsenen“ Variante deutlich besser als die kindliche Version, die zunächst bei Salto Natale und dann im Schweizer Circus Harlekin zu erleben war. Früher arbeitete die Ukrainerin in einem Rock, der ihr bei den Handständen über ihren Kopf fiel und diesen verdeckte. Stattdessen wurde ein Puppenkopf sichtbar, der in der Höhe ihres Gesäßes auf ihrem Kostüm prangte. Nun tritt Veronika Khistova im klassischen Stil auf. Auf ihrem Piedestal ist ein einziger Handstab angebracht, auf dem sie ihre sehr starken Figuren elegant und zugleich mit großer Ausdauer zelebriert. Zum Abschluss hüpft die Artistin in beeindruckender Weise im einarmigen Handstand die neun Stufen des Requisits hinauf. Mit „Hello Dolly“, auf der Trompete gespielt, überbrückt Jason Medini-Torregrossa den Aufbau des Todesrades. Auf diesem sorgen nochmals „Los Germanos“ für Spannung. Germen Kaiser läuft und springt auf der einen Seite des Rades im Kessel, auf der anderen Seite wechseln sich seine beiden kolumbianischen Mitstreiter ab. Raúlito Gil beherrscht den einarmigen Aufschwung am Rad, Luis Robeiro Quiceno den Blindlauf, das Seilspringen, den Lauf über die Achse und hohe Sprünge. Beim Schlusskompliment verlangt Direktor Alex Kaiser eine Standing Ovation, und das Publikum folgt der Aufforderung praktisch ausnahmslos.

Und kurz darauf applaudieren wir, ganz ohne vorherigen Hinweis, nochmals stehend – im Finale, das mit einer Flaggenparade eingeleitet wird. Mit einem überschaubaren Ensemble und einer Mischung aus Familienmitgliedern und engagierten Künstlern wird hier großer, begeisternder Circus geboten. Die Gesamtpräsentation hat sich seit unserem letzten Besuch 2020 nochmals verbessert. Offensichtlich haben auch die Wiener Gefallen an dem Unternehmen gefunden, denn das Gastspiel in Floridsdorf wurde aufgrund der hohen Nachfrage verlängert, ehe die Familie Kaiser innerhalb der Hauptstadt auf einen weiteren Platz umzog, nunmehr an den Gasometer im 11. Bezirk.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Moll