Jeder
kennt jeden, alle grüßen sich. Kein Wunder, ist der Gastspielort
Nodebo doch ein Dorf mit rund 2.000 Einwohnern. Für eine einzige
Vorstellung hat der Cirkus Arli hier sein Chapiteau aufgebaut,
an deren Eingang die Direktionsfamilie ihre Gäste persönlich
begrüßt. Zum Start der Show sind die Plätze auf den Logenstühlen
und den drei gepolsterten Bankreihen des Gradins bestens
gefüllt.

Das
neue Chapiteau des Cirkus Arli in Nodebo
Das
Spielzelt sieht vertraut aus, ist aber neu. Es wurde zu Beginn
der Saison in Betrieb genommen und hat das gleiche Design wie
das alte. Orange und gelb sind seine Farben, wie die des
gesamten Unternehmens. Anders ist, dass die Plane jetzt von zwei
Gitterrohrmasten anstatt von Stalhlrohrmasten getragen wird.
Bereits seit der vergangenen Spielzeit gibt es einen neuen
Artisteneingang mit viel rotem Stoff, einer beleuchteten
Umrandung im oberen Bereich und dem Unternehmensnamen im
Zentrum.

Tara
Toya
Die
wichtigste und auffälligste Neuerung aber ist quicklebendig.
Tara Toya eröffnet singend die Show. Die Ehefrau von Juniorchef
Alexander Arli ist ausgebildete Schauspielerin, Sängerin und
Tänzerin. Ein wahrer Glücksfall, der das Programm ordentlich
aufmischt, ihm neuen Schwung gibt. Gleich beim Opening wirbelt
Tara sympathisch über die erhöhte Bühne und interpretiert ihren
ersten Song, während sich die Mitwirkenden vorstellen. Für die
Begrüßungsworte übergibt sie das Mikrofon an Schwiegermutter
Bettina Arli, die eine funkelnde Uniform mit Frack und Zylinder in den
Hausfarben trägt. Bettina Arli verdreht ordentlich die Augen im Stil von „Was
hat unser Sohn denn da angeschleppt?“. Diese Neckereien werden
in den kommenden Szenen weitergesponnen. Tara versucht sich auf
ganz eigene Weise in den Circus einzubringen, Bettina Arli hat
für diesen Firlefanz wenig Verständnis. So zumindest meine
Interpretation ohne jegliche dänische Sprachkenntnisse. Zudem
gehe ich natürlich davon aus, dass alles nur gespielt ist und
dass hinter dem Vorhang beste Eintracht herrscht.
  
Duo
Polupan, Bettina Arli, Martin Arli
Das Duo
Polupan ist schon seit einigen Jahren mit unterschiedlichen
Darbietungen beim Cirkus Arli engagiert. In dieser Saison
begeistern sie mit Sport Stacking, also sportlichem
Becherstapeln, im XXL-Format. Mit großen weißen Bechern
jonglieren Jelena Vasiljeva und Sergey Polupan, werfen sie sich
gegenseitig zu und bauen damit Pyramiden. Es ist eine grandiose
Idee, das Freizeitvergnügen in eine
showtaugliche Nummer zu übertragen. Zudem sind die Akteure mit
sichtlich Freude dabei. Originell ebenfalls der Auftrittsstil.
Das Duo Polupan trägt Dirndl beziehungsweise Lederhose, dazu
läuft alpenländische Musik. Wie man mit einem weißen Tuch
zaubern könnte, probiert sodann Tara Toya aus. Doch
Sprechstallmeisterin Bettina Arli weiß, wer diese Kunst viel
besser beherrscht. Die kleinen Illusionen von Direktor Martin Arli sind fester Bestandteil der Shows. Formvollendet gekleidet
spielt der Magier mit einem Lichtpunkt, manipuliert im UV-Licht
Schnüre und verknotet Metallringe. Mit weißem Bart und runder
Brille verkörpert er einen Zauberer aus dem Bilderbuch. Vier
röhrenförmige Gliedmaßen und einen kleinen Körper hat der Human
Slinky, der sodann seine enorme Beweglichkeit demonstriert. Groß
ist das Staunen, wenn am Ende die sympathische Adriana Wolf dem
Kostüm entsteigt.
  
Alexander Arli, Jennifer Saabel, Adriana Wolf
Der
nächste Dialog zwischen Bettina Arli und Tara Toya mündet in die
Clownsnummer, welche Tara mit Ehemann Alexander aufführt. In den
vergangenen Jahren war Francesco Fratellini der Counterpart von
Alexander, jetzt spielt er gemeinsam mit Tara einen Sketch, bei
dem Luftballons zerschossen werden sollen. Die meisten davon
platzen, bevor es zum eigentlichen Kunststück kommt. Für
Alexander gerät der Auftritt schließlich reichlich nass. Der
erste Teil endet mit der Hundedressur der Familie Saabel.
Vorgeführt werden die Huskys und Samojeden-Spitze von Jennifer,
Mutter Tiziana assistiert im Hintergrund. Aufgrund des
begrenzten Platzes müssen wir etwa auf die Schlittenfahrt und
die Partien auf der Rutschbahn verzichten. Nichtsdestotrotz
zeigen die wunderschönen Tiere eine Vielzahl von Tricks. Etwa
das Seilspringen, Sprünge durch Reifen und einen Fächer. Das
Kostüm von Jennifer Saabel und die Requisiten nehmen uns mit in
Polargebiete. Das in der folgenden Pause zu konsumierende
Popcorn gibt es schon einmal vorab von Tara Toya für die Gäste
in der ersten Reihe frei Haus. Im neuen Kostüm begrüßt uns Tara
nach der Unterbrechung. Frech setzt sie sich den auf der Bühne
liegenden „Zauberzylinder“ von Martin Arli auf den Kopf. Sodann
begleitet sie gesanglich mit einem Medley aus verschiedenen
Musicals die Akrobatik am Luftring von Adriana Wolf. Mit einem
gewinnenden Lächeln geht es Richtung Kuppel. Die Kür beginnt mit
dem Zehenhang, zum Finale gibt es den Nackenwirbel. Dazwischen
beweist die Artistin viel Körperbeherrschung und einen
ausgeprägten Gleichgewichtssinn. Ferner weiß Adriana Wolf ihre
Kunst sehr charmant zu präsentieren.


Jennifer Saabel, Jelena Vasiljeva, Antonin Navratil
In einen
Candy Shop nimmt uns Jennifer Saabel mit. Darin jongliert sie
überdimensionale „Süßigkeiten“ mit den Füßen. Eine Zuckerstange,
Tücher und Bälle fliegen bei ihren Antipodenspielen virtuos
durch die Luft. Über ein Gestell mit mehreren Plattformen
bugsiert sie einen Ball in einen Korb am oberen Ende der
Konstruktion. Abschließend lässt Jennifer je einen Teppich auf
Händen und Füßen rotieren, während sie kopfüber in die Luft
gezogen wird. Auch Jelena Vasiljevas zweite Darbietung findet
viel über der Manege statt. Das ist, zumindest für eine Hula
Hoop-Nummer, ungewöhnlich. Denn hier lässt sich die
Protagonistin immer wieder mittels einer Schlaufe in die Höhe
ziehen, während sie Ringe mit den verschiedensten Körperteile in
Bewegung hält. Dies sogar mit den Füßen oben, während Reifen um
einen Arm und das andere Bein rotieren. Was es anderswo als Zugabe
gibt, bildet bei Jelena Vasiljeva den Kern des Auftritts. Dazu
gibt es klassische Tricks des Genres auf der Bühne. Tara Toya
und Alexander Arli sorgen sodann noch einmal für Spaß. Dabei
steckt Tara unter anderem große Nadeln in den unter einem Tuch
versteckten Kopf von Alexander. Zum Glück entpuppt der sich kurz
darauf als Kohlkopf. Die Schlussnummer gehört Antonin Navratil.
Diese führt uns noch einmal Richtung Kuppel, denn er arbeitet am
Washington-Trapez. Auf der Trapezstange kniend, nimmt er ein
darauf liegendes Tuch mit dem Mund auf. Auf einem Stuhl
balancierend hält er sich sowohl im Sitzen als auch im Stehen im
Gleichgewicht. Den Kopfstand auf dem schwingenden Trapez zeigt
Anton Navratil sogar mit verbundenen Augen. In einem lebendigen
Finale verabschiedet sich die Mitwirkenden vom begeistert
applaudierenden Publikum. |