Für sein ans Ende
der Saison gesetztes Gastspiel in Prag steht der Circus zwischen
Messehallen und einem Sportflughafen am Ende eines Parkplatzes.
Dank Metro-Anbindung ist der Platz vom Zentrum aus gut zu
erreichen.
Cirkus
Humberto in Prag
Schon von weitem
sichtbar ist die Fassade, auf der – wie sollte es anders sein –
Zeichnungen von Tieren zu sehen sind. Die weitere Front besteht
aus einem Holzzaun mit Lichterbögen und Circuswagen. Auf der
linken Seite steht in großen Lettern der Name des Unternehmens
auf dem Boden. Dahinter finden sich der weitere Fuhrpark, die
Campings der Artisten und natürlich die großzügige Tierschau.
Beherrscht wird die Optik vom Chapiteau. Der Viermaster mit
Quaderpols ist in den Farben Rot und Gelb gehalten. Betreten
wird er durch das der Länge nach aufgebaute Vorzelt. Links
befinden sich die Restauration und der Souvenirstand, rechts
Tische und Stühle. An den Wänden hängen Transparente, darauf
abgebildet historische Dokumente und aktuelle Fotos aus der
Show. Im Hauptzelt gibt es auf dem Gradin acht Reihen mit
Schalensitzen, dazu Stühle in den Logen. Über der roten Gardine
prangt der Unternehmensname.
Szene aus
dem Opening
Grundsätzlich
kommt der Cirkus Humberto ganz klassisch daher. Im Programm wird
aber ein Mix aus Tradition und Moderne gewagt. Die Regie für die
Show hat Irina Rizaeva geführt, die wir insbesondere von Flic
Flac kennen. Auch die Werbemittel sind eher modern gehalten. So
etwa das umfangreiche Programmheft mit hochwertigen Fotos.
Insbesondere bei Opening und Finale gibt es flotte
Choreographien des Ensembles in jugendlichen Outfits. Dazu
Zwischenspiele während der Vorstellung und kleine Einlagen bei
einzelnen Nummern. „Bez Limitu“ - „No Limits“ heißt der Titel
der Produktion. Die Begrüßung übernimmt Direktor Hynek Navratil
im roten Livree.
William
Tournoud, Amedeo Folco
Nach der Eröffnung
durch das Ensemble gehört die mit Sägemehl ausgelegte Manege
Amedeo Folco. Elegant präsentiert er einen Sechserzug mit
jeweils drei weißen und braunen Arabern. Die Pferde laufen prima
und die Vorführung hat den notwendigen Schwung. Die Trickfolge
beinhaltet etwa Fächer, Gegenlauf und Gruppensteiger. Artisten
mit Fußbällen leiten auf dem Gradin über zur ersten artistischen
Nummer. Dieser Part der Show findet zumeist in luftiger Höhe
statt. Dies sogar beim Genre Rola Rola. Denn William Tournoud
arbeitet seine Balancen auf einer Plattform, die Richtung Kuppel
gezogen wird. Nach Angaben des jungen Franzosen einmalig in
Europa. So wird das „Sich-im-Gleichgewicht-Halten“ noch
anspruchsvoller, für das Publikum ergeben sich innovative
Bilder. Seilspringen auf Brett und Walze, das Stehen auf einem
Turm aus mehreren Walzen etwa sind im Repertoire, aber auch das
Balancieren auf einem Ball mit verbundenen Augen. Das alles
verkauft William Tournoud sehr überzeugend. Die hauseigenen
Tierdressuren präsentiert Hynek Navratil selbst. Die Akteure der
Pudelrevue kommen in einer kleinen Kutsche herein, die von einem
Pony gezogen wird. Die Hunde mit verschiedenen Fellfarben laufen
auf den Hinterbeinen, springen durch Reifen und haben noch
weitere Tricks auf Lager.
Mr. Chap,
Anastasiia Mudrak, Hynek Navratil
Nachdem Mr. Chap
bereits beim Einlass zugegen war und das Warm up gestaltete, hat
er mit einem Luftballon nun seinen ersten „richtigen“ Auftritt
im Programm. Der Clown war in Deutschland etwa schon bei
Sarrasani und dem Waiblinger Weihnachtscircus zu sehen. Nach
dieser humoristischen Einlage geht es wieder in die Luft.
Akrobatik an Tüchern zelebriert Anastasiia Mudrak. Sie startet
mit zwei Kolleginnen auf dem Boden, wo sie auf Stühlen eine
kleine Choreographie zeigen. Unter der Kuppel erleben wir die
Ukrainerin dann etwa mit dem freihändigen Spagat. Kraftvolle
Flüge durch den Raum, Umschwünge und Abfaller sehen bei der
jungen Artistin ganz einfach aus. Gleich sechs Mitspieler aus
dem Publikum benötigt Mr. Chap für seinen originellen Boxkampf.
Alleine vier davon bilden die Ringecken. Ein weiterer schlägt
den Gong, der sechste ist sein Gegner. Es sieht spektakulär aus,
wenn die beiden Kämpfer im Zeitlupentempo aufeinander
einschlagen. Dazwischen bleibt genug Zeit für allerlei
Kabinettstückchen. Gleich acht Dromedare und Trampeltiere leitet
Hynek Navratil zu verschiedenen Lauffiguren an. Es ergibt schon
ein imposantes Bild, wenn die majestätischen Tiere mit ihren
blauen Decken auf dem Rücken durch die Manege laufen. Danach
liegen sie nebeneinander ab. Zwei von ihnen drehen sich auf
Podesten um die eigene Achse, bevor mehrere Lamas über zwei
wiederum abliegende Kamele springen. Anschließend führt der
Direktor drei Zebras vor. Zwei Pferde, die eine Runde mit den
hinteren Hufen auf der Piste und den vorderen auf dem Sägemehl
drehen, beenden diese Darbietung.
Amedeo
Folco, Hynek Navratil
Doch schon beim
nächsten Auftritt stehen wieder die Tiere im Mittelpunkt.
Jeweils zwei Pferde und indische Elefanten hören auf die
Kommandos von Amedeo Folco. Die ungemein abwechslungsreiche
Trickfolge läuft sehr flüssig ab. Das Auge wird mit
wunderschönen Bildern verwöhnt, die die prächtigen Vierbeiner
und ihr Trainer kreieren. Umso mehr, als Elefanten inzwischen
eine echte Rarität in einer Circusmanege darstellen. Ich habe
diese Nummer von Anfang bis Ende genossen. Sie stellt vollkommen
zurecht den Schlusspunkt der ersten Hälfte dar. In der folgenden
Pause haben die Zuschauer Gelegenheit, sich mit den Elefanten
fotografieren zu lassen. Mit Zaubereien mit Hasen geht es in den
zweiten Teil. Mr. Chap geht hierbei frisch ans Werk. Zwei Herren
in weißen Hemden, Amedeo Folco und Jongleur Ludwig, umgarnen
Alexandra Rizaeva. Doch letztendlich hat keiner der potentiellen
Liebhaber Erfolg, die Artistin entschwindet in die Höhe, um ihre
Kür an der Luftspirale zu zeigen. Gelenkigkeit, Geschicklichkeit
und ein wenig Wagemut bilden hier eine harmonische Melange. Mit
einem freilaufenden Bären präsentiert Hynek Navratil gleich noch
eine Seltenheit. In der kurzen Dressurfolge erleben wir das
Rotieren von Reifen um den Hals und die Fahrt auf einem
Tretroller.
Anastasiia
Tolstova, Anastasiia Mudrak, Duo Warriors
Anastasiia
Tolstova hat sich ebenfalls Reifen als Requisiten ausgesucht.
Bei ihr sieht es ungleich filigraner aus, wenn sie die Ringe um
die verschiedensten Körperteile kreisen lässt. Dies sogar im
Handstand. Mit einer Vielzahl von Ringen beschließt sie ihre
Hula-Hoop-Akrobatik. Auf Unterstützung aus dem Publikum darf Mr.
Chap auch bei seiner witzigen Filmszene zählen. Darin duellieren
sich zwei Ritter um ein Burgfräulein. Eine Tür, die immer wieder
durchschritten werden muss, spielt eine nicht unwesentliche
Rolle. Bei den Jonglagen von Ludwig fliegen die Bälle nicht
vertikal, sondern horizontal. Immer mehr der großen
fluoreszierenden orangenen Bälle, die an unsichtbaren Schnüren
hängen, lässt er durch den abgedunkelten Raum wandern. So
ergeben sich neuartige Effekte. Von einigen ihrer
Künstlerkolleginnen wird Anastasiia Mudrak begleitet, bevor sie
am Tanztrapez über der Manege arbeitet. Ausdrucksstark
präsentiert sie ihre originelle Trickfolge, die Zuschauer folgen
ihr gebannt. Mitfiebern ist bei der Schlussnummer angesagt.
Darin strapazieren Nico und Stanley unsere Nerven. Als Duo
Warriors laufen sie in atemberaubendem Tempo über das Todesrad.
Das sowohl innen als auch außen. Der Lauf mit verbundenen Augen
sowie das Seilspringen bilden die Höhepunkte. Schön gestaltet
ist das Finale, in dem sich alle Mitwirkenden ausführlich
verabschieden und den begeisterten Schlussapplaus
entgegennehmen. |