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Stationen im flächenmäßig größten und bevölkerungsreichsten
Bundesland der Alpenrepublik stehen in der Saison 2024 auf dem
Tourneeplan. Und wie das Edelmetall schimmert auch der Ansatz,
in einem zumindest in Teilen festen Ensemble gemeinsam zu leben,
zu arbeiten und Jahr für Jahr etwas Neues auf die Beine zu
stellen. Ein Schatten ist auf den Hochglanz gefallen, als die
Hausartisten Eddy Carello und Josy Casselly, die wir hier
während zehn Saisons am Stück erlebten, in der Sommerpause den
Circus Pikard verlassen haben. Als Ersatz wurden die bekannte
Handstandartistin Kelly Saabel, das Duo TN – Tomas und Natália –
sowie Luftakrobat Freddy verpflichtet.
Szene
aus dem Finale
Nach dem
Wechsel im Cast wurde sogar eine neue Version des aufwendig
gestalteten Programmheftes herausgegeben. Nach der Vorstellung
können wir uns, traditionell bei Pikard, in der Manege
Autogramme geben lassen, für die eine Doppelseite in der
Heftmitte zur Verfügung steht. Darüber hinaus beschreibt das
Heft die Geschichte des Circus Pikard. Jenö Schneller, der Vater
von Circusgründer Ernö Schneller, heiratete Olympia Picard, was
sich heute noch im Namen des Unternehmens widerspiegelt. Die
Familie reiste vor und nach dem Zweiten Weltkrieg mit ihrem
Circus in Ungarn. Ernö Schneller war mit seinen Brüdern Johann
und Karoly als Jonglage-Trio erfolgreich, arbeitete dann solo
und später gemeinsam mit seiner von privat kommenden Ehefrau
Elisabeth. Gemeinsam bekam das Paar vier Kinder – Sohn Alexander
sowie die Töchter Romana, Ilona und Sissi. 1989 gründeten Ernö
und Elisabeth Schneller nach ihrer erfolgreichen Karriere im
Engagement den Circus Pikard, der nach Ernös Tod im Jahr 2004
von seiner Witwe fortgeführt wurde. Seit einigen Jahren steht
Alexander Schneller als Direktor im Fokus. Mutter Elisabeth
unterstützt vom Winterquartier in der Nähe von Hollabrunn aus,
Schwester Ilona ist weiterhin mit auf Reisen.
Jimmie,
Alexander Schneller, Duo TN
Der
Niederländer David Valentino verwandelt sich im Prolog,
begleitet von einem italienischen Schlager, in den Clown Jimmie
mit zu großen Schuhen, weiß geschminkten Lippen und roter Nase.
Passend zum Programmotto schmettert dann Jasmin Wagners Schlager
„Ein Herz aus Gold“ im großen Opening aus den Boxen. Das ganze
Ensemble marschiert durch die Manege. Die Livrees der Damen und
die Westen der Herren sind aus dem gleichen Stoff gestaltet, auf
dem vielfach das Logo des Circus Pikard aufgedruckt ist. Dazu
tragen die Damen aufwendige, goldene Hüte mit Federschmuck und
Direktor Alexander Schneller eine edle Kombination aus Hose,
Weste, Mantel und Hut in Weiß und Gold. „Klatscht, tanzt und
singt mit“, ruft er ins Publikum, heißt willkommen zum
„Heimspiel im Hollabrunner Circus Pikard“. Die schneeweißen
Zeltanlagen wurden hier auf dem Messegelände aufgeschlagen. „35
Jahre“ steht in einzelnen Ziffern und Buchstaben auf den Tafeln,
welche die Crew zum Abschluss dieses schwungvollen Auftakts in
die Höhe hält. Die erste Nummer übernimmt das Duo TN. „Real
Quick Change“ beschreiben die beiden Künstler ihre Darbietung,
und das nicht zu Unrecht, denn in wirklich rasanter
Geschwindigkeit und auf immer neue, verblüffende Weisen –
zuletzt im Flitterregen – wechselt Natália ihre Kleider. Auch
Partner Tomas tauscht die Outfits, vom eleganten weißen Anzug
über den roten Streetwear-Tracksuit mit Baseball-Cap zum
Circuskostüm. Das Bild eines traditionellen, freundlichen und
sympathischen Clowns verkörpert Jimmie auch, wenn er mit seiner
Fotokamera mit „Vögelchen“ Bilder mit dem Selbstauslöser macht
und das Gerät dabei ein Foto von ihm mit Athleten-Figur
produziert.
Südsee-Schaubild mit Ensemble und Alexander Schneller
Seit
Romana Schneller mit ihrer Familie ein neues Leben im Privaten
gewählt hat, sind die Lutznys aus Deutschland ein prägender
Bestandteil der Pikard-Programme, nunmehr im fünften Jahr. Die
Eltern Sabrina und René sowie Tochter Chantal und Sohn Joel
wirken auch im hauseigenen Südsee-Schaubild mit, das für das
Jubiläumsprogramm eine Neuauflage erlebt. Schnell wird im
Hintergrund die bekannte „Tiki Bar“ aufgeschlagen. Davor
demonstrieren die Akteure erstmal ihre Fähigkeiten bei einem
fröhlichen Limbo-Tanz, die Damen in bunten Südsee-Röcken, die
Herren in lockeren Strand-Outfits, gerne auch mit weißen
Tennissocken in Badelatschen. Das Schaubild setzt sich mit einer
dreifache Hula-Hoop-Show fort. Im Zentrum des Geschehens steht
Alexander Schneller, der bis zu fünf Reifen um Arme, Beine und
Rumpf kreisen lässt. Chantal Lutzny nutzt ihre Ringe eher zum
Jonglieren, und Pikard-Neuzugang Sharon Pellegrini lässt gleich
ein ganzes Bündel Reifen um ihren Körper kreisen. Wie in einem
Jukebox-Musical à la "Mamma Mia" folgt in diesem Programm und
speziell während der Südsee-Szenerie musikalisch Hit auf Hit,
vom „Limbo Dance“ über „Macarena“ bis „Mambo Number Five“. Das
schafft Stimmung und ungeheure Dynamik.
Freddy, Alexander
Schneller, Sabrina Lutzny
Und so
geht es weiter, wenn Gastartist Freddy zu einem Queen-Medley an
den Strapaten arbeitet, sich kraftvoll auf- und abwickelt und
rasant in einem Wirbel dreht. Ganz wie Freddy Mercury trägt auch
er einen Schnauzbart. Nachdem Direktor Alexander Schneller in
den vergangenen Saisons häufiger den Gastartisten den Vortritt
ließ, hat er sich zum Jubiläum bewusst für mehr Präsenz in der
Show entschieden, hierbei dem Publikumswunsch folgend. Und so
überrascht er uns mit einer neuen Variante seiner Jonglagenummer,
klassisch gestaltet im blauen Circuskostüm und mit der hübschen
Sharon Pellegrini als Assistentin. Auf Bouncing-Jonglagen mit
sieben Bällen folgen Touren in die Luft, erst mit sieben Ringen,
dann mit fünf Keulen. Das Jonglage-Thema greift Jimmie in einer
schönen Reprise auf. Ihm gelingt es, mit einer Vielzahl von
Bällen zu jonglieren, denn sie sind in drei Bündeln aneinander
befestigt. Geheimnisvoll wird es, wenn in der abgedunkelten
Manege zwei Gestalten in schwarzen Kapuzenumhängen und mit
Fackeln in den Händen erscheinen. Schnell erkennen wir das
Ehepaar Lutzny. Während René Lutzny Feuer schluckt und spuckt
sowie die lodernden Flammen ganz nah an seinem nackten Oberarm
vorbeiführt, lässt seine Frau Sabrina tanzend ein Feuerrad aus
zehn Fackeln kreisen. Auch Alexander Schneller wirkt mit, mit
zwei an den Enden brennenden Stäben. „Fire“ von Scooter liefert
die Untermalung. Somit geht es nach einer kompakten ersten
Hälfte in die Pause.
Tomas,
Sabrina und René Lutzny, Alexander Schneller und Sharon
Pellegrini
Teil zwei
eröffnen wiederum Sabrina und René Lutzny, nunmehr in Dirndl und
Tracht, mit ihrer Haustiernummer. Vier Ziegen beweisen ihre
Geschicklichkeit beim Balkenlauf oder auf der Wippe, zwei Hunde
springen durch Reifen oder sitzen auf Kommando hoch. Im
Hintergrund assistieren die beiden Söhne Joel und John. Im
Anschluss erfreut Clown Jimmie mit seinem Spiel auf der
Flaschenorgel. Pikard-typisch voll guter Laune und stets mit
einem Grinsen treten Sharon Pellegrini und Alexander Schneller
gemeinsam als Barbie und Ken auf. Dabei lässt Alexander bei
seinen Antipodenspielen nacheinander fünf Basketbälle, vier
Tücher und eine runde Platte mit vier an den Enden brennenden
Stäben über seine Hände und Füße tanzen. Sharon ist die hübsche,
blonde Assistentin. Nun kommt bei zwei Darbietungen nacheinander
ein Metallwürfel zum Einsatz. Das etwas größere Exemplar
verwendet Tomas aus dem Duo TN für eine Kubusjonglage. Mal dreht
die Spitze des Gestells auf seinem Kopf, mal bewegt er sie mit
den Händen. Zu Beginn der Nummer lassen seine Partnerin Natália
und er blitzschnell zwei Metall-Rechtecke kreisen.
Chantal Lutzny,
Jimmie, Kelly Saabel
Die etwas
kleinere, würfelförmige Metallkonstruktion ist das Requisit der
nachfolgenden Luftnummer von Chantal Lutzny. Zum
Greatest-Showman-Filmsong „This is me“ beweist sie mit
strahlendem Lächeln und im schönen Kostüm Mut, Kraft und hohe
Beweglichkeit, etwa bei kontorsionistischen Figuren und dem
abschließenden Wirbel. Ob Saxofon oder Klarinette, ob Quer- oder
Blockflöte, ob große oder kleine Mundharmonika oder auch eine
Art „Luftpumpe“: Im Dialog mit Alexander Schneller muss Clown
Jimmie lernen, dass das Musizieren auf sämtlichen Instrumenten
beim Pikard verboten ist. Wir dagegen erfahren, auf wie viele
verschiedene Weisen der freundliche Niederländer Musik spielen
kann. Bis hin zur Trompete, auf der „Oh when the Saints“
erklingt. Als „Elfe aus dem Herrn der Ringe“ kündigt Alexander
Schneller die letzte Artistin dieser Vorstellung an. Gemeint ist
natürlich Kelly Saabel. Auf einem wunderbar gestalteten Holzboot
zeigt sie ihre eleganten, hochklassigen Handstände und
beschließt den Auftritt treffsicher mit dem Bogenschuss, mit den
Füßen ausgelöst, auf einen Ballon. |