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Wiesbaden, 18. Juni 2005: Eigentlich schade, dass sich der
Circus Jonny Casselly auf
Kindermitmachcircus spezialisiert hat, denn was die
insgesamt sieben Kinder von Hertha Maria und
Jonny Casselly, unterstützt von Jonny juniors Frau
Jessica, aufbieten, wenn sie doch einmal ihr gesamtes
Programm zeigen, ist einsame Spitze. Für einen
Familiencircus geradezu sensationell und kaum
überbietbar. Aber auch einige Mittel- und Großcircusse
müssen sich nach meinem Empfinden ordentlich strecken,
um die Cassellys zu übertreffen. Denn neben der
artistischen Leistung überzeugen auch die Musikauswahl,
die Kostüme und die unendlich sympathische Inszenierung
der einzelnen Programmpunkte. |
Man nehme nur die Überleitung von Karola
Cassellys Tanz auf dem Silberseil zur 4er
Pferdefreiheit mit Einzelsteiger von Jonny Casselly jr.:
Nach dem Karola vom Seil gestiegen ist, wartet bereits
ihr Bruder in spanischer Tracht auf sie. Gemeinsam tanzen
sie ein paar Takte Flamenco, bevor letztendlich die
Pferde in die Manege stürmen. Ähnlich effektvoll wird
die Duo Kontorsion von Karola und Stefani Casselly
eingeleitet: Bevor ihre beiden großen Schwestern mit
ihrer Gelenkigkeit verblüffen, sind es die Zwillinge
Alexia und Romina, die im gleichen Kostüm ihre Körper
in die unmöglichsten Positionen bringen. Blitz und
Donner machen aus Klein schließlich Groß.
Während die weiblichen Cassellys für die
artistischen Highlights zuständig sind, sind die Jungs
nicht ausschließlich, aber vornehmlich für die
komischen Momente des Programms zuständig. Ihre Version
des komischen Duo-Trapez der Collins-Brothers sprüht vor
Lebensfreude, der automatische Boxer ist richtig lustig
und Antonio Cassellys Autofahrt überaus charmant. Sehr
gelungen, originell und witzig auch die kombinierte
Hunde- und Kamelnummer. Als Schlussnummer beweisen Jonny
jr., Alfons und Antonio Casselly darüber hinaus ihr
artistisches Talent. In wahnsinnigem Tempo zu fetziger
Musik zeigen sie eine mitreißende gemischte FlicFlac-,
Handvoltigen- und Kaskadeurarbeit.
In der von mir besuchten Vorstellungen
hält es die Besucher daraufhin nicht mehr auf den
Plätzen: Es gibt stehende Ovationen und orkanartige
Jubelstürme. Das Wiesbadener Publikum ist begeistert und
ich auch: Circus mit so viel Leidenschaft, Herzblut und
Können habe ich schon lang nicht mehr gesehen.
Spätestens, wenn es sich Direktor Jonny Casselly im
zugabenreichen Finale nicht nehmen lässt, auch ein paar
FlicFlacs zu schlagen und daraufhin von seiner Frau einen
dicken Kuss auf die Wange bekommt, hat sich auch der
letzte Zuschauer in diesen sympathischen Familiencircus
verliebt.
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