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Circus Gerd Sperlich
www.circusgerdsperlich.de

Bochum, 22. Juli 2012: „Diese drei Wochen lassen wir uns nicht nehmen. Dafür treten wir alle zu gern auf“, erklärt Direktor Gerhard Sperlich das alljährliche Sommergastspiel seines Unternehmens in Bochum. Nur hier – unterhalb des Bismarckturms, idyllisch gelegen zwischen Stadtpark und Tiergarten – gibt die Familie, unterstützt von Gastartisten, öffentliche Vorstellungen. Den Rest des Jahres konzentriert sich der Circus Gerd Sperlich auf die Projektarbeit mit Kindern. „Als wir vor zwanzig Jahren damit anfingen, waren wir die ersten. Heute machen es viele, zu viele. Da jongliert einer mit drei Bällen und nennt sich Circus, weil der Name nicht geschützt ist. Aber zum Circus gehören ein Zelt, die Manege, Artisten und Tiere“, so Sperlich. Diese Projektarbeit entspreche genau seiner Idee eines offenen Unternehmens.


Idyll am Bochumer Bismarckturm

„Früher kam als erstes ein Zaun außen herum. Das wollte ich nicht. Bei uns ist alles offen, man kann überall hin, auch zu den Proben ins Zelt. Daran müssen sich auch die Gastartisten halten. Wir haben nichts zu verbergen. Gerade bei den Dressurproben ist das Publikum anschließend immer positiv überrascht.“ Das Konzept geht auf: viele Neugierige schlendern um die Zelte und Wohnwagen, viele Gäste kommen seit Jahren – und werden wie alle Zuschauer persönlich begrüßt und verabschiedet. Auch die beim Einlass und Snack-Verkauf helfenden Jugendlichen waren zumeist als Kinder Teilnehmer der Mitmachprogramme. „Zum Teil nehmen sie extra Urlaub, um uns zu unterstützen. Das ist natürlich klasse.“ Der familiäre und intime Rahmen schlägt sich auch in der Zeltauswahl nieder. Mit 19 Metern Durchmesser passen gerade mal 350 Personen ins Zelt, das so meist gut gefüllt ist und vor allem eine direkte Verbindung zum Publikum ermöglicht. Denn die steht auch während des Programms im Mittelpunkt. Da plaudern die Artisten in ihren Nummern mit dem Publikum, da wird mit weiblichen Logenbesuchern geflirtet oder setzen sich die nicht gerade auftretenden Künstler mit ins Gradin, unterhalten sich mit den Gästen und feuern die Kollegen an. Was woanders mitunter komisch aufstößt, hier macht es auch den Charme dieses Circus aus.


Feuershow, Gerd Sperlich

Voller Charme ist auch das eigentliche, insgesamt wunderbar ausgeleuchtete Programm. Gerade der sechsjährige Anthony hat sich als Clown dank liebenswert-spitzbübischer Art und im ständigen Wettstreit mit „Opa“ Gerd Sperlich, der ansonsten die hauseigenen Tiere (Ponys und Ziegen) präsentiert, blitzschnell in die Herzen der Zuschauer gespielt. Den zweiten komischen Part übernimmt Massimiliano Sblattero, der seit über zehn Jahren freundschaftlich mit der Familie verbunden ist und hier auch seine Seiltänzer-Karriere beendet hat. Nun konzentriert er sich auf Regie- und Agententätigkeit, doch so ganz konnte er wohl doch nicht raus aus der Manege: Auch wenn er sich bekannter Nummern bedient, mimt er gelungen den Reprisenclown und tritt zusammen mit Mario und Matthias Sperlich in einer schwungvollen Kaskadeur-Darbietung auf.


Valentin und Arthur, Mario Sperlich, Matthias Sperlich

Mario Sperlich ist in spanischer Aufmachung zudem auf dem Drahtseil zu sehen, überspringt unter anderem eine Feuerbarriere und kombiniert die Balance mit Jonglage. Auch sonst dominiert dieses Genre die Darbietungen der Familie. So werden in einer Feuershow neben dem üblichen Spucken der Flamme auch brennende Räder geworfen, und Matthias jongliert klassisch mit Keulen, Bällen und Ringen. Alexander Koplin hat sich zudem eine Nummer erdacht, in der zunächst Diabolos durch die Luft fliegen, ehe er zu einer klassischen Gentlemen-Jonglage wechselt. Was alle Darbietungen auszeichnet, sind gute Leistungen, eine hohe Manegen-Präsenz der Akteure sowie tolle, hochwertige Kostüme. Nicht ganz dazu passt allerdings die engagierte Familie Krieger, die sich mit ihrer eher alltäglichen Bekleidung nicht so ganz in das gelungene Ambiente einfügt. Dafür sind ihre Auftritte allerdings absolut hochwertig. Während Maxim Krieger mit seinen spektakulären Rola Rola-Turmbauten das Programm beendet, zeigt Vater Valentin mit dem neuen Partner Arthur eine – trotz abruptem Ende leistungsstarke, mit vielen Einarmern gespickte Hand auf Hand-Akrobatik. Arthur bietet dazu noch eine Equilibristiknummer ganz in weiß à la Zalewski, unterstützt von Drehscheiben. Dass dem Programm beim Besuch weibliche Reize gänzlich fehlen, ist der Erkrankung von Edwina Sperlich, die ansonsten mit Hula Hoop und am Tuch zu sehen ist, geschuldet.

Aber auch so überzeugen das Programm und dieser Circus mit einem sehenswerten Programm und ganz viel Charme. Den Beweis dafür liefern die Gäste, die zahlreich zur Vorstellung erscheinen und diesen persönlichen Umgang mit der Familie Sperlich genießen. Gut, dass sich die Sperlichs die drei Wochen in Bochum nicht nehmen lassen…

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Text: Benedikt Ricken; Fotos: Circus Gerd Sperlich (Show), Benedikt Ricken (Außensicht)