Beide wurden heuer
– aller politischen Machtspielchen zum Trotz – noch einmal
gebührend gefeiert: durch Beifall im Stehen seitens des
Publikums und der Akteure sowie dekoriert mit zahlreichen
Sonderpreisen der prominent besetzten Jury.
Istvan und
Kristian Kristof, Truppe Rokashkov, Chilly & Fly (beide
Gold)
Aber auch die Artisten
wurden mit stehenden Ovationen bedacht. Für Begeisterung sorgte
vor allem die traumhafte Kür des Duos „Chilly & Fly“ am
stehenden Fangstuhl. Die beiden Kanadier Émilie Fournier und
Alexandre Lane wurden dann auch vollkommen zu Recht mit Gold
prämiert, glänzten sie doch mit Leistung in den Flugsequenzen (u.a.
doppelter Salto mit Pirouette, Blindflug), interessanten
Aufgängen und einer eher schlichten, dafür umso wirkungsvolleren
Inszenierung zu Tom Waits „Russian Dance“. Wesentlich
aufwendiger inszeniert ist dagegen die ebenfalls mit Gold
ausgezeichnete Darbietung der Rokashkovs am Reck. Mit der
bekannten Buhlerei der Herren um die Frau, aber in neuer
Besetzung überzeugten die vier russischen Künstler auch in
Budapest Jury und Publikum gleichermaßen.
Eliza Khachtryan
(Bronze), Johann Wellton, Darkan (beide Silber)
Als wahrer Entertainer
und Publikumsliebling erwies sich Johann Wellton. Technisch
gesehen gibt es mit Sicherheit bessere Bouncing-Jongleure als
den Schweden, doch sein Verkauf ist ein wahrer Genuss. Mit
lustigen Einfällen und seiner verschrobenen Art sicherte er sich
in die Herzen der Zuschauer und Silber in der Jury-Wertung. Er
stammt ebenso aus der Schmiede von Alexander Grimailo wie der
Kasache Darkan. Seine leistungsstarke, durch riskante Abfaller
gekennzeichnete Arbeit an den Strapaten wurde ebenfalls mit
Silber dekoriert. Bronze wurde in diesem Jahr dreimal vergeben.
Eliza Khachtryan aus Armenien überquerte das Hochseil als
Ballerina nur auf Spitze um es abschließend als Schlappseil in
Schwung zu bringen. Der Belgier Sebastian Nicaise jonglierte
zwar nur mit einem Diabolo, hatte aber aufgrund seiner
mitreißenden Musikbegleitung (klassische ungarische Folklore)
schon gewonnen. Schließlich wurde Alexandre Lane auch für seine
ästhetische Solo-Nummer am Cyr-Rad ausgezeichnet.
Andrey und Nataly
Shirokaloff
Unverständlich bleibt
hingegen die Entscheidung, der spektakulären Raubtierdarbietung
von Andrey und Nataly Shirokaloff keinen der Hauptpreise
zuzusprechen. Die beiden Russen präsentieren vier Leoparden und
fünf Tiger auf einer erhöhten Plattform in der Manege.
Verschieden hohe Postamente ermöglichen diverse Sprünge der
Tiere, die Leoparden schaukeln an Filzröhren durch den
Zentralkäfig oder werden in die Höhe gezogen. Daneben enthält
die Nummer auch klassische Elemente wie Balkenlauf, Tigerbar,
Hochsitzen oder das Überspringen der Vorführer. Auch dem
Schweizer Komiker-Trio Starbugs hätte man einen der Hauptpreise
gegönnt. Mit ihren skurrilen Tanzeinlagen hatten sie das
Publikum in ihrer Auswahlvorstellung schnell auf ihrer Seite,
die Jury anscheinend weniger. Wenig begeistern konnte hingegen
der zweite Komiker Kirk Marsh aus den USA. In seinem Aussehen
erinnerte er stark an Rob Torres, seine Einfälle (eine
Geschichte um das Essen einer Banane) waren allerdings wenig
lustig. Origineller war da schon Marshs Landsmann AJ Silver. Als
echter Cowboy und mit einem Schuss Humor zeigte er seine Show
mit unterschiedlich großen Lassos und kam damit bestens an.
Rolling Wheels, La
Vision, Leonid Beljakov
Gleich vier Darbietungen
stammten aus Ungarn selber. Den stärksten Eindruck hinterließ
dabei die Formation Rolling Wheels. Das Trio (zwei Frauen, ein
Mann) nutzten das Rhönrad nämlich zugleich als Absprungschanze
für Sprünge und Pyramiden. Ebenfalls überzeugen konnte die
klassische Adagio-Nummer des Duo La Vision. Das Almost Trio
jonglierte neben Keulen auch mit großen Gymnastikbällen und
Sebastian & Kristina Richter waren in einer Quick
Change-Illusion mit einigen Tanz-Elementen zu sehen. Stark
vertreten waren freilich auch die russischen Vertreter.
Anastasia Makeeva bot eine starke Leistung an zum Schwungseil
umfunktionierten Tüchern, die Meleshin Brothers boten Rola-Rola
auch im Zwei-Mann-Hoch, Natalia & Yuriy Volkov mischten Komik
und Partnerakrobatik und Timur Kaibjanov benutzte neben seinen
Händen auch die Füße zur Jonglage mit Bällen. Auch Leonid
Beljakov stammt gebürtig aus Russland, lebt jetzt in Deutschland
und komplettierte mit seinen Hunden bereits den tierischen Part
des Festivals.
Circolombia,
Truppe Habana, Duo Winter
Große Truppen gab es
heuer zwei. Die kubanische Gruppe Habana zeigte eine hochwertige
und einwandfrei gestandene Darbietung auf dem Russischen Barren
mit der typischen Lebensfreude. Das kolumbianische Ensemble
Circolombia bot in moderner Hip-Hop-Aufmachung auf dem
Schleuderbrett einerseits extrem hohe Sprünge, hatte aber auch
ein Drei-Mann-Hoch und den Flug auf einen Sessel im Repertoire.
Ebenfalls mehrere Personen, nämlich vier, bringt die Sterza
Family aus Italien bei ihrem klassischen Musikentree mit einigen
amüsanten Einfällen in die Manege. Amüsant, das gilt auch für
die komischen Hula Hoop-Spiele der Kanadierin Becky Hoops.
Vervollständigt wurden die Programme durch das finnische
Adagio-Duo Winter, mit der Jonglage zu Tangoklängen der
Niederländer Emily & Menno van Dyke, durch Paul Herzfeld aus
Frankeich mit einer starken Arbeit am chinesischen Mast und den
bekannten Sorellas mit ihrer riskanten Trapez-Nummer.
Hush-ma-Hush
Für die
Gala-Vorstellungen werden in Budapest zudem weitere Darbietungen
verpflichtet. In diesem Jahr sorgte Clown Hush-ma-Hush für gute
Laune, David Larible Junior jonglierte mit Keulen, Ringen und
Hüten und Nathalie Enterline tanzte zu „My Way“ zum Abschied von
Istvan Kristof. Ergänzt wurden die Auswahlvorstellungen, die
allesamt von
Gábor
Gábriel Farkas moderiert worden sind, zudem
durch ein rund 90-minütiges Programm auf bereits hohem Niveau
der örtlichen Circus-Schule, die auch die traditionell
gestalteten Openings zu diesem gelungenen Festival besteuerte. |