Dabei hält er variantenreich
bis zu sieben Bälle in Bewegung und wartet noch dazu mit
Ausstrahlung und starker Bühnenpräsenz auf. Somit vereint er
alle Wertungskriterien des Festivals vorzüglich. Annaev setzt
damit seine Erfolgsgeschichte weiter fort: 2011 gehörte er mit
seiner Darbietung „Office Time“ beim SolyCirco auf Sylt zu den
Preisträgern, ein Jahr später folgte eine Prämierung beim
Young Stage in Basel. Im Februar errang er den Bronze Junior
in Monte Carlo, nun also Gold in Wiesbaden.
Bronze, Siber, Gold bei den Älteren:
Viktoria Gnatiuk,
Lucas Bergandi,
Enrico Annaev
Auch Lucas Bergandi hat
bereits Festival-Erfahrung. In Basel und beim Cirque de Demain
in Paris gab es im Frühjahr Sonderpreise für den 23-jährigen
Franzosen, jetzt zeichnete ihn die Jury für seine Balancen und
Sprünge auf dem Drahtseil – unter anderem Vorwärts- und
Rückwärtssalto – mit Silber aus. Bergandi erhielt zudem den
Preis „Varieté der Zukunft“, verbunden mit einem Engagement im
Tigerpalast Frankfurt. Bronze und der Preis der Grimailo
Studios gingen an die 22-jährige Viktoria Gnatiuk aus der
Ukraine. Im Handstand, meist dazu einarmig, stapelt sie bunte
Klötzchen übereinander und gibt so ihrer Darbietung eine
spielerische Note. Sie hat diese an der renommierten
Zirkus-Schule in Kiew erarbeitet und auch schon in den GOP
Varieté-Theatern präsentiert.
Preisträger bei den
Jüngeren: Vioris Zoppis (Silber),
Trio "Cats" (Bronze), Anton Mikheev (Gold)
Der European Youth Circus
bewies aber auch und vor allem ziemlich beeindruckend, dass
guter Nachwuchs heute nicht zwingend aus modernen
Artistik-Schulen kommen muss. Denn neben Enrico Annaev stammen
auch der Gold- sowie der Silber-Gewinner in der Wertungsgruppe
der 12- bis 17-Jährigen aus Zirkusdynastien. Der 15-jährige
Anton Mikheev aus Russland kombinierte schwierigste Tricks an
den Strapaten mit einem Ball, den er zumeist auf seiner
Fingerspitze rotieren lies. Vioris Zoppis, der neben Silber
auch den Preis der Gesellschaft der Circusfreunde e.V.
entgegen nehmen konnte, glänzte ebenfalls mit Leistung an den
Strapaten und viel italienischem Charme. Mit 13 Jahren gehörte
er zu den jüngsten Teilnehmern. Jünger war nur die Ukrainerin
Olga Kamyshanska, nämlich zwölf Jahre, die mit ihren
Partnerinnen Anastasiia Slipchenko und Yuliia Zuluska, beide
17 Jahre alt, zu Melodien des Musicals „Cats“ perfekt
choreografierte, im Leistungssport erprobte Partnerakrobatik
und Handvoltigen präsentierte. Für sie gab es Bronze bei den
Jüngeren.
Circus Helsinki, Cap Crew
Auch das Publikum durfte
wieder ihren Favoriten wählen und den „Preis der Herzen“
vergeben. In der Gunst der Zuschauer vorne war dabei das Duo
CapCrew aus Ungarn. Im coolen Street-Look überzeugten Gábor
Lövei (17) und Zoltán Mikó (18) mit Sprüngen bis zum
dreifachen Salto auf dem Schleuderbrett. Sie wurden
professionell an der Budapester Circusschule Imre Baross
ausgebildet; anders hingegen die neun Mitglieder des Circus
Helsinki, einer Amateur-Kinder-Gruppe aus Finnland, die
dennoch mit viel Witz und ansprechenden Sprüngen ebenfalls am
Schleuderbrett zu gefallen wusste. Für sie gab es einen
Spezialpreis der Jury. Ebenfalls aus dem Bereich der Kinder-
und Jugendzirkusse bzw. Schul-AGs stammt der 13-jährige Justin
Elbel aus Deutschland mit seinen Diabolos, der wie Circus
Helsinki zuletzt bereits am Waldoni Circus Festival
teilgenommen hat.
Solvejg Weyeneth
Die Wiesbadener Jury – in
der neben Johnny Klinke diesmal die Artistin und Agentin
Aurelia Cats (Frankreich), die EYC-Gewinnerin Julia Jahnke
(Duo Elja, Deutschland), ECA-Beraterin Zsuzsanna Mata
(Ungarn), Fachjournalistin Liz Arratoon (England), Jongleur
Kristian Kristof (Ungarn) und Starlight-Direktor Heinrich
Gasser (Schweiz) saßen – ist immer wieder für Überraschungen
gut. Dies zeigte sich heuer anhand der zweiten
Diabolo-Darbietung im Wettbewerb. Neben klassischen Tricks mit
dem Diabolo hat die 24-jährige Schweizerin Solvejg Weyeneth
zwei horizontale Stricke durch die Manege errichtet, auf dem
sie ihr Requisit immer wieder laufen ließ, es zum Springen
brachte oder das Diabolo effektvoll dagegen schleuderte, um es
anschließend wieder aufzufangen. Mit Sicherheit die
originellste Darbietung des Festivals! Für viele war sie nach
den Auswahlvorstellungen ein klarer Anwärter auf einen der
Hauptpreise, doch es reichte nicht. Leer ging sie dennoch
nicht aus, der Verband Deutscher Varietétheater übereichte ihr
den Ehrenpreis. Weyeneth studierte an der Zirkus-Akademie in
Tilburg in den Niederlanden, die in letzten Jahren viele
spannende und hochkarätige Darbietungen hervorgebracht hat.
Auch das Akrobatik-Duo Non de Non, Thibaud Thevenet (23) und
Flora Lacornerie (23), und die 23-jährige Trapez-Artistin
Melusine Lavinet haben in Tilburg studiert, stammen aber aus
Frankreich. Zusammen mit Weyeneth und weiteren Studenten haben
sie „B-Side Company“ gegründet, mit der sie mit eigenen Shows
bei Festivals und Outdoor-Veranstaltungen spielen.
Viktória Csordás,
Santé Furtunato
Viktória Csórdas hat den
Umgang mit dem Sprungseil nahezu zur Perfektion gebracht und
verblüfft ob der zahlreichen Verwendungsmöglichkeiten. Für die
temporeich ohne Pausen und mit einem sympathischen Lächeln
garnierte Darbietung gab es den Preis der Schweizer Circus-,
Varieté- und Artistenfreunde für die 25-jährige Ungarin. Auf
ein Engagement im Varieté Neues Theater Höchst darf sich die
Portugiesin Santé Fortunato (25) freuen, die Hula Hoop und
Kontorsion in einer sehr eleganten Vorführung kombinierte.
Wilder und mit (zu) vielen Tanzelementen präsentierte die
16-jährige Tatiana Samoilova aus Russland die zweite, doch
recht klassische Hula Hoop-Nummer im Wettbewerb.
Pavel Stankevych,
Beau Sargent,
Charlie Wheeler
Einer der bekanntesten
Teilnehmer des Festivals war der 23-jährige Pavel Stankevych
aus der Ukraine, der beispielsweise bereits in Paris zu den
Preisträgern gehörte. Hier erhielt er den Preis der
Wiesbadener Kirchen für seine kraftstrotzenden Handstände. Er
gehört ebenso zum Ensemble „Raw Art“ wie Kateryna Nikiforova.
Die 24-jährige Ukrainerin jongliert mit Bällen auf dem Boden,
während sie sich dabei auf Inline Skates bewegt. Interessant,
dass mit den beiden „Raw Art“-Nummern zwei Vertreter einer
sehr modernen Ausrichtung auf Live-Musik der großartigen,
sieben Mann starken Band setzten, während ansonsten wieder
viele der jungen Akteure Musik von CD nutzten. Schade,
denn die Musiker hätte man gerne noch öfter gehört. Das Cyrrad
ist eines der gefragtesten Requisiten der letzten Jahre beim
internationalen Artisten-Nachwuchs. Charlie Wheeler (22) aus
England stellte seine leistungsstarke Interpretation vor und
bekam dafür den Preis des Wiesbadener Kuriers. Auch der Preis
der European Circus Association ging nach England, an den
20-jährigen Beau Sargent für seine Luftakrobatik im Netz.
Max Loos, Pavel
Evsukevich, Lea Hinz
Klassisch mit Ringen und
Bällen jongliert Pavel Evsukevich. Hätte nicht die Nervosität
bei dem 24-jährigen Weißrussen so sehr mitgespielt, auch er
wäre ein Kandidat für die Preise gewesen.
Die Lost Souls - Andrii Kalashnyk (25), Dmytro Bilogubets
(24), Oleksander Orlov (24) und Bogdan Kalashnyk (20) -
präsentieren starke Figuren der Partnerakrobatik und
Handvoltigen, ähneln dabei aber zu deutlich vergleichbaren
Gruppen.
Die 13-jährige
Russin Irina Novikova bot bereits jetzt ein beachtliches
Repertoire auf dem Schlappseil, dennoch kam das Festival für
sie noch zu früh. Drei deutsche Darbietungen rundeten die
Auswahlvorstellungen ab: Die 25-jährige Lea Hinz überzeugte am
Luftring mit schönen Tricks und guter Ausstrahlung, während
Isabelle Schuster (24) in ihrer Tücher-Darbietung die Zeit
thematisierte und es aus der Kuppel Sand regnen ließ. Ihr
männlicher Kollege Max Loos (22) rockte zu Elvis-Musik am
chinesischen Mast mit starken Posen und Abfallern.
Jury,
Moderatorin Natascha Berg, Preisverleihung
Die
Moderation lag erneut in den Händen von Natascha Berg. Sie
stellte die einzelnen Akteure vor, während gleichzeitig auf
dem Artisteneingang vorproduzierte Videosequenzen der Artisten
zu sehen waren. Für die Regie war wie schon 2012 Sebastiano
Toma mit seiner Assistentin Pegah Ghalambor verantwortlich;
beim gemeinsamen Opening, in der Pauseneinleitung und im
Finale agierten die Akteure zu tollen, stets passenden
Choreografien von Sonia Bartuccelli, etwa zu Geräuschen eines
Schiffwerkes. Die Zeltanlagen stellte wieder Sarrasani. |