So wurde auch
dem Jubiläum „250 Jahre Circus“ gehuldigt. Beide
Auswahlvorstellungen sowie die Gala begannen mit einer
filmischen Rückblende auf Philip Astley, ehe der „Special
Guest“ dieses Festivals, Flavio Togni, die Manege betrat. Die
Ikone des Circus, so die treffende Beschreibung im
Programmheft, präsentierte einen variantenreichen Achterzug
aus je vier weißen und schwarzen Arabern. Flechten, Fächer und
Farbwechsel gehörten zur flüssigen Laufarbeit, umjubelt waren
die diversen Steiger zum Abschluss.
Bruno Togni,
Sarah und Adriana Togni
Flavio Togni war
freilich nicht das einzige Familienmitglied, das in Latina zu
sehen war. Insbesondere das offizielle Debüt von Bruno Togni
mit seinen sieben Tigern war mit Spannung erwartet worden. In
der Tat offenbarte sich ein neues Glanzstück. Eher ruhig in
der Präsentation, dafür enorm trickstark: Sprünge über
Artgenossen, ein akkurater Fächer, siebenfacher Hochsitzer
oder ein auf den Hinterbeinen laufender Tiger waren da zu
bestaunen. Wie ohnehin die jungen Tognis einen starken
Eindruck hinterließen. Etwa mit Adriana und Sarah und ihrem
perfekt in Szene gesetzten Trapez-Akt zu Tango-Klängen; oder
Ilaria, Claudio, Enis und nochmals Bruno mit einer Hohen
Schule ganz in Weiß, für die gar der russische Bolshoi-Circus
sein Ballett abgestellt hatte. Die Auszeichnung in Gold für
gesamte Familie Togni war der verdiente Lohn.
Truppe Pronin,
Nanchino School, Truppe Ruban
Wenig
überraschend verlieh die international besetzte Jury die
weiteren Gold-Preise an die teilnehmenden Truppen aus Russland
und China. Die Truppe Pronin setzte bei ihrem Auftritt auf der
doppelten russischen Schaukel auf die erfolgserprobte, vor
zwei Jahren hier bereits ähnlich gezeigte Aufmachung zu
russischer Folklore und hatte schnell ein singendes Zelt
hinter sich. Die Rubans auf dem Schleuderbrett setzten einen
farblichen Kontrast, traten sie doch komplett in weißen
Kostümen auf. Eigenwillig dagegen die Affen-ähnliche
Inszenierung der Akrobaten der Nanchino School aus China, die
in ihrem Hauptauftritt ikarische Spiele und Sprünge von der
Wippe kombinierten und so hohe Menschentürme formierten. In
kleinerer Besetzung gab es zudem einen Mix aus Lasso- und
ikarischen Spielen.
Duo
Ebenezer, Alessio Fedotova
Wenngleich
insgesamt ein gutes Niveau erreicht wurde, fehlten dem
Festival ein wenig die wirklichen Überraschungen. So stach die
wunderschöne und elegante Hand-auf-Hand-Arbeit des kubanischen
Duo Ebenezer schon besonders hervor. Freilich haben auch sie
das Metier nicht neu erfunden, mit einigen Passagen im
Spitzentanz durch den weiblichen Part Nardelys Jiménez Agulia
bekam die Nummer aber einen eigene Note. Silber gab es als
Belohnung. Ebenso für die junge, russische
Handstand-Equilibristin Alessia Fedotova. Ohne abzusetzen und
stets einen Gymnastikball mitbalancierend, zelebrierte sie
ihre herausragende Kür auf dem Piedestal.
Duo A&J, Vioris
Zoppis, Lisa Rinne
Bei drei
Luft-Darbietungen entschied sich die Jury jeweils für eine
Auszeichnung in Bronze. Lisa Rinne punktete einmal mehr mit
ihrer sympathischen Ausstrahlung und einem neuen Schlusstrick,
einem Doppelsalto vom Schwungtrapez ans Vertikalseil. Vioris
Zoppis bereicherte seine starke Nummer an den Strapaten mit
einem „spritzigen Element“, wenn er am nassen Boden mehrere
Figuren drückte. Das Duo A&J beließ es ebenfalls nicht nur bei
den Strapaten, sondern zeigte in seiner
Adam-und-Eva-Geschichte auch den Zahnhang.
Daniel Golla,
Geraldine Philadelphia, Julot Cousins
Bei der
überbordenden Anzahl an weiteren Sonder- und Spezialpreisen
sei noch die Auszeichnung von Julot Cousins am schwankenden
Mast durch eine Kritiker-Jury erwähnt. Der Franzose ist auch
in der Manege eine Typ, der mit seinen Eskapaden unter der
Kuppel für viel gute Laune sorgt. Das gelang auch Daniel Golla
mit seinen über den Zuschauerköpfen fliegenden
Modellflugzeugen. Den deutschen Block im Teilnehmerfeld
komplettierte Geraldine Philadelphia mit ihrer energischen
Reifen-Performance.
Duo Solys, Amouri da Silva, Duo Costache
Ebenfalls keine
Unbekannten waren das kubanisch-französische Duo Solys mit
seiner Partnerakrobatik samt Eiffelturm sowie der italienische
Tennisschläger-Jongleur Glenn Folco. Seinem mexikanischen
Pendant, Amouri da Silva, hätte man mehr Erfolg gewünscht –
schließlich gewann seine Nummer schon durch die tolle
Live-Musik des siebenköpfigen Orchesters unter Fabiano
Giovanelli. Der vorher hoch gehandelte Oleg Spigin aus
Russland am Washingtontrapez wirkte leider ziemlich unsicher;
die neue Trapez-Nummer des rumänischen Duos Costache hingegen
noch zu techniklastig. Auch ihr Perche-Auftritt verlor durch
die ständigen Requistenwechsel.
Yoka
& Nazerke, Saly Family, Demi Cabras
Neue Akzente
setzten die Kasachinnen Yoka & Nazerke mit Equilibristik auf
Hoverboards, wenngleich ihr monotoner Verkauf mehr Anerkennung
verhinderte. Auch die Darbietung von Adam & Benjamin aus
Ungarn am chinesischen Mast wirkte noch nicht fertig. Demi
Cabras schließlich bot eher unspektakuläre „Hologramme“ nach
bekanntem Muster. Für clowneske Abwechslung in den von Andrea
Giachi moderierten Vorstellungen sorgten die italienische
Familie Saly mit meist musikalischen Intermezzi und der
Ukrainer Konstantin Gerasimenko mit durchaus netten, aber
bekannten Reprisen. |