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38. Festival International du Cirque
de Monte Carlo 2014
www.montecarlofestivals.com ; 79 Showfotos

Monte-Carlo, 16. bis 26. Januar 2014: Circusfestivals gibt es, so könnte man meinen, mittlerweile wie Sand am Meer. Doch eines gilt immer noch als das bekannteste der Welt: das „Festival International du Cirque de Monte Carlo“. Auch wenn sich im Vergleich zu früher die Quantität der Nummern verändert hat – sowohl die Raubtiernummer als auch die große Pferdenummer und die russischen Clowns traten in beiden Auswahlvorstellungen auf –, an der Qualität gab’s auch dieses Jahr nichts auszusetzen. Und: Auch dieses Jahr gab es wieder die strahlenden Sieger, die sich über die Goldenen Clowns, die „Oscars“ der Circuswelt, freuen durften.


Desire of Flight, Truppe Sokolov mit Regisseur Alexandre Grimailo

Gold gewann zum einen die Schleuderbretttruppe Sokolov und zum anderen das Duo Desire of Flight, das zusätzlich auch den Publikumspreis erhielt. Die große Schleuderbrett-Nummer von Dimitry Sokolov, die vom bekannten Regisseur Alexandre Grimailo wunderbar als „Amadeus“ in Szene gesetzt wurde und circensisch das Leben und Wirken von Wolfgang Amadeus Mozart zeigt, begeisterte mit einem wahren Feuerwerk an Sprüngen. Nicht weniger begeisternd Valery Sychev und Malfina Abakarova alias Desire of Flight mit ihrer atemberaubenden Liebesgeschichte an den Strapaten hoch unter der Circuskuppel. Beide goldgekrönten Nummern konnte man vor dem Circusfestival beim Weltweihnachtscircus Stuttgart erleben – die Amadeus-Schleuderbrett-Nummer sogar als Weltpremiere.


Truppe Dobrivitskiy, Duo Suining, Truppe Wuhan

Die Jury unter dem Vorsitz von Prinzessin Stéphanie entschied sich auch in diesem Jahr dafür, sechs Silberne und sechs Bronzene Clowns zu verleihen: Silber gab es zum einen für die Truppe Dobrivitskiy, die mit einer Vielzahl von spektakulären Sprüngen (dreifacher Salto oder zwei unterschiedliche Passagen) zwischen zwei sich gegenüber stehenden Fängern (ähnlich wie bei Nummern am Fliegenden Trapez) überzeugte. Ebenfalls vom zurückliegenden Weltweihnachtscircus bekannt und aktuell im Münchener Circus-Krone-Bau zu sehen: das Duo Suining mit seiner Handstand-Equilibristik auf höchstem Niveau. Faszinierend der einarmige Klötzchen-Trick und anschließend, ohne Abzusetzen, das (ebenfalls einarmige) Hinunter und Hinauf über die Stufen des hohen Piedestals. Vom Aachener Weihnachts-Gastspiel des Circus FlicFlac ging es für die Truppe Wuhan nach Monte-Carlo; in ihrer Nummer vereinen sie ikarische Spiele und Handvoltigen mit Trampolin-Artistik. Die beiden Plattformen, auf denen sich die Untermänner befinden, sind hierbei an den beiden Enden einer Achse befestigt, die sich einem Todesrad gleich dreht – unterhalb befindet sich das Trampolin.


Rosi Hochegger, Hans Klok

Ein großes Pferdekarussell zeigte Vinicio Canestrelli Togni mit je sechs Schimmeln und Schecken sowie neun Friesen und drei Palominos; zusätzlich gesellten sich noch sechs Ponys dazu, die (mit einiger Mühe) auf der Piste die Manege umrundeten. Vor und nach dem Karussell zeigte Canestrelli Togni noch jeweils zwei schön laufende Zwölferzüge; als „Zugabe“ folgten diverse Steiger und eine Kapriole. Ein wahrer Publikumsliebling war Rosi Hochegger sowohl mit ihrer temperamentvollen Hundenummer (und Standing Ovations in der von uns besuchten Vorstellung) als auch mit ihrem Bettpferd Scout. Bei den beiden Nummern der sympathischen Tierlehrerin stimmte einfach alles! Ebenfalls Silber ging an den holländischen Magier Hans Klok mit seinen im irrsinnigen Tempo dargebotenen Großillusionen und seinen Entfesselungen à la Houdini.


Elisa Kachatryan, Familie Gärtner, Duo Kvas 

Den Reigen der Gewinner der Bronzenen Clowns eröffnete die Familie von Joy Gärtner mit ihren zwei unterschiedlichen Elefanten-Darbietungen. Zum einen versuchten die Gärtners sich mit Schleuderbrett-Elefanten, und in der zweiten Nummer boten die Gärtner-Junioren Akrobatik auf den Elefanten, die ihrerseits unterschiedliche Pyramiden zeigten. Leider wirkten beide Nummern durch die vielen zweibeinigen Akteure in der Manege sehr unruhig. Hier hätte man sich eine „klassische“ Elefantennummer mit mitreißender Livemusik anstelle der dröhnenden Bandmusik gewünscht. Begeistern konnte Handstand-Equilibristin Sacha mit ihrer anspruchsvollen Nummer, die sie mit einer Vielzahl von Drehungen garnierte und die auch den einarmigen Bogenschuss zeigte. Weitere Bronze-Gewinner waren Elisa Kachatryan als Ballerina im Spitzenlauf auf dem Hochseil, die einen Großteil ihrer tollen Nummer ohne Sicherung zeigte, Anastasia Makeeva, aktuell ebenfalls im Circus-Krone-Bau zu sehen, die riskante Abfaller an zunächst einer und dann an zwei Tuchschlingen zeigte, das Duo Kvas mit einer kraftvollen Hand-auf-Hand-Nummer und Tom Dieck jr., der in der gemischten Raubtier-Nummer Tiger, weiße Löwen und Liger vereint.


Conchi Munoz, Angelo und Conchi Munoz mit Enrico Caroli, Duo Have a Ball

Die weitere Tiernummer des diesjährigen Festivals, Conchi Munoz und ihr Mann Gary Jahn mit den drei patagonischen Seelöwen in einer klassischen Dressur, blieb ohne Clown, konnte sich aber über den Sonderpreis der Gesellschaft der Circusfreunde e.V. freuen. Conchi erlebten wir außerdem als seriösen Part im Bonbon-Entree ihres Vaters Angelo, zusammen mit Enrico Caroli. Auf besonderen Wunsch der Festivalmacher zog Angelo Munoz noch einmal sein Clownskostüm an und wurde in der Preisträgergala für sein Lebenswerk ausgezeichnet. Mit seinem Saxophon-Solo sorgte er für einen besonderen Moment des Festivals, und als er sich nach seinem letzten Auftritt in der Manege unter den stehenden Ovationen des Publikums seine rote Clowns-Perücke vom Kopf nahm, war es der wohl bewegendste Moment des Festivals. Überhaupt nicht an kamen dagegen die russischen Clowns Sergei Kolganov und Oleg Belogorlov, die in beiden Auswahlvorstellungen vergeblich ihr Glück versuchten. Erfrischend neu und toll verpackt hingegen die Partner-Bodenjonglage von Mike Leclair und Karen Bourre alias Duo „Have a Ball“, die ihre ansprechende Nummer auf einer Parkbank zeigten.


Festivalstimmung 

Weitere Teilnehmer des Festivals waren die Familie Faltyny (Einradnummer, Gruppen-Jonglage und Emil jr. mit Leiterbalance), die Truppe Vavilov und ihren Handvoltigen mit einer Plattform in der Luft (mit Verletzungspech, da sich der Hauptakteur bei den Proben verletzte und für das Festival ausfiel), der „tanzende Robotermensch“ Robert Muraine sowie das Duo Daring Jones am Trapez und David Burlet mit seiner komischen Tellernummer (beide ebenfalls gerade in München beim Circus Krone). Für die musikalische Begleitung sorgte abermals das große Orchester von Reto Parolari. Leider zog es eine Vielzahl der Nummern vor, sich von Bandmusik begleiten zu lassen – mehr als schade bei einem so herrlich aufspielenden Circusorchester. Als Monsieur Loyal führte, wie schon die letzten Jahre, Petit Gougou durch das Programm.

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Text: Gaby Haas; Fotos: Stefan Nolte