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Uwe Schwichtenberg
Der Tierflüsterer

Karlsruhe, 19. Juli 2003: Vier wunderschöne schwarze Friesenhengste stürmen die Manege. Freundschaftlich beschnuppern sich die Tiere und spielen eine Weile miteinander. Ihr Tierlehrer Uwe Schwichtenberg lässt sie lächelnd gewähren. Erst nach fünf bis zehn Minuten gibt er ein Zeichen und die Tiere drehen gelassen ihre Runden. Auch gelegentliches Peitschenknallen bringt sie keinen Deut aus der Ruhe, denn sie wissen: von der Peitsche geht keine Gefahr für sie aus. Denn von harter Dressur hält Schwichtenberg absolut nichts: „Schlagen, das bringt doch nichts! Die Tiere müssen Vertrauen in mich haben. Schlagen bewirkt doch nur, dass die Tiere nur noch widerwillig arbeiten und sich vor der Manege fürchten.“ Dass sie das eben nicht tun, davon kann man sich in jeder Vorstellung überzeugen.

Einmalig, wie Schwichtenberg seine Tiere fast nur per Handzeichen dirigiert. Kleine Frechheiten seiner Schützlinge lässt er auch mal durchgehen: „die Freude muss man ihnen lassen!“ Schwichtenbergs ruhige sanfte Art der Tiervorführungen kommt auch beim Publikum gut an. Es freut ihn immer wieder, wenn nach der Vorstellung Zuschauer auf ihn zu kommen und sich bei ihm bedanken, dass er so wunderbar mit seinen Tieren umgeht. Für Schwichtenberg, der seinen Wohnwagen immer in unmittelbarer Nähe des Tierzelts postiert, ist dieser Umgang eine Selbstverständlichkeit, denn: „Nur wenn die Tiere mir vertrauen können, machen sie, was ich will.“ Zum Beispiel sei es immer ein heikler Punkt die Tiere an Musik zu gewöhnen. Wenn die Vierbeiner aber wüssten: „der Alte ist ja auch da, uns kann also nichts passieren.“, dann arrangierten sich die Tiere schnell mit den neuen Gegebenheiten. Uwe Schwichtenberg, der ehemalige Star-Dompteur des DDR-Staatscircus, ist mittlerweile beim westdeutschen „Circus Probst“. Seit acht Jahren weiß er sich und seine Tiere dort optimal versorgt.

Jeden Morgen von 9 bis 11 Uhr trainiert Schwichtenberg alle seine Tiere. Neben dem Einstudieren von neuen Nummern dient das morgendliche Proben aber vor allem der Bewegung der Vierbeiner. Nach seinen Lieblingstieren gefragt, erwidert Schwichtenberg, dass er grundsätzlich keine Unterschiede mache, weil man so nur das Gruppengefühl der Tiere schwäche. Momentan arbeitet Schwichtenberg mit einem Achterzug junger Dromedare an einer neuen Nummer, die er bereits anlässlich des Weihnachtscircus in Gelsenkirchen in der Manege zeigen will. Auf die Diskussion zum Verbot von Wildtieren im Circus angesprochen, bezieht Schwichtenberg klar Stellung. Die optimale Versorgung und Unterbringung der Tiere müsse gewährleistet sein. Deshalb plädiert er auch für stärkere Kontrollen durch die Amtstierärzte. Da werde zu viel schön geredet. Aber: Einen Circus ohne Tiere kann er sich nicht vorstellen. Besonders für die Kinder wäre es schade, denn wo kämen die denn heute noch so eng mit exotischen Tieren in Kontakt wie im Circus? „Fotos und Filme sind kein ausreichender Ersatz“, ist sich Schwichtenberg sicher.

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Text:
Sven Rindfleisch; Fotos: Circus Probst