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Sarah Houcke
Alles eine Frage des Stils

Köln, 8. Juni 2006: „Es ist ihm oder ihr in die Wiege gelegt worden“ heißt ein Sprichwort, wenn es darum geht, zu beschreiben, dass jemand von klein auf in seinen Beruf hineinwächst. Nicht anders war es bei Sarah Houcke, der Pferdetrainerin des Circus Roncalli. Sie ist bereits die fünfte Generation der französischen Circusfamilie Houcke, die mit Tieren in der Manege steht. Zwar hat sie sich auch am Trapez und mit Bodenakrobatik versucht, „doch sei sie besser für Tiere geeignet“, sagt die 29-Jährige, die schon bei den renommiertesten Unternehmen in Deutschland (Barum & Fliegenpilz), der Schweiz (Knie) und der USA (Ringling) engagiert war. Bei jedem Wechsel musste sie sich dabei auf neue Tiergruppen einstellen, was, wie die sympathische Tierlehrerin einräumt, so lange keine größeren Probleme macht, so lange der Vorgänger den gleichen Stil arbeitete wie man selbst. Dabei mache es keinen Unterschied, mit welcher Tierart man gerade arbeite müsse, dennoch sagt sie: „Mir liegen am besten Pferde und Tiger.“


Vielseitigkeit ist Sarah Houckes Trumpf: Mit Tigern bei Ringling, Exoten bei Fliegenpilz und Althoffs Arabern bei Roncalli

Die Arbeit mit Elefanten, Exoten oder Delphinen wie im Schweizer Connyland mache sie zwar auch, allerdings sei ihr das Geschreie beim Kommandieren zu stressig. Deshalb hat sie auch „ihre“ Tiger, die sie im Übrigen sehr vermisst, im europäischen, ruhigen Stil in den USA vorgeführt und sei nicht in den lauten, „aggressiven“ Stil der amerikanischen Kollegen gewechselt. Überraschenderweise war es genau diese Einstellung, die sie bereits im Kindesalter in der „Knie“-Schule gelehrt bekommen hat, die sie in den USA zum Star gemacht hat. Sarah bedauert, dass sie in Ermangelung eigener Tiergruppen, immer nur wenige Jahre mit denen ihr anvertrauten Tieren zusammenarbeiten kann. Gerade letztes Jahr sei es schade gewesen, die Althoff-Pferde, die sie erst während der Tournee zu Ende dressiert habe, nach so kurzer Zeit wieder abzugeben, wo ihr doch „die Tiere ans Herz gewachsenen sind“.

Stolz ist sie allerdings darauf, dass Fredy Knie jr. „ ihr, und nur ihr“ seine Pferde für die diesjährige Tournee anvertraut hat, was auch in der langen gemeinsamen Vergangenheit begründet sein dürfte. Haben doch drei Generationen der Familie Houcke das Schweizer Publikum in der Knie-Manege begeistert. Privatleben, erzählt Houcke, bleibt bei der Arbeit mit Tieren kaum. Bereits zwischen sieben und acht Uhr morgens beginnen die Vorbereitungen mit dem Ausmisten der Ställe und Füttern der sieben Araber und des Ponys David. Bis elf Uhr stehen außerdem Proben mit den Vierbeinern an. Die eigentlichen Vorbereitungen zur Nachmittagsvorstellung beginnen zwei Stunden vor der Show mit dem Schminken. Zwischendurch fallen auch noch andere Aufgaben, wie das Putzen der Geschirre, an. Freizeit bleibt bei mehreren Kostümwechseln in der Show nur während der Pause oder abends beim gemütlichen Zusammensitzen mit Kollegen. Schade nur, dass für das beliebte gemeinsame Grillen, „zur Zeit kein Wetter ist.“

Das Circus-Areal verlässt Sarah Houcke dagegen nur selten, auch nicht, um ein Hobby zu betreiben. „Die Tiere sind mein Hobby“, lautet hier Sarahs Credo. Dass Roncalli für Sarah Houcke ein absoluter Wunsch-Circus ist, merkt man nicht erst bei der Aufzählung ihrer bisherigen Arbeitgeber, bei der der Name Roncalli ziemlich am Anfang und sehr deutlich fällt. Auch ihre Antwort auf die Frage nach der besonderen Faszination des Circus lässt dies vermuten. So sind ihr vor allem die familiäre Atmosphäre und die Romantik wichtig. Attribute, die Roncalli wohl mehr als viele andere verkörpert. Auch das ständige Umherreisen („2 Monate an einem Ort wie in Köln sind irgendwann langweilig“) und das Zusammensein mit „ihrer (Circus-)Familie“ machen für Sarah Houcke die Faszination Circus aus. Das amerikanische System einer großen, pompösen Show liegt ihr dagegen nicht so. Auf ihre Pläne für die Zukunft angesprochen, sagt sie, dass sie gerne eine eigene Pferde- und Tigergruppe besitzen möchte, damit sie sich nicht immer wieder auf neue Tiere einstellen muss. Ob sie nächstes Jahr auch bei Roncalli zu sehen ist, weiß sie zurzeit noch nicht. Anfragen gäbe es zwar, „aber unterschrieben ist noch nichts.“

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Text
: Benedikt Ricken; Fotos: Kevin Leppien (2), Ringling, Fliegenpilz, Sven Rindfleisch, Roncalli, Christian Lindenberg