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Verena, Franziska und Alexandra Nock
Ihr Ziel: Traditioneller Circus auf der Höhe der Zeit

Basel, 12. Oktober 2008: Viele Köche verderben den Brei. Nirgendwo sonst scheint diese Binsenweisheit zutreffender als im Circus. Dieser Eindruck drängt sich jedenfalls auf, wenn man die Strukturen in vielen der traditionellen Circusse begutachtet und feststellt, dass die alleinige Entscheidungsgewalt über alles und jeden meist in der Hand von nur einer Person liegt. Nichts so beim Schweizer Circus Nock. Da halten mit den Schwestern Verena, Franziska und Alexandra Nock, die wir im Herbst 2008 am Rande des Nock-Gastspiels in Basel zum Interview trafen, gleich drei absolute Powerfrauen das Zepter in der Hand. Und siehe da: Es funktioniert. Dass die Zusammenarbeit der Geschwister so harmonisch und einmütig verläuft, hat sicher mehrere Gründe.

Erstens haben sie ein gemeinsames Ziel: „Traditionellen Circus auf der Höhe der Zeit bieten, in der Artisten, Licht, Musik und Kostüme eine Einheit ergeben.“ Für die drei kommt es daher gar nicht in Frage, sich angesichts der vermeintlich übermächtigen Konkurrenz des Circus Knie, ähnlich wie Monti oder Starlight eine andere circensische Nische beziehungsweise Marktlücke zu suchen. Dementsprechend haben die Nock-Schwestern auch einen Wunsch ans Schweizer Publikum: „Die Leute sollen wissen, dass auch wir einen schönen Circus machen.“ Ihr übergeordneter Anspruch ist es dabei, das momentan erreichte Niveau zu halten.

Dabei legen sie Wert darauf, in der Show ausschließlich junge, sympathische Artisten mit Ausstrahlung zu präsentieren. Auch Livemusik ist ihnen wichtig. „CD“, meint Alexandra Nock, „ist nur erlaubt, wenn die Musik auch wirklich perfekt zur Nummer passt“. Problem an der Sache: Die meisten Artisten reisten heute ohne Noten an und so müssten erst umständlich Musiken geschrieben werden, bedauert Alexandra Nock.

Zweitens vertrauen sie, auch wenn sie betonen, „letztendlich entscheiden wir alles zusammen“, auf eine klare Aufgabenverteilung. Verena, die mit 35 Jahren älteste Schwester, ist vor allem im administrativen Bereich zu finden, kümmert sich um Kasse und Presse. Bis zu ihrem 18. Lebensjahr hat sie außerdem in der Manege eine Kontorsionsdarbietung gezeigt: „Irgendwann hat dann der Rücken nicht mehr mitgespielt.“ Privat ist Verena seit 12 Jahren mit Rene Bügler liiert und hat zwei Kinder: 14 und 5 Jahre alt. Ihre jüngere Schwester Franziska (32) ist durch und durch Tiermensch. „Schon früher, als wir noch Kinder waren, haben wir, wenn wir sie gesucht haben, Franziska stets im Stall gefunden“, erinnert sich Verena Nock. Heute ist Franziska Nock nicht nur für die jährlich wechselnden Dressuren, sondern auch für die Organisation der Menagerie verantwortlich. Das Nesthäkchen, Alexandra Nock, wiederum ist für Programmzusammenstellung und Choreographie verantwortlich und ist obendrein jedes Jahr mit einer neuen artistischen Nummer im Programm vertreten. 2008 zum Beispiel an den Strapatentüchern, zusammen mit einer Hohen Schule ihrer Schwester Franziska. Die 30-jährige gibt dabei offen zu, dass sie hin und wieder schon etwas neidisch auf andere Artisten blickt: „Die zeigen ihr ganzes Leben eine Nummer und ich muss mir jede Saison etwas Neues ausdenken. Und immer dann, wenn ich mich mit der Nummer gerade wohlfühle, ist die Saison zu Ende.“

Drittens ist es sicher von Vorteil, dass ihre Eltern Verena und Franz Nock weiterhin unterstützend im Hintergrund agieren. Und so sagen auch alle drei Schwestern unisono: „Wir sind froh, dass sie noch da sind.“ Betonen aber gleichzeitig: „Das Programm, das ist allein unser Ding. Das bekommen auch unsere Eltern erstmals bei der Premiere zu sehen.“ Das wird auch 2009 so sein. Das neue Programm feiert am 14. März in Frick (AG) Premiere und steht unter dem Motto „Nockissimo“. Während die engagierten Artisten noch geheim sind, verrieten uns Alexandra und Franziska Nock bereits im Herbst 2008, was sie selbst in diesem Jahr in der Manege zeigen werden. Franziska wird eine Pferdefreiheit mit Andalusiern und Friesen sowie eine Exotendressur mit Kamelen, Zebras und Lamas in die Manege bringen. Außerdem wird sie zusammen mit Suzanne Chipperfield eine doppelte Hohe Schule reiten. Und Alexandra Nock hat gemeinsam mit Franziskas Lebensgefährten Alejandro (Flying Milla) eine Nummer am Trapez einstudiert.

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Text
: Sven Rindfleisch; Fotos: Tobias Erber, Sven Rindfleisch