CHPITEAU.DE

Ronald Voets alias Mark Rivas
„Wenn ich ein Pferd um mich habe, bin ich glücklich.“

Wien, 13. April 2012: 10.30 Uhr auf einem Schotterplatz in Wien. Im Zelt des Classic Circus Berlin lässt Jamena Lauenburger ihren Andalusier „Manitu“ ablaufen. Die 22jährige Direktorentochter, die bisher eher artistisch in Erscheinung getreten ist, erfüllt sich einen Kindheitstraum, trainiert für die Hohe Schule. Ihr Lehrer sitzt auf einen der Schalensitze in der ersten Reihe, beobachtet das Geschehen in der Manege, gibt hier und da Anweisungen, verteilt Lob. Wenig später sitzen wir im Wohnwagen von Ronald Voets, eben jenem Lehrer. Lebendig und sehr sympathisch erzählt der gebürtige Niederländer über seine Passion für Pferde, seine Karriere als „Mark Rivas“ und das Training mit Mensch und Tier.

Ronald Voets, geboren im Juli 1965, wuchs in Berlikum im Norden der Niederlande auf. Mit sechs Jahren entdeckte er seine Liebe zum Zirkus und zu den Pferden. „Den Namen Toni Boltini kannte damals jeder.  So etwas gibt es heute nicht mehr. Es war schon faszinierend: An einem Tag war die ganze Stadt voll mit Tieren und ein großes Zelt stand da, am nächsten Tag war alles wieder weg. Von da an habe ich immer den Traum gehabt, zum Zirkus zu gehen.“ Bei den Bauern in der Umgebung kann er seiner Passion für die Pferde nachgehen, nimmt Reitunterricht und bringt sich auch viel selbst bei. Er schafft sich ein eigenes Pony an, tritt mit ihm sechs Jahre lang als Clown verkleidet vor Kindern in Theatern auf. Später erwirbt er ein Schulpferd und übernimmt auch zwei Kamele des Circus Herman Renz. 1994, mit 29 Jahren, entscheidet sich Voets dann ganz für eine Karriere in der Manege. „Ich hatte mein Pony selbst dressiert, ein Schulpferd ausgebildet – da dachte ich mir, jetzt bist du reif für den Zirkus.“ Beim belgischen Zirkus Monelly tritt er sein erstes Engagement an, zeigt neben seinen eigenen Tieren auch die Pferde und Kamele des Unternehmens. Nach eineinhalb Jahren wechselt er zu Alexandre Bouglione, bleibt dort drei Saisons lang. Bei Fossett´s Circus in Irland hingegen bleibt er nur kurz, die Art der Haltung seiner Tiere gefällt ihm nicht und so reißt er ab. Nur um eine Woche später wieder in Irland zu landen. Beim Zirkus der Gebrüder Courtney steht er wieder mit Kamelen und Shetlandponys in der Manege.

„Dabei wollte ich nie Shetlandponys dressieren. Ich dachte immer: Ein Mann und diese kleinen Tiere, das passt nicht.“ Die letzten beiden Jahre, 2010 und 2011, ist Voets in seiner Heimat zu sehen. Beim Circus Belly-Wien steht er allerdings nicht mit Tieren, sondern als Sprechstallmeister in der Manege, kümmert sich zunehmend mehr um administrative Aufgaben, eine Arbeit „die nicht wirklich gefällt, aber notwendig ist.“ Darüber hinaus trainiert er aber auch hier die verschiedensten Tierarten und den Nachwuchs der Artisten. Zwischen den Zirkus-Stationen kommt Voets immer wieder nach Hause. Zu Hause, das ist ein Hof in Enschede. Dort bildet er fremde Pferde in der Hohen Schule, aber auch in der Freiheitsdressur aus. Auch seine Pferde, ein Schulpferd und das Pony, genießen hier ihre Altersruhe.


Clown, Ausbilder und Pferdenarr: Ronald Voets

Beim dortigen Festival, dessen Direktor er bis heute zu seinen Freunden zählt, stand er 2006 als „Mark Rivas“ in der Manege. Der Künstlername „Mark Rivas“ war dabei mehr ein Zufall. Eine Angestellte im Club eines Freundes war Spanierin und hieß Margarita Rivas. Als er dann einen Künstlernamen suchte, viel Voets der Name wieder ein und seit dem reitet eben „Mark Rivas“ die Hohe Schule. Eigentlich wollte Voets 2012 in Enschede bleiben und nicht auf Tournee gehen, doch dann kam der Anruf aus Österreich. In Zukunft möchte er sich aber wieder auf die Ausbildung von fremden Tieren auf seinem Hof in Enschede konzentrieren und vielleicht dann auch, so sagt er mit einem Augenzwickern, ein Buch über sein Leben schreiben. Noch aber ist er auf Tournee. Im Classic Circus Berlin trainiert Voets zurzeit zusammen mit seiner Schülerin Jamena Lauenburger zwei sechsjährige Hengste. Seit rund fünf Jahren arbeite sie mit „Gipsy“, einem Friesen, und eben „Manitu“, dem Andalusier, erzählt Jamena. Unterstützt worden sei sie die dabei in den letzten Jahren von mehreren Partnern, doch erst jetzt – mit Voets – gebe es wirkliche Fortschritte. „Wie zu den Tieren muss man auch zu dem Menschen Vertrauen haben. Auf ihn ist immer Verlass, solche Menschen muss man haben.“ Training gebe es fast jeden Tag, einen festen Zeitplan hingegen nicht. „Ich trainiere lieber dreimal am Tag für einen kurzen Zeitraum als zu einem festen Zeitpunkt die Manege dann nur  für eine Stunde nutzen zu können.“


Jamena Lauenburger und Ronald Voets

Das kurze Training fördere die Konzentration von Mensch und Tier, denn beide bräuchten auch Zeit zum „Nachdenken“. „Man muss das Erlernte in den Kopf lassen, das braucht Zeit.“ Das Wichtigste im Umgang mit Tieren sei halt die Geduld, auch wenn es ihn manchmal nerve, dass man für „sechs Minuten Auftritt manchmal fünf Jahre üben muss.“ Aber man dürfe halt keinen Druck machen. „Ich will es als Spiel haben. Es geht nur Millimeter für Millimeter.“ Die Übungen werden zunächst am Boden durchgeführt, Voets und Lauenburger leiten das Tier also nebenstehend an, erst dann gehe es aufs Pferd. Wichtigstes Hilfsmittel bei den Proben ist die Zuckerbelohnung. „Ohne die fangen wir erst gar nicht an. Manchmal muss ich dann halt noch mal zurückrennen, wenn ich es vergessen habe – aber die Belohnung ist nun mal entscheidend“, sagt dann auch Jamena. Schläge sind für beide tabu. „Dann bin ich doch kein Freund. Es geht nur über Vertrauen. Wir und die Pferde sind schließlich ein Team.“ Die Kommandos geben Voets und Lauenburger zumeist in deutscher und französischer Sprache. Die Laustärke sei dabei nicht wichtig, vielmehr müsse es von Anfang an „gute Zeichen“, also deutliche und vor allem immer gleichbleibende Zeichen, geben. Genauso wichtig wie das Training mit den Tieren sei die Ausbildung der Reiter.
 

„Wenn das Pferd alle Tricks beherrscht, du aber nicht reiten kannst, fehlt die Balance.“ Daher gebe es auch Training ohne Pferde, in der vor allem die Fuß-und Beinhaltung geprobt wird. „Das Lenken der Tiere geht nur über die Beine, die Arme sind überflüssig.“ So sei eine Übung etwa auch, sich die Arme zu verbinden um sich auf die Beinarbeit zu fokussieren. Zentral sei der Spaß am und mit Tier und an der gemeinsamen Arbeit, so Voets. „Wenn ich ein Pferd um mich habe, bin ich glücklich. Wenn ich dann in ein Zelt gehe, bin ich da, hab ich Lust.“ Als großes Vorbild nennt er Yasmine Smart. „Diese Frau hat einfach eine unglaubliche Ausstrahlung.“ Begeistern kann er sich aber auch für die Dressuren der Familie Knie oder Florian Richter und überlegt im gleichen Augenblick, noch am Abend nach Ungarn zu fahren und sich Richters „Horse Evolution Show“ anzuschauen. Eine wichtige Inspiration für Voets ist die Musik. „Sie schafft Emotionen, bei mir und beim Publikum.“ Heute seien halt neben den verschiedenen Tricks auch der Verkauf – Kostüm, Licht und eben Musik – sehr wichtig. „Wenn die Musik kräftiger wird, dann kann das Tier nicht abliegen. Das passt nicht, da muss ein Steiger folgen.“ Übrigens, wer mit Ronald Voets in Kontakt treten möchte, erreicht ihn per E-Mail unter libertydressage@hotmail.com.

_________________________________________
Text: Benedikt Ricken, Fotos: Benedikt Ricken, Sven Rindfleisch, Ronald Voets