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Elmar Kretz - "Equus" 2017
www.elmarkretz.de ; 143 Showfotos

Kempten, 5. November 2017: Mit seiner Pferdeshow „Equus“ hat sich Elmar Kretz einen weiteren Traum erfüllt. Bisher machte er vor allem mit Dinnershows im Gasthaus seiner Eltern, mit dem Ravensburger Weihnachtscircus und mit kurzen Circus-Tourneen von sich reden. Nun mietete er sich für zwei Vorstellungen in der bigBOX Allgäu ein, einer modernen Veranstaltungshalle in Kempten. Howard Carpendale gab ihm die Klinke in die Hand, und Bülent Ceylan löst Kretz nach seinen Auftritten ab. Insgesamt 3600 Besucher wurden in den „Equus“-Aufführungen gezählt.

Das ist umso bemerkenswerter, als Elmar Kretz für diese Produktion auf ein Rabatt- und Freikartensystem, wie es bei Circustourneen durchaus üblich ist, nach eigenen Angaben verzichtet hat. Offenbar trug die renommierte Veranstaltungsstätte ihren Teil zum Erfolg bei. Wie auch der Name Elmar Kretz, der im Allgäu zur Marke geworden ist. Nicht zuletzt, weil der umtriebige Circusmacher sich selbst offensiv in den Mittelpunkt seiner Produktionen rückt.


Finale mit "Knie"-Artisteneingang, Blick auf "Louis Knie"-Piste und Tribüne beim Abbau 

Elmar Kretz hat für "Equus" einen bemerkenswerten Aufwand betrieben. Neben dem bisherigen Artisteneingang des Schweizer National-Circus Knie konnte er kürzlich auch die Sternen-Piste des früheren Österreichischen Nationalcircus von Louis Knie sen. erwerben. Beides zusammen ergibt ein edles Bild vor den schwarzen Bühnenvorhängen der bigBOX. Mit 40 Kubikmeter Erde und Lehm wurde die Manege gefüllt. Gegenüber dem Artisteneingang ragt steil die Tribüne der Veranstaltungshalle auf, so dass ein schöner Panoramablick von oben auf das Geschehen entsteht. Ins rechte Licht gerückt wird die Show durch modernes, starkes Licht, das zuvor im Studio programmiert wurde. Talent hat Elmar Kretz auch als Musiker. Und so spielt die Musik in Equus eine besondere Rolle. 24 Arrangements hat Kretz im Vorfeld schreiben lassen und dafür alle Stücke selbst ausgewählt. Live gespielt werden sie von 15 professionellen Musikerinnen und Musikern aus der Ukraine, die drei Tage lang gemeinsam im Gasthaus der Familie Kretz geprobt haben. Dabei handelt es sich im Kern um die Band des Ravensburger Weihnachtscircus, die für „Equus“ erweitert und von Roman Mariash dirigiert wurde. Persönlichkeiten mit prominenten Namen tragen im Hintergrund zum Gelingen bei: Louis Knie jun. führte Regie, Gino Edwards (ehemals „Zauberwald“) koordiniert die Abläufe hinter den Kulissen.


Elmar Kretz 

„Equus“ ist der lateinische Begriff für Pferd. In einem gesprochenen Prolog aus dem Off beschreibt Elmar Kretz „Equus“ als Fabelwesen, als edlen Schimmel, der wie aus Carrara-Marmor geformt zu sein scheint und trotzdem im nächsten Moment zu galoppieren beginnt. Auf seiner Reise durch Raum und Zeit treffe er auf edelste Pferde und wagemutige Artisten. Und so wird die Vorstellung eingerahmt von den beiden Auftritten des Direktors mit seinen Araberschimmeln. Zu Beginn präsentiert er verschiedene Solo-Steiger, zum Abschluss seine Freiheitsdressur mit vier Tieren. Dabei macht Elmar Kretz sowohl die sanfte als auch die feurige Seite seiner Hengste deutlich. Wenn er sie nur mit Gesten, ohne Peitsche, zu Pirouetten anleitet und auf Tuchfühlung mit ihnen geht. Nur um sie dann wenig später, aus vollem Lauf heraus, zum feurigen Gruppensteiger zu rufen.

 
Anja Beran, Nicole Ciroth, Silivia Wimmer 

Ansonsten spielt die Handlung aber keine erkennbare Rolle mehr. Pferde- und Artistennummern reihen sich in dichter Folge aneinander, ohne dass sich eine echte Geschichte ergäbe. Dafür ist es Elmar Kretz gelungen, einige ganz hochkarätige Vertreter des Pferdefachs zu verpflichten. Allen voran Anja Beran, die Circusfreunden vor allem durch ihre Zusammenarbeit mit Jana Lacey-Krone bekannt ist. Auf Lusitano Bue reitet sie eine vorzügliche Hohe Schule, begleitet von Tänzerin Nicole Ciroth. Das Pferd mit seiner Reiterin und die Solistin tanzen gemeinsam durchs Sägemehl, bilden eine Einheit. In einer „Reitschulszene“ zeigt Anja Beran Figuren auf dem Hengst Ofendido der Pura Raza Española. Dabei begleitet Silvia Wimmer die Runden um die Manege und gibt mit einer Gerte feine Hilfen. Aus dem Krone-Bau bekannt ist schließlich das reiterliche Schattenspiel im großen Ballon, hier mit Anja Beran auf Lusitano Pao und Tänzerin Nicole Ciroth.


Fabian Hellstern, Vera Munderloh und Marcel Egger, Emilie Jumeaux 

Einer der Höhepunkte im Programm ist das Pas des Deux mit Vera Munderloh auf Lusitano Super und Marcel Egger auf Warmblut Cadiz. Sie im selten gezeigten Damensitz, er mit Frack und Zylinder zeigen in Vollendung Spanischen Tritt, Piaffe, Passage und Galopp. Ein äußerst stilvolles, nostalgisches Bild. Beide Reiter kommen vom Team Anja Beran. Mit dem 22-jährigen Fabian Hellstern wurde zudem ein junger Könner verpflichtet. Im ersten Programmteil zelebriert er eine Hohe Schule mit Garrocha. Dabei demonstriert er die Arbeit mit dem Hirtenwerkzeug und reitet enge Volten um die Stange. In Teil zwei folgt sein Tandem-Hohe-Schule; Hellstern reitet also auf einem Pferd und leitet ein anderes am Zügel vor sich an. Dabei wird er gesanglich von Nicole Ciroth mit der Puccini-Arie „Oh mio babbino caro“ begleitet, live gesungen inmitten des Publikums. Den höchsten Unterhaltungswert hat sicherlich der Auftritt von Emilie Jumeaux auf einem schweren französischen Edelkaltblut. Quickchange auf dem Rücken eines galoppierenden Pferdes haben wir jedenfalls zuvor noch nicht gesehen.


Alexandra Gerbey, Ania Filipowska, Duo Pashenko 

Doch „Equus“ ist nicht nur Pferde-, sondern auch Artistikshow. Dieses Versprechen löst unter anderem das Duo Ania Filipowska ein. Die Namensgeberein zelebriert elegante Handstände, ihre Partnerin Natalja Majer zeigt Kraft und Beweglichkeit am Pole. Gemeinsam sorgen die beiden für die Pausennummer, in der sie Akrobatik am Luftring und in einem wassergefüllten Plexiglasbecken kombinieren. Zu diesem sinnlichen, Funken sprühenden Auftritt spielt das Orchester „Skyfall“. Zuvor beweisen die Musiker mit „For your eyes only“ ihr Können in einem rein musikalischen Programmpunkt. Bestens bekannt sind schließlich das Duo Pashenko mit ihrer starken Hand-auf-Hand-Nummer und Alexandra Gerbey. Sie vereint Tuchakrobatik mit Gesang und begleitet mit ihrer großartigen Stimme auch an weiteren Stellen das Orchester. Ursprünglich war für den artistischen Part die von "Alexis Gruss" und dem Friedrichstadt-Palast bekannte Formation "Les Farfadais" angekündigt.


Artur Nieberle, Team Farbenfroh 

Eine gut gefüllte Manege ergibt sich mehrfach durch das Team des Fohlenhof Farbenfroh von Artur Nieberle aus Kaufbeuren. Ein spektakuläres Bild schafft Nieberle selbst im von Ponys gezogenen Streitwagen. An der Rückseite des Gefährts sprühen Pyro-Funken. Tolle Bilder zeichnen sechs junge Mädchen bei der Quadrille. Sie reiten schwierige und abwechslungsreiche Figuren. Originell ist auch die Nummer, bei der drei junge Frauen auf Sulkys mit vorgespannten Ponys fahren. Aus drei Tüchern flechten sie durch ihre Touren einen Zopf. Als Zugabe lenken einige junge Damen Sulkys, während sie Drachenflügel an ihren ausgebreiteten Armen tragen. So können sie die Fahrzeuge und Ponys nur noch mit ihren Beinen dirigieren. Talentierter Nachwuchs ist zudem Milena Kretz. Die neunjährige Tochter des Direktors stellt selbstbewusst und fröhlich einen Sechserzug Miniponys vor, lässt die Ponys aus dem Bestand ihres Vaters durch Reifen laufen und springen.

Diese hochwertige Produktion überzeugt mit exzellenter Reitkunst, erlesenen Feinheiten, stimmungsvollen Momenten. Es sind Kammerspiele im großen Rahmen. Die Publikumsreaktion an diesem Sonntagnachmittag ist eindeutig. Kaum öffnet sich der Vorhang zum Finale, erheben sich die Besucher zu ausdauernden Standing Ovations. Ein glücklicher, euphorischer Elmar Kretz kündigt für das erste November-Wochenende 2018 eine neue Pferdeshow in der bigBOX unter dem Titel „Equus II“ an. Wir freuen uns darauf – dann, nach dem starken Schwerpunkt auf dem Dressurreiten in diesem Jahr, hoffentlich noch mit vielen weiteren Facetten der equestrischen Künste, vom Jockeyreiten bis zur ungarischen Post.

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Text: Markus Moll, Fotos: Tobias Erber