Nein, es warten noch viele weitere aufregende Stationen auf ihn. In
den kommenden Wintersaisons wird er beispielsweise im Offenburger
Weihnachtscircus (2017/18), im Kronebau München (Februar 2018) und
dann nacheinander im Weltweihnachtscircus Stuttgart (2018/19) sowie
im Wereldkerstcircus Carré (2019/20) zu erleben sein.
 
Früh übt sich, wer ein Meister
werden will
Doch wer hoch hinaus will, der muss früh anfangen. Der
Deutsch-Spanier Michael Ferreri begann mit dem Training für seine
Jonglagen im Alter von elf Jahren. Zuvor hatte er bereits probiert,
ob das Drahtseil etwas für ihn wäre. Auf diesem Requisit feierte sein
Vater Miguel jahrzehntelang Erfolge. „Aber ich habe
nichts gefühlt dabei, und da habe ich es wieder beiseite gelegt.“
Als nächstes trainierte er acht Monate lang Handstände. „Aber das
war auch nicht das, was ich machen wollte.“ Schließlich probierte er
mit drei Bällen zu jonglieren. „Und da merkte ich, das ist genau
mein Ding.“ Dabei ist Michael Ferreri weitgehend Autodidakt. Er hat
sich das Jonglieren in weiten Teilen selbst beigebracht. Das
Resultat ist umso bemerkenswerter, als Michael Ferreri auf dem
rechten Auge fast gar nichts sieht. Seine Sehkraft beträgt hier nur
etwa zehn Prozent. Auch wenn er keine Artistenschule besucht hat,
ganz ohne Unterstützung musste er beim Training auch nicht
auskommen. „Wenn wir in einem Circus engagiert waren, in dem ein Jongleur dabei war, dann hat er mir natürlich Ratschläge
gegeben.“ Besonders beeinflusst habe ihn Karl Ramwell. Mit diesem
war die
Familie Ferreri in der Saison 2008 im Cirkus Merano engagiert.
„Er hat mir viel geholfen.“ Michaels Vater Miguel konnte ihm als
Drahtseil-Artist beim Jonglieren dagegen nur wenig beibringen. „Er
hat mich eher beraten, wie ich in der Manege auftreten soll.“ Dabei
wäre eine schwermütige, verkopfte Choreographie Michaels Sache nicht.
Lieber präsentiert er sich im klassischen Circusstil, gut gelaunt,
witzig und voller Tempo. Ein echter Showman schon in jungen Jahren.
Er liebt es, mit dem Publikum zu spielen. „So wie ich in der Manege
stehe, das bin ich!“, erklärt Michael Ferreri am Vormittag nach der
Knie-Saisonpremiere in seinem Wohnwagen in Rapperswil.

Ein echter Showman schon in
jungen Jahren
Ein Markenzeichen seiner Nummer ist, dass ihm die zusätzlichen Bälle
aus einem Behälter in der Kuppel zufallen – eine Idee, die sein
Vater und der Direktor des Circus Vargas gemeinsam hatten. „Vorher
hatte ich ja an eine Art Kanone gedacht, die mir die Bälle
zuschießt“, sagt er und lacht fröhlich. Sich immer wieder nach einem
Tisch umzudrehen, auf dem die Bälle liegen, das empfinde er dagegen
als altmodisch. Seit fünf Jahren hat er die „Bälle von oben“ nun in
der Nummer. Und seit einiger Zeit gibt es den Gag, dass scheinbar
ein Ball zu viel aus der Kuppel fällt. Michael tut so, als könne und
wolle er gar keinen neunten Ball mehr jonglieren – und schafft es
dann natürlich doch. Die Idee ist entstanden, als tatsächlich mal
ein Ball zu viel das Behältnis verließ. „Ich wollte auch gerne etwas
Comedy in der Nummer haben.“ Und weil er der Meinung war, die
Jonglage mit neun Bällen sei als Schlusstrick nicht effektvoll
genug, überlegte er sich etwas anderes. Michael Ferreri jongliert
mit sieben leuchtenden Bällen im Dunkeln und balanciert dabei einen
achten auf dem Kopf. Die Bälle nimmt er hierzu von einem Gestell
auf, das vor ihm steht. „Das Schwierige daran ist, dass ich ja nach
oben schaue und deshalb nicht sehen kann, wo die Bälle liegen“, sagt
er. Die Frage, warum es ihm die Bälle besonders angetan haben,
vermag er dagegen nicht zu beantworten: „Ich kann auch mit Keulen
oder Ringen jonglieren, aber nicht richtig gut. Ich habe lieber
meine gesamte Zeit auf die Bälle verwendet, als zwei Stunden hier
und zwei Stunden da zu investieren.“ Lange Zeit trainierte er etwa
drei Stunden pro Tag mit den Bällen, um seine Darbietung aufzubauen.
Heute absolviert er meist nur noch seine „tägliche Routine, um den
Standard zu halten.“ Außerdem springt er Seil. Von einem
übertriebenen Fitnesstraining hält er jedoch nichts: „Nach 50
Liegestützen ist es schwer, abends zu jonglieren.“
  
Bereits 2011 und 2014 war
Michael Ferreri in der Schweiz zu erleben - bei Royal und Nock
Seinen ersten öffentlichen Auftritt hatte er 2008 in der letzten
Vorstellung der Saison im Cirkus Merano in Norwegen. Daraufhin bekam
er den Vertrag für 2010 in diesem Unternehmen – verbunden mit einem
Re-Engagements seines Vater Miguel und dessen Drahtseilnummer. 2011
erlebten wir Michael Ferreri erstmals im Schweizer Circus Royal. Da
war er im Programm „Die neue Generation“ engagiert. Er „sucht und
findet bei seinem Auftritt mit fröhlicher Ausstrahlung den Kontakt
zum Publikum“, zeigten wir uns auf Chapiteau.de schon damals von
seinem Auftritt begeistert. Auf zwei Jahre beim Circus Vargas in den
USA folgte der Vertrag beim Circus Nock 2014. Und nun begeisterte er
uns vollends, seinen Auftritt bezeichneten wir in unserer
Programmbesprechung als „großes Highlight der Show“. Und weiter:
„Schnell, elegant und sicher hält er bis zu neun Bälle in der Luft.
Seit seinem Engagement im Circus Royal 2011 ist aus dem Kind ein
junger Mann mit viel Ausstrahlung geworden.“
  
Erfolgreich bei Festivals -
u.a. in Massy (mit Vater Miguel), in Wiesbaden und Bukarest (mit Juan
Gutierrez)
Weiter ging es auf der Karriereleiter, mit Stationen 2015 bei Arena
(Dänemark) und 2016 bei Arnardo (Norwegen). Dazu kamen
Winter-Engagements wie beispielsweise bei Flic Flacs 7. Festival der
Artisten in Kassel 2015/16 und viele erfolgreiche
Festivalteilnahmen. Jedes Mal erreichte er mindestens Bronze, und
zwar 2014 beim Cirque de Demain in Paris und in Albacete sowie 2016
in Massy. Über Silber freute er sich 2015 beim New Generation
Festival in Monte Carlo, 2016 in Namur und 2017 in Bukarest. Und im
Oktober 2016 holte er beim European Youth Circus in Wiesbaden Gold
bei den Älteren. Hinzu kamen bei den verschiedenen Festivals natürlich zahlreiche Sonderpreise. Die
Auszeichnung beim New-Generation-Festival brachte ihm auch eine
Einladung zum „großen“ Festival in Monte Carlo: „Aber zuerst möchte
ich ihm noch besser werden.“ Sein Traum wäre es, dort mit der
Jonglage von elf Bällen aufzutreten. Aktuell hält Alexander Koblikov
den Rekord mit zehn jonglierten Bällen bzw. habe sich in den Proben an 14 Bällen
versucht – allerdings mit einer anderen Technik, bei der immer zwei
Bälle gleichzeitig geworfen werden. Und nicht nur die bloße Zahl der
Bälle will er steigern, generell sollen seine Tricks, auch die mit
weniger Bällen, noch schwieriger werden. Viel wichtiger als ein
Preis sei es ihm allerdings bei einem Festival, gut zu arbeiten.
„Wenn ich gut gearbeitet habe, dann bin ich zufrieden. Ich kann auch
nicht zu einem Festival gehen und sagen, ich muss gewinnen.
Schlimmer wäre, schlecht zu arbeiten und dafür einen Hauptpreis zu
gewinnen.“ Am bedeutsamsten empfand er bisher seine allererste
Festival-Teilnahme, die beim Cirque de Demain in Paris. „Zuvor hatte
ich meine Nummer komplett umgestellt. Viele Leute haben mich dort
arbeiten sehen, und ich habe ein professionelles Video und tolle
Fotos von meinem Auftritt bekommen“, berichtet er.
  
Michael Ferreri in der
Manege des weltbekannten Schweizer National-Circus Knie
Eine Festival-Teilnahme scheint auch nicht ganz unbedeutend für
seinen Vertrag beim Schweizer National-Circus gewesen zu sein. Zwar
kam er schon bei seinem Knie-Besuch 2014 mit Géraldine Knie ins
Gespräch. Doch nachdem deren Mutter Mary-José Knie ihn 2015 beim
Festival New Generation erlebte, bekam er zwei Tages später eine
Buchungsanfrage des weltbekannten Unternehmens per E-Mail. Und auch
aus dem Varieté-Bereich hatte er schon Offerten, aber noch nie in
einem gearbeitet: „Ich bin ein richtiger Circusmensch“, sagt er.
Zumal eine Circussaison auch sechs bis sieben Monate Arbeit biete,
während Varieté-Engagements oft sehr kurz seien. Michael Ferreri
liebt den Circus. „Ich bin hier geboren und aufgewachsen. Ich kenne
auch gar nichts anderes und fühle mich wohl im Circus, das Reisen
ist wunderbar“, sagt er. Seine Freunde hat er auf dem Circusplatz:
„Ich bin nie allein, ich bin immer mit jemandem unterwegs“.
  
Circuskind Michael mit
Cousin Tonito und Bruder Steven, mit Eltern und Bruder, mit Onkel
Toni und Tante Jeanette Alexis
Und natürlich entstammt er einer traditionsreichen Circusfamilie.
Sein spanischer Vater Miguel Ferreri musste seine Manegenkarriere
nach der Saison 2013 beim Circus Vargas aufgrund von Rückenproblemen
beenden. Mit seiner Drahtseilnummer war er in Deutschland unter anderem von Saisons
bei Giovanni Althoff und Fliegenpilz oder im Winter dem Offenburger
Weihnachtscircus (Direktion Anja Oschkinat) und dem Circus-Krone-Bau
bekannt. Der jüngere Sohn Steven, Michaels Bruder, will die
Drahtseil-Tradition nun fortsetzen. Eine treue Begleiterin ist
Mutter und Ehefrau Ilona Bügler-Ferreri aus Deutschland, die
Schwester von Jeanette Alexis. Damit ist der bekannte Clown Toni
Alexis Michaels und Stevens Onkel, und dessen Söhne Totti und Tonito
sind
ihre Cousins. Michael Ferreri ist eben ein echtes Circuskind.
  
Lebendige
Circustradition: Steven Ferreri, Vater und Sohn, Miguel und Ilona
Ferreri
Bis zum Alter von 17 Jahren bekam er Schulunterricht. Zunächst wurde
er über eine spanische Fernschule ausgebildet. Seine Mutter
unterstützte ihn bei der Bearbeitung der Unterlagen. Die letzten
beiden Jahre seiner Schullaufbahn konnte er reguläre Schulen besuchen, während die Familie in den USA engagiert war. Dort
fand der Unterricht auf Englisch statt. Und so schätzt er sein
Deutsch selbst nur als „okay“ ein, Englisch und Spanisch beherrsche
er viel besser. Doch das ist charmant-bescheiden, denn das gesamte
Interview wurde in fließendem Deutsch geführt. |