Chapiteau.de: Was denkst du, wenn du durch die Stadt läufst und überall auf den Plakaten dein Gesicht siehst?
Alexander
Lacey: Um ehrlich zu sein: Das ist nichts Ungewöhnliches für mich.
Insbesondere, wenn ich für Sascha [Melnjak] arbeite. Als ich 2007 bis
2011 das erste Mal für Sascha arbeitete, hatte er mich schon auf allen
Plakaten. Ich hatte zudem das Glück, dass mein Gesicht auch auf allen
Reklametafeln, Plakaten und Programmheften von Ringling Brothers war.
Und das sogar am Times Square. Ich bin ziemlich stolz, auf dem
Screen dort gewesen zu sein. Aber es steigt mir nicht zu Kopf.
Ich versuche, nicht auf diese Weise darüber zu denken. Für mich ist es
nicht wichtig, mein Gesicht zu sehen. Es geht darum, dass die
Tiernummer auf dem Plakat ist. Das sehe ich gerne. Marek [Jama] ist mit
seinen Tieren auch auf den Plakaten. Auch wenn das Festival in Monte
Carlo die Tiere auf dem Plakat hat, freut es mich, das zu sehen. Es
geht also eigentlich nicht um mich. Es geht um die Tiere.

Heilbronner Weihnachtscircus 2010/11
Chapiteau.de: Bist du glücklich, wieder in Europa zu sein?
Alexander
Lacey: Auf jeden Fall. Ich liebe die USA, es war großartig dort. Von
meinem Vertrag waren noch drei Jahre offen. Aber wie wir alle wissen,
hat Ringling den Betrieb eingestellt. Ich liebe Deutschland. Ich war
hier sehr glücklich. Deutschland war immer gut zu mir, eigentlich zu
meiner ganzen Familie, Martin eingeschlossen. Ich habe insgesamt neun
Jahre in Deutschland gearbeitet, bevor ich in die USA gegangen bin. Das
ist mein zehntes Jahr. Es war schön in Frankreich gewesen zu sein und
für Thierry Feery in Lille gearbeitet zu haben. Es war unser erstes
Engagement nach der Rückkehr. Ich bin überall dort glücklich, wo meine
Tiere glücklich sind. Einer der Gründe, warum ich die USA so sehr
genossen habe war, dass die Anlagen, die ich dort für meine Katzen
hatte, absolut fantastisch waren. Und jeder Ort, an dem ich solche
Anlagen habe, macht mich glücklich. Charles Knie ist ein anderer Ort, an
dem das so ist. Ich bin also glücklich, hier zu sein.
Chapiteau.de: Wie schwer war es, die Entscheidung zu treffen, wohin zu gehen nach dem plötzlichen Ende von Ringling?
Alexander
Lacey: Es war nicht zu schwer. Denn es gab nicht allzu viele Optionen,
um ehrlich zu sein. Ich hatte Optionen, nicht nur in Europa. Irgendwo
weit weg, wie Japan, sogar China und Russland. Aber ich bevorzugte viel
mehr den Gedanken, in Europa zu sein. Auch wieder nah bei meinem Bruder
zu sein. Deutschland gab mir die perfekte Gelegenheit. Wie ich schon
sagte, war ich fünf Jahre bei Charles Knie, bevor ich Deutschland
verlassen habe. Alles war wunderbar. Als ich mit Sascha sprach, war er
interessiert und bot einen Vertrag an, den ich sehr gerne
unterschrieben habe. Es war also insgesamt nicht schwer, diese
Entscheidung zu treffen.

Zirkus Charles Knie 2008
Chapiteau.de: War es schwer, die Tiere zurück nach Europa zu bringen?
Alexander
Lacey: Ob man es glaubt oder nicht, es war nicht so schwer. Wenngleich
man, wenn man Facebook verfolgt hat, gedacht hätte, dass es schwierig
war. Es gibt einen sehr langen Prozess, wenn man die Papiere beantragt,
um in die USA zu fliegen und zurück zu fliegen. Und es war dafür
super, dass
ich neun Jahre in Deutschland war, bevor ich in die USA aufbrach. In
Deutschland gibt es die Leitlinien. Es muss also in jeder Stadt, in die
du gehst, der Amtstierarzt das Buch unterschreiben und sicherstellen,
dass alles in Ordnung ist. Teil des Prozesses, um in die USA zu fliegen
ist, dass sie deine Historie sehen wollen, wie du dich um deine Tiere
gekümmert hast. Ich habe eine sehr gute Historie, eine sehr gute Akte
über die Haltung der Tiere. Die deutschen Leitlinien haben mir sehr
viel bei den Überprüfungen geholfen, die wir hatten. Für den Rückflug
von den USA nach Europa war es genauso. Sie würden mich nur gehen
lassen, wenn ich eine gute Akte hätte. Nun war ich sechs Jahre lang in
den USA, und ich habe vieles verändert. Wir haben die Tiere nicht mehr
mit dem Zug befördert, wir sind auf der Straße gefahren, um die
Transportzeiten zu verkürzen. Wir hatten die
großen Außengehege, wie wir sie in Europa haben. Als ich in Amerika
ankam, habe ich all das verändert. Also hatten wir diese Gehege, und
wir
bauten sie in jeder Stadt auf. Und wenn wir in jeder Stadt geprüft
wurden, waren die lokalen Behörden sehr überrascht, diese Aufbauten zu
sehen. Denn es wurde in der Vergangenheit nicht auf diese Weise
gemacht. Folglich hatte ich eine sehr gute Akte. Insofern war es
eigentlich ganz einfach, die notwendigen Papiere zu bekommen.
Allerdings war es ein langwieriger Prozess. Daher erschien es auf
Facebook so, als ob es schwierig war. Denn wenn du die Papiere
beantragst, gibt es eine sechswöchige Wartezeit, wenn der ganze Prozess
beendet ist. Der Prozess an sich dauert vier Monate. Am Ende der vier
Monate gibt es einen sechswöchigen Prozess, bei dem sie zu dir
sagen: ‚Ok, alles ist gut. Aber wir müssen die Öffentlichkeit wissen
lassen, dass du zurück nach Europa fliegst.‘ Und natürlich, sobald die
Öffentlichkeit es weiß, finden es die Tierrechtsaktivisten heraus. Sie
versuchen, eine große Diskussion daraus zu machen und sagen, dass ich
nicht fliegen soll und so weiter. Aber diese öffentliche
Meinungsbefragung ist wirklich nur eine
Formalität des gesamten Prozesses, um nach Übersee zu fliegen. Ohne
Rücksicht darauf, ob die Menschen wollen, dass du fliegst oder nicht,
betrachten sie deine Leistungsaufzählung. Und ich hatte eine sehr gute
Leistungsaufzählung. Die Papiere waren also kein Problem. Es war nicht
schwer, nur ein langwieriger Prozess.
Chapiteau.de: Wie lange hat es gedauert, die neue Gruppe aufzubauen?
Alexander
Lacey: Um ehrlich zu sein: es ist ein immerwährender Prozess. Als ich
in die USA ging, hatte ich meine ursprüngliche Gruppe, die wir hier bei
Charles Knie hatten. Aus dieser ursprünglichen Gruppe habe ich die
Katzen gezüchtet, mit denen ich jetzt arbeite. Als ich in den USA
ankam, arbeitete ich zunächst mit meiner alten Gruppe. Dann habe ich
ganz langsam die jüngeren Tiere hereingenommen, wenn sie dafür bereit
waren. Danach habe ich sukzessive meine alte Gruppe verloren. Sie sind
aufgrund ihres hohen Alters verstorben, und am Ende hatte ich nur noch
die neue Gruppe. Aber einige Dinge sind währenddessen passiert. Zu
allererst war Mister Feld sehr gut zu uns. Als ich in den USA ankam,
erzählte ich ihm, dass ich möglicherweise einige der älteren Tiere in
den Ruhestand schicken müsse. Aber ich wollte sie bei mir behalten, oder
sie sollten weiterarbeiten, aber nicht mehr so viel machen. Er war
großartig, er gab mir all die Anlagen und kam für die dadurch entstandenen
Kosten auf. Und dann sollten wir eine Nummer mit zwei Tigern und einem
männlichen Löwen auf drei Elefanten machen. Die Gleiche, die Louis Knie
sen. vor Jahren bei Knie gemacht hat. Louis wurde sogar unter Vertrag
genommen, um herüberzukommen und mir zu helfen. Also flogen wir die
Katzen ein. Die beiden Tiger wurden von meinem Vater gezüchtet, der
männliche Löwe von meinem Bruder. Wir begannen sie zu trainieren. Aber
als es Zeit wurde, das Training mit den Elefanten zu beginnen,
beschlossen sie, die Elefanten aus der Show zu nehmen. So wurde aus
meiner Gruppe von elf Tieren eine von 14, denn ich musste diese drei
Katzen in meine Nummer integrieren. Und dann erlebte ich am letzten Tag, als ich
die USA verließ, eine unglückliche Wendung des Schicksals. Daran
arbeite ich noch immer mit dem Anwalt in den USA. Denn als wir
zurückfliegen wollten, verschwand das Transportunternehmen während
unserer Fahrt nach Memphis, Tennessee für eine Stunde. Wir wussten
nicht, wo sie hingegangen waren, wir konnten sie nicht finden. In
dieser einen Stunde, in der sie weg waren, kam ein Tiger frei. Wir
sind nach wie vor nicht sicher, ob er seitens des
Transportunternehmens, also von den Fahrern freigelassen wurde oder ob jemand dafür
bezahlt wurde. Ich verlor einen Tiger auf dem Weg zurück, und das hat
die Gruppe stark beeinflusst. Aktuell bin ich dabei, eine Menge an
Dingen neu zu trainieren und die Gruppe wieder in die gewohnte Form zu
bringen.
Chapiteau.de: Wie viele Tiere hast du zur Zeit?
Alexander
Lacey: Ich arbeite mit 13 Tigern und Löwen sowie einem Leoparden. Der
Leopard heißt Mowgli und sollte hoffentlich nächstes Jahr in der Show
sein. Ich werde ihn nicht in die Gruppe nehmen, weil es ein wenig schwierig
und er ziemlich speziell ist. Er wird auch alleine ein schönes Bild
abgeben. Man sieht Leoparden nicht mehr häufig in der Show eines
Circus. Die Idee ist, ihn am Ende der Nummer hereinzubringen und etwas
Kleines mit ihm zu machen. In den USA arbeitete ich mit ihm an der
Leine während der Parade. Aber das ist in Europa nicht erlaubt. Er muss
innerhalb des Zentralkäfigs sein.
Chapiteau.de: Und die Tiere stammen alle aus deiner Zucht bzw. der deiner Familie?
Alexander
Lacey: Ja, alle mit Ausnahme eines Löwen, einer Löwin und eines Tigers.
Immer wenn wir eine neue Gruppe aufbauen, züchten wir mit unseren
eigenen Katzen. Aber wir bringen einen Löwen oder Tiger aus einem Zoo
oder Circus hinzu, mit dem unsere Tiere nicht verwandt sind. Dann
können wir die nächste Generation züchten.

Zirkus Charles Knie 2018
Chapiteau.de: Wer hat dich beim Aufbau der neuen Gruppe unterstützt?
Alexander
Lacey: Ich habe alle Tiere selbst trainiert. Das habe ich immer so
gemacht. Was in den USA großartig war: In den letzten vier der sechs
Jahre, die ich in den USA war, hat Ringling Brothers meine Mutter
angestellt. Sie wurde meine Chef-Tierpflegerin. Das war großartig, denn
das gab mir sehr viel mehr Zeit, mich auf das Training der Tiere
zu konzentrieren. Sie hat natürlich sehr viel Erfahrung. Wann immer ich
eine Frage hatte oder einen Ratschlag brauchte, konnte ich sie
ansprechen.
Chapiteau.de: Was ist an dieser Gruppe im Vergleich mit der alten besonders?
Alexander
Lacey: Ich denke, es ist die Anzahl der Tiere. Früher waren es acht,
jetzt sind wir bei 13. Und ich habe zwei männliche Löwen in der Nummer.
Einige Menschen bevorzugen die alte Gruppe, andere die aktuelle und
wieder andere sagen, dass beide gleich gut sind. Viele Menschen fragen
mich, warum ich mit der neuen Gruppe nicht so arbeite wie mit der
alten. Aber ich erkläre diesen Menschen, und sehr oft auch
Journalisten, dass es beim Training der Katzen nicht meine Sache ist, zu
entscheiden, was ich von ihnen möchte. Ich muss sehen, was sie machen
möchten, womit sie sich wohlfühlen. Nun habe ich eine komplett neue
Gruppe Katzen, und sie bevorzugen es, einen komplett anderen Ablauf der
Nummer zu machen. Als ich die letzte Gruppe trainiert habe, hatte ich
einige Sequenzen in der Nummer, die ganz anders waren und die vorher
noch nicht gemacht wurden. Da waren die beiden Tiger, die auf dem
Rücken des Mähnenlöwen Massai standen. Das war anders, das gab es
vorher noch nicht. Darauf bin ich sehr stolz, denn es ist nach so
vielen Jahren Circusgeschichte sehr schwierig, innovativ zu sein. In
meiner alten Gruppe war das der Originaltrick. In dieser Gruppe ist der
Originaltrick, dass sich alle 13 Tiere gleichzeitig auf die Seite
legen. Und das ist sowohl anders als auch ungewöhnlich. Es ist also
schwierig, innovativ zu sein. Ich denke, ich habe das mit den beiden
Gruppen geschafft. Darauf bin ich ziemlich stolz.
Chapiteau.de: Entwickelst du die Gruppe noch weiter?
Alexander
Lacey: Ja, immer. Sogar meine alte Gruppe, mit der ich in Monte Carlo
gearbeitet habe, unterschied sich von der Gruppe, mit der ich die
letzten Jahre vor dem Ringling-Engagement in Deutschland gearbeitet
habe. Ich führe immer wieder neue Dinge ein. Es ist sehr wichtig für
die Tiere, mit ihnen immer wieder neue Sachen zu trainieren. Das hält
sie interessiert, hält sie aktiv. Es ist auch für mich wichtig. So
langweile ich mich auch nicht. Meine jetzige Gruppe wird in zwei Jahren
ganz anders sein, wird sich weiter verändern.

Heilbronner Weihnachtscircus 2010/11
Chapiteau.de: Hast du einen Lieblingstrick?
Alexander
Lacey: Ja, ich habe immer den Trick mit dem Löwen und den beiden Tigern
gemocht. Als ich einen Tiger verloren habe, bevor ich Amerika verließ,
verlor ich leider auch diesen Trick. Was ich mit meiner alten Gruppe
trainierte und was ich mochte, war das Laufen auf den Hinterbeinen mit
einem vorwärts und einem rückwärts laufenden Tiger. Was ursprünglich
von Günther Gebel-Williams gezeigt wurde. Der Einzige, der es nach ihm
gemacht hat, war Louis Knie. Und dann machte ich es. Ich denke, meine
Version war die Beste von allen Dreien. Aber das ist meine Meinung.
Vielleicht möchte ich versuchen, das wieder zu trainieren. Ich habe ein
paar männliche Tiger, die sehr gut auf ihren Hinterbeinen arbeiten. Es
wird schön sein, diesen Trick mit einem Paar männlicher Tiger zu
machen. In der Vergangenheit wurde er nur mit Weibchen gemacht.
Chapiteau.de: Wie würdest du deinen Stil, die Tiere zu präsentieren, beschreiben?
Alexander
Lacey: Ich versuche, die Tiere zu präsentieren und nicht mich. Es ist
nicht wichtig für mich, dem Publikum zu zeigen, wie großartig oder
mutig ich bin. Als ich nach meiner Rückkehr aus den USA in Heilbronn
war, stand ich im Vorzelt und habe Unterschriften für den Lacey Fund
gesammelt. Viele Menschen sind zu mir gekommen und haben mit mir
gesprochen. Das erste, was diese Menschen immer gesagt haben war, dass
ich ihre Meinung über Löwen und Tiger im Circus verändert habe, wenn
sie die Freundschaft und die Beziehung zwischen mir und den Katzen
gesehen haben. Und das ist das Wichtigste für mich. Für mich habe ich
mein Ziel erreicht, wenn die Menschen das sagen.
Chapiteau.de: Was ist die wichtigste Botschaft, die du dem Publikum vermitteln willst, wenn du in der Manege bist?
Alexander
Lacey: Die Freundschaft und das Vertrauen zwischen mir und den Katzen.
Und wenn die Menschen das wahrnehmen und glücklich sind, es zu sehen.
Früher habe ich am Ende meiner Nummer die Spiegelkugel gemacht. Für
mich sind diese Zeiten ein wenig vorüber. Denn die Menschen wollen
jetzt die Beziehung sehen, die du zu den Katzen hast. Und sie wollen
jetzt den Charakter der Tiere sehen. Wie bei diesem Trick, wo sie sich
alle gemeinsam hinlegen. Die Menschen lieben das, weil sie überrascht
sind, dass Tiger und Löwen so gut miteinander zurechtkommen. Die Tiere
sehen entspannt aus, weil sie sich wohlfühlen. Das ist am Wichtigsten.
Das ist es, was ich dem Publikum mitteilen möchte. Martin und ich
hatten das Glück, dass, als wir auftauchten, viele Zuschauer – sogar
Menschen vom Circus – in der Pause ihren Kaffee tranken und fragten:
Was ist die nächste Nummer? Ah, die Raubtiernummer. Wir können also
noch weitere 15 Minuten bleiben.“ Die Menschen sind damals nicht reingegangen und haben sich die Raubtiernummer nicht angesehen.
Aber als Martin und ich auf der Bildfläche erschienen sind die
Menschen, wenn sie wussten, dass es eine Lacey-Nummer war,
hereingegangen und haben zugeschaut. Und es geht nicht darum, dass wir
sagen, dass wir besser sind als alle anderen. Aber wir haben es anders
gemacht. Wir hatten eine andere Form der Präsentation, und das wird mir
auch klar, weil viele Menschen unsere Art der Präsentation kopieren. Es
gibt nun 101 Menschen, die den Trick mit dem Löwen auf der Spiegelkugel
machen. Ich möchte etwas anders machen. Es geht auch um die Art, wie
wir die Dinge draußen machen. Niemand hatte die großen Außengehege wie
Martin und ich, die doppelten Veranden an den Fahrzeugen. Das war
etwas, das ich zuerst gemacht habe. Auch so etwas einfaches wie die
Bambus-Aufkleber an den Klappen. Wir sind ziemlich glücklich, dass wir
solch einen Einfluss hatten. Es ist nur positiv, wenn Menschen
versuchen, dich zu kopieren. Wenn ich einen Circus mit Tieren besuche,
genieße ich es, die Show anzusehen. Aber was ich immer zuerst mache
ist, nach hinten zu gehen und mir die Tierschau anzusehen. Denn wir
sind so großgezogen worden, dass uns zunächst nicht beigebracht wurde,
wie Tiere vorgeführt und trainiert werden. Uns wurde zunächst
beigebracht, wie man Backstage für sie sorgt. Nachdem wir gelernt
hatten, das richtig zu machen, gaben uns unsere Eltern die Möglichkeit,
damit zu beginnen, enger mit den Tieren zu arbeiten. Ich sehe oft
Menschen mit Raubtiernummern, die versuchen, meinem Bruder und mir
nachzueifern. Aber dann gehen wir Backstage und es ist sehr dürftig.
Und ich mag es nicht, das zu sehen. Ich sehe lieber eine Nummer, die ok
ist, aber eine fantastische Haltung hat als eine großartige Nummer mit
einer schlechten oder mittelmäßigen Tierhaltung.

Heilbronner Weihnachtscircus 2008/09
Chapiteau.de: Wie sehen deine Pläne für die Zukunft aus?
Alexander
Lacey: Aktuell sind wir ja bei Charles Knie. Sascha hat uns angeboten,
im kommenden Jahr wieder hier zu sein. Darüber sind wir sehr glücklich.
Die Zukunft ist derzeit schwierig, weil es da draußen eine Menge von
Falschinformationen in den Sozialen Medien und mit dem Tierschutz gibt.
Jeder ist ein Experte geworden. Die Welt verändert sich
sehr stark, alles verändert sich, wird immer schwieriger. Die Menschen
wollen eine „schnelle Lösung“. Wenn man früher Fernsehen geschaut hat,
gab es fünf Kanäle. Wenn es nichts gab, das du sehen wolltest, hast du
dir etwas angesehen, das du nicht gezielt anschauen wolltest. Aber du
hast es dir angesehen, und am Ende war es ein ziemlich gutes Programm.
Du warst froh, es gesehen zu haben. Heute wollen die Menschen sich nicht
hinsetzen und etwas erleben, das sie nicht interessiert. Sie wollen
einfach eine „schnelle Lösung“. Es ist sehr schwierig. Menschen, die in
die Show kommen, lieben diese Show. Wenn du nach der Show mit dem
Publikum sprichst, ist jeder glücklich. Der schwierige Teil ist, zu
versuchen, sie hinein zu bekommen. Zu versuchen, sie hierher zu
bekommen, sie zum Hinsetzen zu bewegen und dazu, sich die Show
anzusehen. Einige der besten Shows überall in der Welt haben
Schwierigkeiten auf die ein oder andere Art.
Chapiteau.de: Wie siehst du die Zukunft des Circus insgesamt und wie die des Circus mit Tieren im Besonderen?
Alexander
Lacey: Es ist schwierig genau zu sagen, wie die Zukunft sein wird. Alles
verändert sich so schnell. Ich denke, Live-Unterhaltung hat eine
Zukunft. Aber jede Art von Live-Unterhaltung hat, so wie ich das sehe,
zu kämpfen. Es ist fast so, als ob jeder sein spezielles Publikum hat.
Das Publikum, das zu uns kommt, ist nicht das Publikum, das zu
Flic Flac geht. Das Publikum, das zu Flic Flac geht, ist nicht das
gleiche Publikum, das zu Roncalli geht. Das Publikum, das zu Roncalli
geht, ist nicht das gleiche Publikum, das in die Palazzos geht. Wir
haben also unser Publikum. Es genießt die Show. Und wie ich schon
sagte: Das Problem der Tiercircusse ist, dass wir immer in der
Verteidigung sind. Früher kamen die Menschen, sahen sich die Show an,
gingen in die Tierschau, sprachen mit den Tiertrainern, genossen die
Show, und das war es dann für uns. Aber heute besteht die Schwierigkeit
darin, das Publikum davon zu überzeugen, zu kommen und ihm - bevor es
kommt - zu zeigen, dass das, was du machst, gut ist. Dieses Problem gab
es in der Vergangenheit nicht. Wenn die Menschen kommen, genießen sie
die Show, sie lieben sie und sie werden wiederkommen. Aber ich kann
nicht in die Zukunft schauen.
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