Durch
diese Regelung ist es möglich, mehrere Personen aus unterschiedlichen
Haushalten an einem Tisch zu platzieren und dort auch die Maske
abzunehmen. Schon vor Beginn der Show spielt das Liveorchester, und im
Keller vor den unglaublich luxuriösen Toiletten sorgt ein Pianist für
eine gehobene Atmosphäre. Die aktuelle Show „20 20 – Die 20er Jahre
Show“ ist nicht zu verwechseln mit dem Programm „Golden Years“, welches
vergangenen Oktober Premiere feierte und ebenfalls von den 20er Jahren
erzählte. „20 20“ feierte seine Uraufführung im Februar vergangenen
Jahres und wurde nach vier Wochen vom ersten Lockdown unterbrochen. Nun
hat man das Programm der Regisseure Markus Pabst und Pierre Caesar bis
Februar 2022 wieder auf den Spielplan genommen. Es schaut nicht nur
zurück auf die goldene Zeit der 1920er, sondern auch voraus auf das, was
die 2020er bringen mögen. Während Dekoration und Kostüme eher für die
Rückschau stehen, agieren auf der Bühne die Protagonisten des heute und
morgen.
Ensemble
Bevor
sich der Vorhang öffnet, begrüßt an diesem Abend Varietédirektor Georg
Strecker sein Publikum persönlich und erläutert die aktuellen
Hygieneregeln. Regisseur Markus Pabst bildet zusammen mit Entertainer
Jack Woodhead den roten Faden durch die Show. Letzterer ist nicht nur
humoristisch unterwegs, sondern begleitet die Vorstellung auch
musikalisch. Aus einem bunten Tanz des Ensembles löst sich
Handstand-Equilibristin Katharina Lebedew. Die gebürtige Kasachin drückt
im Burlesque-Stil Handstände und kontorsionistische Figuren auf einem
edlen Sessel, während ihr die Ensemblemitglieder nach und nach die
Kleidung vom Leib nehmen, wobei am Ende nur noch Brustwarzen und
Intimbereich bedeckt sind.
Chris Myland, Duo Sienna,
Thula Moon
Akrobatisch geht es weiter mit dem Duo Sienna. Die beiden Berlinerinnen
zeigen im ersten Teil ihre modern inszenierte Duo-Poledarbietung. Ihre
gemeinsame Luftringnummer wird in der Show nicht gezeigt. Dafür
begeistert uns Sina mit ihrer Solodarbietung am Schlaufentuch, unter
anderem mit wirkungsvollen Abfallern und einem frei hängenden Spagat.
Mit der Hawaiianerin Thula Moon wagt sich ein weiteres weibliches
Ensemblemitglied in die Luft. Ohne Longe hält sie sich in diversen
Verbiegungen am meist drehenden Ring oder verknotet sich in den
Halteseilen. Bravo! Nicht ganz mithalten kann da Chris Myland, der im
ersten Teil ein paar übliche Tricks an den Strapaten zeigt. Sonst ist
der ausgebildete Tänzer vor allem in den zahlreichen Ensembleszenen
vertreten und zeichnet für die Choreographien verantwortlich. Artistisch
stark ist nach der Pause Oscar Kaufmann unterwegs. Er ist wie viele
Künstler der Show ein ehemaliger Absolvent der Berliner Artistenschule
und begeistert uns mit seiner Cyr-Artistik.
Girma Tsehai, David
Pereira
Der in
Berlin lebende Äthiopier Girma Tsehai sorgt für Lachen und Staunen
gleichermaßen, wenn bei seiner Hutjonglage, die er nackt präsentiert,
ein Requisit immer gerade noch so seinen Privatbereich bedeckt. Kraft
und Ausdauer beweist er dann am Chinesischen Masten zusammen mit
Alessandro di Sazio. Die modern durchgestylte Darbietung ist
wirkungsvoll gegen Ende der Show platziert. Ein tolles Bild entsteht,
wenn Sina und Vienna noch parallel dazu an zwei Polestangen performen.
Schon seine eigene Show hatte im Wintergarten Kontorsionist David
Pereira. Nun verbiegt er sich in „20 20“ in den verschiedenen
Ensembleszenen, zeigt eine kleine Hula-Hoop-Nummer und hat seinen großen
Auftritt als Kontorsionist vor dem Finale. Als ärmlicher Junge kommt
Pereira auf die Bühne, ehe er sich auf und in einem Holzwagen verbiegt
und sein Requisit dabei perfekt in die Tricks einbindet. Sein Auftritt
würde beim Publikum sicherlich noch mehr Wirkung entfachen, wenn nicht
schon in den zweieinhalb Stunden davor viele Tricks seines Genres
gezeigt würden.
Yamil Borges, Banburry
Cross, Dennis Mac Dao
Ganz
anders, ungewöhnlich und einmalig in der Show ist Banbury Cross. Die
Britin hat sich dem Genre Burlesquetanz verschrieben. Ihren
Solo-Auftritt beginnt sie in einem reichlich verzierten Revuekleid.
Volle Energie entfacht sie bei ihrer erotischen Tanzperformance, an
deren Ende sie sich komplett „oben ohne“ mit Champagner übergießt. Ein
wirklich außergewöhnlicher Auftritt, der sich perfekt in die
20er-Jahre-Revue fügt. Ebenfalls in die Show passen die Collin Brothers
aus Berlin. Helmut Collin, der „Dumme August“, beherrscht seine Rolle so
gut, dass sich schon bei seinem Erscheinen ein Grinsen auf den
Gesichtern der Besucher breit macht. Herzhaft lachen wir über die
komische Illusionsnummer der Berliner sowie über Helmuts Solo-Auftritte
beim Duschen, als Quick-Change-Künstler und auf High-Heels. Neben Jack
Woodhead begleitet auch Sängerin Yamil Borges einige Momente mit
Livegesang. In ihrem Soloauftritt zieht sie alle Blicke auf sich, wenn
Kostüm und Make-Up einer Körperhälfte weiblich und der anderen männlich
gehalten sind. Hinzu kommt noch Tänzer Dennis Mac Dao, der die Szenen
tänzerisch mit Leben füllt.
Band, Markus Pabst und
Jack Woodhead
Den
unverwechselbaren Charme der Show machen die schon erwähnten Entertainer
Markus Pabst und Jack Woodhead aus. Einige ihrer Auftritte waren
teilweise schon ähnlich in anderen Pabst-Shows zu erleben, so zum
Beispiel das neue Zuordnen von Interpreten zu bekannten Zitaten oder das
Klatschen auf Pabsts nackten Oberkörper. Auch das Rückwärtslesen eines
Textes, der daraufhin eine ganz andere Botschaft vermittelt, ist ein
öfters eingesetztes Stilmittel von Pabst. Ganz neu sind hingegen die von
ihm inszenierten artistischen Schaubilder. Da gibt es zum Beispiel die
wunderbare Szene, in der mehrere Artisten in einem Waterbowl
herumplanschen und artistische Kostproben zeigen. Generell leben die
Darbietungen oft von der tänzerischen oder musikalischen Umrahmung der
anderen Künstler. Dabei sind Kostüme, Musik und Co verrucht und
extravagant angehaucht, um vor dem prächtigen goldenen Artisteneingang
das Flair der „Goldenen Jahre“ zu versprühen. |