Es wird
bis Mitte Oktober gespielt. Das Thema ist natürlich dankbar, bietet
viele Ansätze für die kreative Gestaltung einer Varieté-Show. Dafür hat
die für das Casting verantwortliche Vivi Paul wieder ein attraktives
Ensemble zusammengestellt. Hinzu kommt das hauseigene Ballett mit vier
ausgewählten Schönheiten, die wie immer hervorragend tanzen. Die Regie
hat diesmal Stefan Huber übernommen.
Ensemble vor
dem Stadel
Die
Bühnencrew hat sich wieder mächtig ins Zeug gelegt und als Kulisse einen
imposanten Stadel gebaut. Respekt für diese grandiose Arbeit. Ganz
hinreißend und originell sind die Kostüme, insbesondere die des
Balletts. Die Designer und Schneider haben das Thema auf vielfältige
Weise umgesetzt. Mit viel Liebe zum Detail. Die Küche leistet ihren
Beitrag in Form eines auf das Motto der Show abgestimmten Menüs, das
über den Abend verteilt genossen werden kann. Der Service sorgt dafür,
dass die Speisen punktgenau an den Tisch kommen und empfiehlt die
passenden Getränke.
Fassanstich mit
DJ Tomm und Herrn Riesling, Bruno Macaggi
Die
eigentliche Show beginnt mit einem bajuwarischen Warm up durch DJ Tomm
(Thomas Peter), der uns durch das Programm begleitet. Da wird sich schon
einmal beim Platznachbarn untergehakt und gemeinsam geschunkelt. Dann
ziehen die weiteren Mitwirkenden in den Saal ein. Die Damen im Dirndl,
die Herren in Lederhosen und Karohemden. Nachdem sie an Tischen und
Bänken Platz genommen haben, erfolgt der Fassanstich. Als Honoratior
dafür fungiert Klaus Loch alias Herr Riesling. Unter seiner Weste hat
der Pantomime eine stattliche Wampe. Er wirkt etwas vertrottelt, sorgt
aber mit mehreren Schlägen dafür, dass das Bier fließt. Mit ihren
gefüllten Krügen legen Artisten und Ballett eine schmissige Choreografie
auf die Bühne. Flott geht es mit Bruno Macaggi weiter. Der Spanier
konzentriert sich bei seinen Jonglagen auf Schüttelbecher als Requisiten
und sorgt damit für eine Rarität. In immer neuen Varianten fliegen die
weißen Becher durch die Luft. Am Ende wirft er mit jeder Hand fünf
Becher nach oben. Diese stecken zunächst in einem sechsten, mit dem
Bruno Macaggi sie auch wieder auffängt. Dazu wird ein Wiesnhit gespielt.
Ballett, Emma
Phillips
Zu
Marianne Rosenbergs „Er gehört zu mir“ arbeitet Emma Phillips ihre
Antipodenspiele. Ein eingängiger Song, ohne Frage. Aber als Begleitung
zu dieser Darbietung nur bedingt geeignet, zumal keine Akzentuierungen
vorgenommen werden, um einzelne Sequenzen der Fußjonglagen besonders zu
unterstreichen. Eine entscheidende Schwäche der gesamten Show, denn nur
wenige Artisten arbeiten zu ihrer Originalmusik. Natürlich sind die
Oktoberfest-Hits mitreißend und passen zum Motto. Ihrem eigentlichen
Zweck, nämlich die jeweilige Nummer aufzuwerten, erfüllen sie aber eher
weniger. Optisch ist der Auftritt von Emma Philipps eine Augenweide,
zumal sie Unterstützung von den Tänzerinnen erhält. Schirme spielen bei
deren Choreographie eine wichtige Rolle. Mit diesen jongliert dann auch
Philipps auf wirklich faszinierende Weise. Es entstehen wunderbare,
selten zu sehende Bilder. Die aus Neuseeland stammende Künstlerin hat
mit den kunstvoll gestalteten Schirmen einen außergewöhnlichen Ablauf
kreiert. In immer neuen Konstellationen jongliert sie diese mit Händen
und Füßen. Teilweise nimmt sie Tücher hinzu. Beeindruckend sind die
Jonglagen mit einem Tisch. Ungewöhnlich lange und in immer wieder neuen
Variationen lässt sie das Möbelstück auf ihren Füßen tanzen.
Herr Riesling,
Joao Godinho, Nastya und Vitana
Drei Damen
aus dem Publikum dürfen sich danach im Stemmen von Maßkrügen messen.
Moderiert wird der Wettbewerb von DJ Tomm, der dabei von Herrn Riesling
unterstützt wird. Mit dieser Einlage wird jegliches Tempo aus der Show
genommen und die begleitenden Sprüche heben die Stimmung nur
eingeschränkt. Anschließend zeigt Herr Riesling, was Körperbeherrschung
auch bedeuten kann. Er kombiniert Breakdance mit Pantomime und schneidet
dazu urkomische Grimassen. Der Song „Major Tom“ von Peter Schilling
bildet musikalisch und optisch den Rahmen für die Akrobatik am
Tanztrapez von Joao Godinho. Bevor es in die Luft geht, tanzt er mit dem
Ballett in spacigen Outfits auf der Bühne. Nachdem die „Reiseflughöhe“
erreicht ist, beweist der aus Portugal stammende Artist die Biegsamkeit
seines Körpers und einen offensichtlich stark ausgeprägten
Gleichgewichtssinn. Etwa wenn er nur mit den Fußspitzen oder dem Genick
an der Trapezstange hängt. Oder aber wenn er im Spagat quasi „völlig
schwerelos“ zwischen den Seilen seines Requisits balanciert. Auch diese
wunderschöne Kür hätte eine passendere Musikbegleitung verdient. Herr
Riesling baut sich aus einem Zollstock ein Saxophon, um darauf den
Marsch für die Tänzerinnen zu blasen. Die militärisch inspirierten
Kostüme des Balletts mit Patronengurt um den Oberkörper werden durch
eine Brezel am Hut „entschärft“. Ohne Bezug zum übergeordneten Thema ist
die Pausennummer. Wir erleben Nastya und Vitana in einer schönen
Partnerakrobatik mit Elementen aus Handstandartistik und Kontorsion. So
etwa mit einem Hand-auf-Hand, bei dem die Unterfrau in den Spagat geht.
Mittels eines Podests hätte man dieser prominent platzierten Darbietung
mehr Aufmerksamkeit verschaffen können. So arbeiten Nastya und Vitana
direkt auf dem Bühnenboden. Der erste Teil geht aber erst zu Ende, wenn
das Ensemble seine Lassos herausholt, um „Cowboy und Indianer“ zu
spielen. Herr Riesling mischt sich mit einem Steckenpferd unter die
ausgelassen tanzenden Artisten. Partystimmung pur.
Jon Young, Emma
Phillips
Die gibt
es dank des Ensembles auch gleich nach der Pause. Die Unterbrechung
wurde genutzt, um den Mast für Jon Young aufzubauen. Dieser hat seine
Artistenkarriere beim Cirque Archaos begonnen. Markant sind die
abstehenden Haare und die ausdrucksstarke Mimik, mit der er den Pole
erklimmt und auf verschiedenste Weise wieder herunterrutscht. Das sogar
kopfüber. Spektakulär sind ebenfalls die Abfaller, bei denen er für
einen Sekundenbruchteil den Kontakt zum Mast verliert. Auch hier wieder
das Thema der Musikbegleitung. Dass der Pole danach von der Bühnencrew
wieder abgebaut wird, bekommt das Publikum gar nicht mit. Denn alle
Augen richten sich auf die Seitenbühne, wo die feschen Tänzerinnen in
Lederhosen und ärmellosen Karohemden für beste Ablenkung sorgen. Sodann
entern sie die Bühne. Dort treffen sie kurz darauf Herrn Riesling. Der
hat seine liebe Mühe mit einem roten Luftballon in Herzform. Offenbar
hat dieser einen besonders starken Drang Richtung Theaterdecke. Aber
unter Aufbietung seiner Kräfte, vor allen Dingen aber seiner
pantomimischen Fähigkeiten, schafft es Riesling, den Ballon im Griff zu
behalten. Letztendlich schnappt ihn sich Emma Phillips und entschwindet
damit an den Luftring. Wie wunderbar Musik und Artistik tatsächlich
harmonieren können, wird nun deutlich. Denn Emma Phillips arbeitet zu
einer Version von „Über den Wolken“, die einfach hinreißend ist. Der
Gesang wird nur vom Klavier begleitet. Das Lichtdesign unterstützt diese
traumhafte Stimmung. Es ist ein Genuss, die Kür mit vielen
anspruchsvollen Haltefiguren zu erleben. Und ganz nebenbei flirtet
Phillips ganz charmant mit den Zuschauern.
Bobfahrt mit DJ
Tomm, Ivan Peres
Bei „Über
den Wolken“ und Partymusik denkt man natürlich sofort an Dieter Thomas
Kuhn. Mit dessen Aufnahme des Songs holen uns die restlichen Artisten
und die Tänzerinnen am Ende der Luftnummer zurück zur Hüttengaudi. Dazu
gibt es eine zünftige Polonaise. Bei einer imaginären Bobfahrt auf einer
Bank legen sich fünf Akteure ordentlich in die Kurven. Den Verlauf der
Bahn gibt DJ Tomm bei seiner Kommentierung vor. Noch einmal erfreuen uns
sodann neue Kleider, noch einmal eine neue Choreographie des Balletts.
Mit ihrer legendären Hand-auf-Hand-Akrobatik haben die Peres Brothers in
vielen große Häusern brilliert. Die Gäste in Düsseldorf erleben nun Ivan
Peres im Solo. Dank kraftvoller Handstandvariationen zieht er die Blicke
auf sich. Insbesondere die Damenwelt wird sich an seinem muskulösen
Körper erfreuen, trägt er doch nur eine kurze Lederhose und Socken. Zu
seinem Repertoire gehören unter anderem der Klötzchentrick und
Handstände auf extrem langen Stäben. Zum Finale gibt es dann wieder
Vollgas. Das Partyfieber steigt noch einmal. Das Ensemble tanzt
ausgiebig, aufblasbare Bierkrüge, Brezeln und Würstchen im XXL-Format
sind dabei. Es wird ein lebhafter Abschied. Ruhiger gerät der Epilog. DJ
Tomm bittet die Gäste, die Lichter ihrer Smartphones anzumachen. Zu „Angels“
von Robbie Williams werden diese dann geschwenkt. Noch einmal öffnet
sich der Vorhang, das Licht ist gedämpft und im Stadel ist weitgehend
Ruhe eingekehrt. |