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Friedrichsbau-Varieté - Magic de Luxe
www.friedrichsbau.de

Stuttgart, 17. Februar 2011: Verblüffende Illusionen und herrliche Comedy kennzeichnen die neue Produktion „Magic de Luxe“ des Stuttgarter Friedrichsbaus. Wunderbare Bühnenpersönlichkeiten mit umwerfender Präsenz prägen den Abend, der trotz fast zweieinhalb Stunden Nettospielzeit plus Pause absolut kurzweilig ist und wie im Flug vergeht. In dieser Show hat Regisseur Ralph Sun ein klassisches Nummernvarieté zusammengestellt, in dem der sympathische Conférencier Jorgos Katsaros, laut Programmheft „Stuttgarter mit griechischen Wurzeln“, die Klammer zwischen den Darbietungen schafft.

Wie es sich für einen Varietéabend „de luxe“ gehört, tritt Katsaros klassisch im schwarzen Frack mit Zylinder, mit Pomadenfrisur und feinem Oberlippenbart auf. Mit trockenem Humor kommentiert er die Ereignisse in Griechenland („Machen Sie doch mal Urlaub dort – Ihr Geld ist schon da!“) und zeigt Klassiker wie die brennende Zigarette, die das Jackett eines Zuschauers durchdringt, ohne es zu beschädigen, ein schwebendes Tischchen – mitten im Zuschauerraum – oder verblüffende Mentaltricks mit Spielkarten. Beim Geigenspiel wird er immer wieder von Spielkarten gestört, die plötzlich zwischen seinen Fingern auftauchen. Mit seiner sympathischen, selbstironischen Art hat er das Publikum schnell auf seiner Seite. „De luxe“ ist freilich auch das Bühnenbild, denn über roten Samtvorhängen thront ein Bühnenportal mit einem großen Porträtbild der langjährigen, verschmitzt lächelnden Varieté-Geschäftsführerin Gabriele Frenzel. Die Varietékönigin der Landeshauptstadt hat in dieser Produktion einfach alles im Blick…


Jorgos Katsaros, Sasha Babiy, Gaeton Bloom

„De luxe“ ist auch das kleine, aber ausgesucht feine Ensemble. In den ersten Tagen war vertretungsweise der zweifache Weltmeister der Magie, Topas, im Programm zu sehen. Er verstößt mutwillig gegen die Illusionisten-Regel, dass man keinen Trick zweimal zeigen soll, sondern zerteilt seinen Arm scheinbar gleich dreimal nacheinander und macht dabei den Lebenszyklus eines Zaubertricks dar: vom zaghaften Erkunden des Requisits in der ersten Probe über die übermotivierte Premiere vor Publikum bis zur 1089. Vorstellung, in dem die Illusion zur lästigen Pflicht geworden ist. Das ist zum Schreien komisch, aber auch beim dritten Mal keine Spur durchschaubar. Es folgen eine Fluchtkiste, ein witziges „Sample“ aus selbst erzeugten Geräuschen und schließlich eine seiner Paradenummern: Aus einem Pappkarton hext Topas zehn große Lautsprecherboxen herbei. Am 23. Februar wurde er von „Magic-Superstar“ (Programmheft) Kevin James aus den USA abgelöst, der Preisträger der wichtigsten internationalen Auszeichnungen sei. Als Gast aus dem weltberühmten Crazy Horse in Paris wird Gaeton Bloom angekündigt – eine dieser herausragenden Bühnenpersönlichkeiten, die jedes Publikum in kurzer Zeit in ihren Bann ziehen können. Im ersten Programmteil unterhält er mit klassischen Seilmanipulationen in moderner Verpackung, nach der Pause zerhackt er vor den Augen zweier Zuschauer auf der Bühne einen Kopfsalat, eine Pampelmuse, eine Orange und eine Kiwi, kehrt den ganzen Matsch in eine Pappkiste – und holt den unversehrten Kopfsalat wieder raus. In diesem versteckt sich die Pampelmuse, darin die Orange, in der Orange die Kiwi – und in der Kiwi das fehlende Stück der Spielkarte, das die Zuschauerin neben ihm bewachte. Außerdem zaubert der Friedrichsbau auch ein „Häsle“, wie’s im Schwäbischen heißt aus dem Zylinder: Sasha Babiy heißt dieses „Bunny“, das bei seiner Kontorsionistik auf einem überdimensionalen Hut immer wieder in diesem abtaucht und wieder herausspringt. Natürlich darf sie später auch als Assistentin in Topas’ Großillusionen mitwirken.


Strange Comedy, Gaeton Bloom

Einen geheimnisvollen Grenzgang zwischen Artistik und Illusion geht Mika Quartz, der auf der dunklen Bühne mit Glaskugeln jongliert und sie dann langsam entschweben lässt. „Magic de luxe“ begeistert nicht nur mit verblüffenden Illusionen, sondern vor allem auch damit, dass es so wunderbar viel zu lachen gibt. Hieran hat dann auch das kanadische Duo „Strange Comedy“, Shelly Mia Kastner und Jason McPherson, einen großen Anteil. Ein schwarzer Paravent ermöglicht komische Illusionen im Stile eines „schwarzen Theaters“, wenn zum Beispiel Shelly scheinbar mit Ringen jongliert, die ihr hinter der Kulisse stehender Partner mit den Händen bewegt. Vor der schwarzen Kulisse kann sich Shelly in die Frau mit den kürzesten Beinen der Welt verwandeln – und wunderbar absurd ist auch ihr Auftritt als stolze Spanierin, die den Flamenco auf drei Beinen tanzt. Partner Jason beweist wiederum sein artistisches Talent auf der Rola Rola.

 Mit „Magic de luxe“ ist Regisseur Ralph Sun ein besonderes Highlight gelungen, das auch die letzte Illusionsshow des Hauses („Zauber Zauber“ im Herbst 2009) locker übertrifft. Nachdem in allen vier Produktionen des Jahres 2010 der Humor eher sparsam eingesetzt oder aus der Rubrik der leiseren Töne war, darf jetzt endlich wieder viel und laut gelacht werden. Diese Show ist nicht nur „de luxe“, sonder für Varietéfans auch ein „must see“.

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber