Und das inzwischen im 18. Jahr. Wie gewohnt, sind die rund 50
Shows allesamt lange zuvor ausverkauft.
, Seit dieser Saison laufen sie unter dem Titel
„Internationales OVAG-Varieté“. Pro Veranstaltung
stehen 730 Plätze im wunderschönen Dolce Jugendstil-Theater in Bad
Nauheim zur Verfügung. Trotz des großen Raums gelingt es immer wieder,
Nähe zu schaffen. Einen großen Beitrag dazu leistet das famose
Lichtdesign von Klaus Nass. Mit jeder Spielzeit erscheint es noch
aufwendiger, wirkungsvoller. Für den Ton sorgt ganz wunderbar Christian
Krauß. Vom ersten Livegesang mit vorproduzierter Musikbegleitung bis
zum Finale-Klassiker „Jump“. Die Brücke zum Publikum zu schlagen ist
natürlich in ganz besonderer Weise Aufgabe der Künstlerinnen und
Künstler. Deren Auswahl obliegt Andreas Matlé und Anne Naumann. Sie
haben die künstlerische Leitung inne und sind bei der OVAG beschäftigt.
Der Unternehmensverbund ist der Dienstleister für die Versorgung der
Region mit Strom, Wasser, Wärme und Services. Und eben von Anfang Januar
bis Anfang Februar Gastgeber für das Varieté-Publikum.
Le Prince und Rebecca Siemoneit-Barum
Unsere
Gastgeberin auf der Bühne ist in diesem Jahr Rebecca Siemoneit-Barum.
Den meisten Gästen dürfte sie durch ihre Rolle in der TV-Serie
„Lindenstraße“ bekannt sein. Wir Circusfans kennen sie natürlich noch
aus dem Circus Barum, wo sie in ihrer Kindheit Ziegen und Ponys
vorgeführt und in der Akrobatikformation „Shanghai Move“
Körperbeherrschung bewiesen hat. Diese Nähe zur Welt der Artisten spürt
man in ihren Moderationen. Hier und da erzählt sie kleine Anekdoten zum
folgenden Künstler. Gerne mit einem guten Schuss Humor versehen. In
ihrem Sprachstil erinnert sie an die Ansagen ihres Vaters Gerd
Siemoneit-Barum. Sie begleitet uns sehr charmant durch den Abend. Zudem
überzeugt sie mit ihren gesanglichen Fähigkeiten. Beim Eröffnungsstück
fährt sie auf einer Plattform über die Bühne. Zumeist erleben wir sie
gemeinsam mit Duettpartner Le Prince. Die beiden verbreiten mit ihren
Feelgood-Songs, die im Bereich Reggae und Pop angesiedelt sind, einfach
gute Laune. Während die beiden im Vordergrund singen, kann auf der
Bühne der ein oder andere größere Umbau erfolgen.
Yuan Yuan Yang, Vanessa & Sven, Steve Eleky
Zu
Beginn darf Rebecca Siemoneit-Barum dem Publikum vier junge Männer mit
beneidenswert trainierten Oberkörpern präsentieren. Die Muskeln
benötigen die Bar Tigerzz aber nicht nur, um eine blendende Figur zu
machen, sondern vor allen Dingen, um kraftvolle Akrobatik am Barren zu
arbeiten. Zudem macht das Quartett, welches sich in Frankreich formiert
hat, gleich von Anfang an ordentlich Stimmung. Ihre Wurzeln haben
dessen Mitglieder in Algerien, Mali, dem Kongo und Senegal, informiert
das umfangreiche Programmheft. Aus China hingegen stammt Yuan Yuan
Yang. In einer anmutigen Kür beweist die 27-jährige Artistin ihren
ausgeprägten Gleichgewichtssinn genauso wie die Biegsamkeit ihres
Körpers. Für die optische Aufwertung sorgen Kronleuchter mit brennenden
Kerzen, die Yuan Yuan Yang auf Händen, Füßen und der Stirn balanciert.
Die Ohren werden mit einem von Rebecca Siemoneit-Barum live gesungenen
James-Bond-Song verwöhnt. Schwung- und humorvoll wird es dann mit den Mustache Brothers. Die beiden Sonnyboys mit Schnurrbart aus Rio de
Janeiro verbinden Comedy und Akrobatik rund um einen Tisch. Es geht
turbulent zu, wenn sie Salti drehen und sich nebenbei gegenseitig
Ohrfeigen geben. Da Vanessa Baier ein Medizinstudium aufgenommen hat,
ist Sven Böker derzeit des Öfteren als Handstandartist im Solo zu
erleben. In Bad Nauheim jedoch steht das Duo Vanessa & Sven
gemeinsam auf der Bühne. Ihre Partnerakrobatik hat den besonderen Reiz
darin, dass Vanessa den tragenden Part übernimmt. Sein zweites Engagement beim OVAG-Varieté hat Steve Eleky.
Er jongliert und zaubert in jeweils einem Auftritt, dass es eine wahre
Freude ist. Dilettantismus ist hier ganz gewollt Programm. Wenngleich
ich den gebürtigen Ungarn schon unzählige Male gesehen habe, schmeiße
ich mich auch im Dolce Theater einmal mehr weg vor Lachen. Dem Publikum
geht es genauso. Lachsalven ziehen durch den Saal. Natürlich kommen zu
vielen bekannten Gags auch immer wieder ein paar neue.
Rachel Belle Barum, George Faining, Aaron Crow
Mit
ihrer Darbietung am Luftring ist Lea Hinz der Coverstar der
diesjährigen Produktion. Leider muss sie in der von uns besuchten
Vorstellung aufgrund einer Ellenbogenentzündung pausieren. Doch ganz
spontan wird eine andere Luftnummer ins Programm genommen. Dies in
Person der bildhübschen und akrobatisch begabten Tochter der
Moderatorin des Abends. Rachel Belle Barum wagt sich in einen großen
Vogelkäfig, der über der Bühne hängt. Daran zeigt sie neben Zehen- und
Fersenhang auch einen Nackenwirbel. Viele blau leuchtende Diabolos
schickt ein Quartett aus Taiwan auf die Reise. Die Diabolo Walkers
harmonieren bestens, spielen sich die Requisiten perfekt gegenseitig
zu. Besonders faszinierend sind die Tricks, bei denen sie die Diabolos
mit sehr langen Schnüren in Bewegung halten. George Faining verbiegt
seinen Körper derart, dass man sich beim Zusehen Sorgen um den Mann aus
Ghana macht. Doch Faining lächelt ganz entspannt. Dies auch dann, wenn
er sich durch den Rahmen eines Tennisschlägers zwängt und sein Rumpf
von Mitgliedern der Bühnencrew um fast 180 Grad gedreht wird. Noch
unglaublicher sieht das aus, was die Formation Halves Project mit ihren
Körpern macht. Ober- und Unterkörper sowie vertikal geteilte
Körperhälften laufen vermeintlich alleine über die Bühne. Doch das Trio
aus der Ukraine muss sich dafür nicht verrenken. Outfits in Schwarz und
Weiß sowie die entsprechende Beleuchtung sorgen für die perfekte
Illusion. Geheimnisvoll gibt sich Aaron Crow. Sein Auftritt erzeugt
große Spannung im Saal. Mit aus einer Kerze getropftem heißem Wachs,
einer Mullbinde, Klebeband und einer silbernen Folie verschließt er
seine Augen. Drei Personen hat er zuvor auf der Bühne positioniert.
Eine hält eine Tüte, auf die der Magier aus Australien zielgerichtet
blind einsticht, so dass Sand daraus rieselt. Mit einem Nunchaku zerteilt er
ein Brett, das ein weiterer Herr festhält. Mit einem Schwert schlägt er
schließlich den oberen Teil einer Ananas ab, die auf dem Kopf einer
Dame ruht. Absolute Präzision oder eben doch nur eine Illusion? Aaron
Crow gibt sich mysteriös. Im zweiten Teil verblüfft er das Publikum
nochmals. Dann durchschießt er mit Pfeil und Bogen einen Apfel. Doch
nicht einfach so, zwei Gäste sind involviert, weitere Tricks in die
Darbietung integriert.
Mario Berousek, Duo Kvas, Duo Vanegas
Die
Pause wird genutzt, um den Fangstuhl von José und Dany aufzubauen.
Josefina begibt sich dabei vertrauensvoll in die Hände von Sergio
Daniel. Bei den Voltigen des argentinischen Duos verlieren ihre Hände
für Augenblicke den Kontakt, um diesen nach herrlichen Flugsequenzen
wieder zu finden. Das alles mit viel Ausstrahlung und zu einem
wunderschönen Chanson. Mit Partnerakrobatik verwöhnen uns drei hübsche
junge Damen aus Äthiopien. African Trilogy heißt die Formation, die mit
ihren Körpern eindrucksvolle Bilder kreiert. Ein Showman durch und
durch ist Mario Berousek. Ob Knie, Krone oder Moulin Rouge: der
tschechische Jongleur wurde überall gefeiert. So auch in Bad Nauheim.
Ganz virtuos, vor allen Dingen aber mit einer unglaublichen
Geschwindigkeit, lässt er seine silbernen Keulen durch die Luft
fliegen. Mit beeindruckenden Balancen Kopf-auf-Kopf beendet das Duo
Kvas seine Nummer. Was die Ukrainer zuvor Hand-auf-Hand sowie
Hand-auf-Kopf zelebrieren, ist ebenfalls vom Feinsten. Unzählige bunte
Teller lassen acht Artistinnen aus China auf Stäben rotieren. Sie
stammen aus der Provinz Yunnan im Südwesten der Volksrepublik. In einer
ausgefeilten Choreographie und mit viel akrobatischem Können füllen sie
den großen Raum auf der Bühne spielend aus. Das tut dank seines
Requisits daraufhin auch das Duo Vanegas. Denn Alejandro und sein Neffe
Michael haben ihr Todesrad mit ins Dolce Theater gebracht. Bei
atemberaubenden Touren strapazieren die Kolumbianer vor dem Finale noch
ein letztes Mal die Nerven des Publikums. Höhepunkt ist der Salto auf
der Außenseite des rotierenden Rades, welcher Alejandro gewohnt sicher
gelingt. Frenetischer Applaus ist ihnen sicher. |