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Sennfeld, 7.-17. Mai 2015: Vermutlich hat Dirk Denzer recht mit seiner Aussage, dass das Internationale Varieté-Festival in Sennfeld in dieser Art einmalig auf der Welt sei. Zum 5. Mal innerhalb von zwölf Jahren hat der Event-Unternehmer diese Veranstaltung auf die Beine gestellt. An der Stadtgrenze von Schweinfurt, mitten im Grünen, war das rote Chapiteau aufgebaut. Mit rund 13.000 Besuchern an zehn Abenden war das Festival wiederum ausverkauft. Es genießt in der Region ein Renommee wie andernorts hochklassige Weihnachtscircusse.

Die Reputation, die sich Denzer mit dem Festival aufgebaut hat, ist tatsächlich beeindruckend – zumal die Veranstaltung nur alle drei Jahre stattfindet. Das macht es nicht einfacher, ein Stammpublikum zu binden. Und gelingt offenkundig dennoch, zumal viele Gäste mehrere Shows besuchten. Wiederum wurden eine Eröffnungs- und eine Abschlussgala, ein Familientag mit Walking- und Mitmach-Acts im Freien sowie Familienshow im Zelt, ein „Magischer Abend" und eine Comedy-Gala sowie zwei verschiedene Mottoshows geboten. Die Themen der Motto-Abende hätten gegensätzlicher nicht sein können: Das „Varieté Bavaria“ versprach launige Volkstümlichkeit mit Augenzwinkern, die Show „New Media – New Performance“ dagegen moderne Multimedia-Acts. Wir besuchten heuer die beiden Mottoshows und die Abschlussgala.


Zelt, Einlass, Dirk Denzer

Dirk Denzers Kerngeschäft ist es, Shows für Firmenevents, Produktpräsentationen, Messeauftritte und ähnliche Veranstaltungen zu organisieren. Dies tut er seit vielen Jahren erfolgreich mit seinem Unternehmen „Dirk Denzer Performing Arts“. Damit lässt sich das Varieté-Festival auch als eine Art „Hausmesse“ sehen, auf der Denzer die Leistungsfähigkeit seiner Firma präsentiert. Das Varieté-Festival bietet eine der wenigen Gelegenheiten, Denzers Shows außerhalb geschlossener Veranstaltungen zu erleben. Sein Hauptgeschäft als Event-Unternehmer spiegelt sich auch in der Wahl der Künstler: Oftmals verpflichtet er Ensembles, die selbst vorrangig im Eventbereich tätig sind und nicht auf klassischen Varietébühnen oder in Circusmanegen. So wie die „Cosmic Artists“ aus Berlin: Dahinter verbirgt sich ein Unternehmen unter der Leitung zweier ehemaliger Spitzen-Kunstturner, das artistische Acts für Firmenevents anbietet. In allen drei besuchten Shows beschloss ein Ensemble der „Cosmic Artists“ die beiden Programmhälften mit Artistik auf dem Fasttrack-Trampolin sowie auf dem Trampolin mit Haus im Hintergrund. Auch die Multimedia-Künstler vom Frankfurter „Electric Dance Theater“ kommen beispielsweise aus dem Event- und nicht aus dem Circus- oder Varietébereich.


Electric Dance Theater, Cosmic Artists

Denzer selbst spricht mit Blick auf seine Shows am liebsten von „Inszenierungen“. Dabei „inszeniert“ er auf andere Weise, als es in den bekannten Varietéhäusern der Republik – bei der GOP-Gruppe, im Apollo oder im Friedrichsbau zum Beispiel – geschieht. Dort wird tagelang geprobt und nach der Premiere weiter an den Shows gefeilt. Bis eine neue „Inszenierung“ irgendwann perfekt ist. Denzers Aufgabe ist schwieriger. Er schafft Show-Kunstwerke für einen, maximal zwei Abende. Ab dem Vormittag wird tagsüber geprobt, am Abend ist bereits Premiere. Und dies sieben Mal während der Festivaltage. Das ist wie sieben Mal Programmwechsel im Münchner Kronebau am Stück. Dass dies überhaupt funktioniert, ist in der Tat ein kleines Wunder. Vor allem bei einem so ambitionierten Projekt wie „New Media – New Performance“, bei dem zum Beispiel sechs Beamer die diversen Filmkunst-Elemente einspielten. Dirk Denzer „inszeniert“ also nicht, indem ein Künstlerensemble in einer längeren Probenphase zu einer Einheit verschmolzen wird. Er „inszeniert“, indem er ein Motto kreiert, dazu passende Acts verpflichtet und die technischen Rahmenbedingungen schafft. Die Show selbst muss dann mehr oder weniger „aus dem Stand“ laufen, ohne große Möglichkeit zur Korrektur. Ein höheres Risiko also. Und schon eine Teil-Erklärung, weshalb nicht jede seiner Mottoshows vollends überzeugen kann. Weiter zum Bericht "Variete Bavaria".

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Text: Markus Moll; Fotos: Tobias Erber (Shows), Markus Moll (außen)