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Darmstadt, 10.
Dezember 2006: Die Musik kommt nicht vom Band, sondern von einer
Band; sämtliche artistischen Darbietungen werden von Livemusik
unterstützt, veredelt: Das ist ein echter Quantensprung in der
Geschichte von James Jungelis Varieté „Da Capo“. Der
charismatische „Farfarello“-Bandleader und Geiger Mani Neumann
steht in ständiger Kommunikation mit den Körperkünstlern,
umsorgt die Artisten musikalisch – als hätte die Band nie etwas
anderes gemacht, als Varietéprogramme zu begleiten. |
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Dabei dürfte für
die Farfarellos eher ein ungewöhnliches Projekt sein, was
James Jungeli „Musical Varieté“ getauft hat. So hat die Show im
Zeltpalast auf dem Darmstadter Karolinenplatz eine kleine
Rahmenhandlung: Die zunächst hartherzige Silvia – gespielt von
der stimmgewaltigen Profi-Sängerin Silvia Gonzalez Bolivar –
glaubt am Beginn des Programms, dass nur Geld glücklich macht;
Bandleader Mani möchte sie von anderem überzeugen: davon, dass
man auch ohne Geld lachen kann, und davon, dass Freundschaft und
Vertrauen viel wichtiger sind als Geld. Und das Programm ist
dann artistische Beweisführung: Sieh, dies alles ist mit
Freundschaft und Vertrauen zu erreichen! |
Mikheevs, Khaperskys, Margarita,
Hard Nocks, Mukthar
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Zum Beispiel die Ringperche-Darbietung der
Mikheevs aus Russland, bei der die Künstlerin zum Beispiel im
Handstand auf der Perche steht, die sich auf dem Kopf des
Partners dreht. Eine genauso seltene wie spektakuläre erste
Darbietung, der weitere starke Auftritte folgen: ein Programm
ohne artistischen Schwachpunkt – Kompliment! Da sind die Hard
Nocks mit Bocksprung auf dem Hochseil sowie Salto im sich
drehenden Todesrad. Da sind die Schleuderbrett-Artisten Catana,
deren Sprungkraft bei Da Capo noch besser zur Geltung kommt als
im Krone-Tourneeprogramm: weil die Zuschauer näher am Geschehen
sind, weil die Musik live gespielt wird, weil die Choreographie
frischer ist. Ein Glanzlicht ist die Strapaten-Darbietung von
Margarita, die – ganz in weiß – praktisch den gesamten Luftraum
der hohen Kuppel für ihre Flugkunst nutzt. Dazu singt ein Mann
im weißen Anzug, auf einem Barhocker sitzend, in der Manege ein
Liebeslied und spielt Gitarre. Was für ein schönes Bild! Starke Artistik liefern auch die
Handstand-Akrobaten Khaperskys als lebende Säulen sowie Jongleur
Robert Tailor mit Keulen und Kisten. Tja, nur Lachen, das
funktioniert – wie die Show uns lehren will – freilich auch ohne
Geld, doch leider nicht ohne zündende Gags: Der Komiker Elan ist
eher mäßig unterhaltsam. Richtig zum Lachen – und für manche zum
angewidert Wegschauen und Gruseln – sind die Künste von Mukthar,
der sich, nur mit Shorts und schwarzen Socken bekleidet, auf
schlicht unglaubliche Weise verrenken kann. Wer klemmt sich
schon mal im Stehen schnell ein Bein hinter den Kopf? |
Die Handlung der Show – Silvias Wandlung – wird
nach dem Opening explizit noch einmal im zweiten Programmteil
und dann wieder zum Finale aufgenommen: Ein richtiges „Musical“
ist das nicht. Dafür aber ein rundum gelungener Varieté-Abend,
der eine universelle, wenn auch recht schlichte, Botschaft
transportiert. Bleibt zu hoffen, dass James Jungeli auch in den
nächsten Shows an der Livemusik festhält – dem größten
Glücksgriff des Programms 2006. |
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Text: Markus Moll; Fotos: Sven Rindfleisch
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