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Heilbronner Weihnachtscircus 2006
www.weihnachtscircus.com

Heilbronn, 20. Dezember 2006: Beifallsstürme im ausverkauften Zeltpalast auf der Theresienwiese und Zugaberufe zum Finale: Der Heilbronner Weihnachtscircus hat am Mittwoch vor Weihnachten eine rauschende Premiere gefeiert. Artistik auf Welt-Niveau, wunderbare Tierdressuren und ein Schuss Humor: Die Zeit verging wie im Flug. Kein Wunder: Die Regie von Louis Knie jun. und Massimiliano Sblattero setzt auf Tempo, Tempo, Tempo; die Slawomir-Czapla-Band treibt die Show fiebernd voran.


Shirley Dean, Elvis Errani, Shenyang Acrobatic Troupe, Pellegrini Brothers, Truppe Hebei

Und so geht es Schlag auf Schlag: Marek Jama eröffnet das Programm mit der feurig-eleganten Freiheitsdressur mit sechs braunen und weißen Araberhengsten des Zirkus Charles Knie. Die Tiere arbeiten wunderbar synchron, was sich insbesondere bei den Gruppensteigern zeigt. Nach der bekannten Gentleman-Jongleuse Shirley Dean – ist sie noch schneller geworden? – folgt bereits die zweite große Tiernummer: Der junge Italiener Elvis Errani schafft spektakuläre Bilder mit drei indischen Elefanten und drei hübschen Tänzerinnen. Eine der Damen zeigt den Spagat zwischen zwei Tieren, ein Elefant überschreitet die drei Assistentinnen, die Tiere bauen sich zur großen Pyramide auf: Die Dressurfolge lässt keine Wünsche offen. Für Spannung sorgen „The Jasters“: Wenn Giacomo Sterza mit Messern haarscharf an seiner Frau Elena Busnelli vorbeiwirft, die hinter einer Papierwand steht, wenn er ihr mit der Armbrust einen Apfel vom Kopf schießt, dann geht ein Raunen durchs Publikum. Als Höhepunkt seiner Arbeit wirft er Messer auf das rotierende Brett. Von wegen Höhepunkt: Gleich zwei spektakuläre Glanzlichter folgen vor der Pause: Zunächst schweben vier Damen und vier Herren der  an roten Tüchern durch die Zirkuskuppel, wobei die Frauen gleichzeitig auf Stäben in ihren Mündern Säbel balancieren: einfach sensationell. Dann ernten die Pellegrini-Brothers bereits großen Jubel, als sie ihre weißen Westen ablegen und die muskelbepackten Oberkörper zeigen – und erst recht, als sie sich zu menschlichen Pyramiden türmen.


Don Martinez

Da die Rollschuh-Nummer des M. G. Teams kurzfristig ausfiel, zeigen die – sehr jungen - Mädchen der Truppe Hebei zum Auftakt des zweiten Programmteils ersatzweise ihre trickreiche Diabolo-Nummer, die beim Publikum bestens ankommt. Doppeltes Pech für die Zirkus-Macher Sascha Melnjak und Uwe Gehrmann: Rollschuh-Artist Daniel sollte eigentlich auch den Reprisenclown geben. Hier wurde kurz vor der Premiere noch eine Notlösung gefunden: Don Martinez, Vater von Jongleuse Shirley Dean und früher jahrelang bei „Barum“ mit seiner komischen Trampolin-Nummer zu sehen, sprang kurzerhand ein. Er kopiert Bekanntes (wie die „vier Stühle“) und sich selbst (nämlich den Striptease-Teil aus seiner Trampolin-Nummer) und schließt damit die Lücke im Programm. So lustig, dass man ihm eine Zwei-Karriere als Reprisenclown wünschen würde, ist’s aber nicht.


Iurie Basiul, Adele Cerosimo

Nach der großen Truppe Kovgar vor einem Jahr ist auch heuer wieder Schleuderbrett-Artistik zu sehen, diesmal in der Kammerspiel-Version, aber ebenfalls leistungsstark mit dem „Trio James“. Der spektakuläre Schlusstrick: Ein Artist steht auf den Schultern eines Partners, beide springen so auf das Brett, katapultieren den Dritten im Bunde in die Luft – und dieser landet im Drei-Mann-Hoch! Einzige Tier-Darbietung im zweiten Teil – der daher komplett auf Holzboden stattfinden kann – ist die Seelöwendressur von Adele und Stefanie Cerosimo. Handstand-Künstler Iurie Basiul lehnt sich mit Trickfolge, Choreographie und Kostüm überdeutlich an das große Vorbild Anatoly Zaliewski an, zeigt auch gleichermaßen spektakuläre Artistik – zum Beispiel einen Rückwärtssalto in den Spagat. Allerdings erreicht er nicht ganz die Weichheit und Vollendung der Bewegungen sowie die Ausdruckskraft des Originals. Das Heilbronner Publikum ficht dies freilich nicht an. Den Schlusspunkt setzen schließlich die 16 Mädchen der Truppe Hebei als Kunstradfahrerinnen: Sprünge von Rad zu Rad und schließlich zwölf Artistinnen auf einem einzigen Fahrrad sorgen nochmals für Jubel.

Sprechstallmeister Fabien Egli leitet singend das bunte Finale ein. Insgesamt mag die erste Hälfte noch einen Hauch stärker gewesen sein als die zweite; fest steht aber: Sascha Melnjak und Uwe Gehrmann bieten erneut Zirkus in Bestform – schnell, spektakulär, vielfältig. Das vielleicht beste Programm in acht Jahren Heilbronner Weihnachtscircus.

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Text: Markus Moll; Fotos: Markus Moll, Sven Rindfleisch