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Martin Hansons Wintercircus 2006
www.wintercircus.nl

Sittard, 21. Januar 2007: Ein Klassiker im reichhaltigen Angebot an Weihnachtscircussen in den Niederlanden ist der Wintercircus von Martin Hanson, inzwischen unter der Leitung seiner Tochter Arlette, in seiner achtundzwanzigsten Auflage. Im Tourneeverlauf, Dezember und Januar, werden 33 Provinzstädte, fast alle als “Eintagesplätze” gehalten. Gespielt wird jeweils im Theater der  Stadt, so hält sich der logistische Aufwand in überschaubarem Rahmen.

Auf der Theaterbühne wird ein Musikerpodium mit Artisteneingang errichtet. In Verbindung mit den anschließenden Kulissen ist  für einen ansprechenden Hintergrund gesorgt. Die vorhandenen Lichtanlagen werden mit weiteren Scheinwerfern und Scannern ergänzt. Eine “richtige” Manege mit Sägespänen, mit Gummimatten unterlegt, nimmt den größten Teil der Theaterbühne ein. Die vorderen Pistenelemente sind allerdings aus klarem Plexiglas gefertigt, damit auch die Zuschauer in den vorderen tiefliegenden Parkettreihen einen ungehinderten Blick aufs Gebotene haben.

Obwohl in Sittard bis zum 7. Januar ein eigener Weihnachtscircus veranstaltet wurde, waren beide Vorstellung gut besucht. Bei unwirtlichem Wetter, Regen, leichter Sturm, Blitz und Donner, war es schon sehr angenehm den Vorstellungsbeginn in einem gemütlichen Theaterfoyer zu erwarten. Auch die gepolsterten Armlehnsessel und der großzügig bemessene Beinraum der Theaterbestuhlung war eine interessante Variante gegenüber den  Sitzbedingungen, die einen oftmals in Chapiteaus erwarten.


Duo Bingo

Orchesterchef Coty Teuteberg und seine sechs Musiker geben das Startzeichen und nach einer schnellen Parade der Artisten erobert die junge Schweizerin Christina Liechti mit Akrobatik auf dem Rücken des siebenjährigen Tinker-Wallachs Sullivan als erste die Manege. Das Duo Bingo, Galina und Eduard Tkach, aus der Ukraine schließt sich mit seiner ausgefeilten Rola-Nummer an. Omnipräsent sind die spanischen Spitzenclowns Goty. Die beiden Brüder brillieren in Entree und zahlreichen Reprisen, Paco übernimmt zudem noch den Part des Sprechstallmeisters. Comedy-Magier Hilpert verblüfft die Zuschauer unter Mitwirkung eines Kindes aus dem Publikum. Natalya und Nadia spielen auf vielfältige Art mit Seifenblasen und man fühlt sich 15 Jahre zurückversetzt in die Zeit, als diese Genre in vielen Manegen zu Hause war. Zwei Dressurnummern, vom Schweizer Circus Medrano, präsentiert Marco Althoff. Im ersten Teil dirigiert er vier Esel und drei Lamas durch die Manege, nach der Pause einen 6er Zug Ponys.


Musa,
Valerij Tkach, Rukol-Volkov, Marco Althoff

Richtig tollen Wirbel entfacht vor der Pause die Truppe Alexander am Schleuderbrett. Die sechs jungen Artisten aus Rumänien agieren mit großem Elan und zeigen ein umfangreiches Repertoire der in diesem Genre üblichen Tricks. Trio Tsytko aus der Ukraine eröffnet den zweiten Programmteil mit Antipodenspielen. Die raffiniert choreografierte Darbietung  wird mit Elementen von Leiterbalance und Ikariern angereichert. Die Pudeldressur der Garsia aus der Tschechei fällt gegen die anderen Darbietungen leider deutlich ab. Unfroh mit mürrischem Gesicht präsentiert die junge Frau die Kunststückchen ihrer sieben Hunde. Trickfolge, Präsentationsstil, Kostüm - ihr Assistent im Hintergrund agiert schlicht in “Zivil” - sowie die Musikauswahl scheinen unverändert die Jahrzehnte überdauert zu haben.

Umso eindrucksvoller der folgende Trapezakt des Duo Musa. Kraftvoll und elegant präsentieren Roos, sie stammt aus Groningen, und Salim, er ist in Kenia geboren, ihre Kür. Dass ihr Vorbild die Ayak-Brothers waren, ist unverkennbar. Der einzige Wermutstropfen ist, dies gilt generell für die Luftnummern in Martin Hansons Circus,  die gegenüber Chapiteaus relativ geringe Deckenhöhe der Theaterbühnen. So ist denn auch beim Duo Musa der untere Partner bei einigen Tricks nur noch gut einen Meter vom Fußboden entfernt und die Nummern büßen einen Teil ihrer Publikumswirksamkeit ein.

Die kraftvolle Partnerakrobatik des russischen Ehepaares Rukol-Volkov ist in eine kleine Geschichte verpackt. Komisch präsentiert, erinnert die sehr schlanke Natalia mit ihrer großen Beweglichkeit ein wenig an eine Mensch-oder-Puppe Darbietung. Jongleur Valerij ist der 21-jährige Sohn des Ehepaar Tkach. Bis zu neun große Ringe jongliert er mit guter Technik. Seine große Ausstrahlung wird durch ein originelles Kostüm und mitreißende Musik hervorragend unterstützt. Originell auch seine Jonglage mit verschiedenen großen Stäben, die allesamt auf einem Mundstock gefangen und balanciert werden.

Nach gut zweieinhalb Stunden Programmdauer zeigen sich im Finale Artisten und Direktion noch einmal in der Manege. Mit einer kleinen Zugabe wird ein jeder namentlich vorgestellt und überrascht nimmt man die große Anzahl Akteure, es gibt keine Zweitnummern in dieser Produktion, zur Kenntnis. Die Begeisterung des Publikums zeigt sich in spontanen Standing Ovations.

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Text und Fotos: Friedrich Klawiter