Karlo und Billy, Familie Casselly,
D'Holmikers
Los geht es mit der
furiosen Katzendressur von Vlad Olandar. Gleich zwei Mal zu sehen
ist das Duo Yingling, das insbesondere mit seiner Kombination von
Hand-auf-Hand-Akrobatik, Kontorsion und Antipoden-Spielen beweist,
dass chinesische Darbietungen nicht unbedingt seelenlos sein müssen.
Ebenfalls zwei Mal ist die Familie Casselly zu sehen. Im ersten Teil
mit einer großen Pferderevue, 6er-Zug Andalusier und
Hohe-Schule-Elementen, und im zweiten Teil mit ihrer
temperamentvollen ungarischen Post zu Elefant. Perfekt
choreografierten Nonsens bieten die Schweizer Reck-Monster D’Holmikers.
Mit Karlo und Billy, die in Kostüm und Maske an lebende Comicfiguren
erinnern, gibt es außerdem originelle russische Clowns. Die Sorellas
rocken mit ihrer intensiven Trapez-Darbietung natürlich auch in
Roermond das Haus. Und als Pausennummer wirbeln die Ukrainer „Flying
to the Stars“ zu Musik von Prodigy – selbst „Firestarter“ wird vom
tollen Orchester live gespielt – am Reck.
Kanakovi, Marylou Casselly, Finale
Nach der Pause
präsentiert Redi Christiani dann seine von Nock bekannte
Tigergruppe. Marylou Cassellys Arbeit an den Tüchern wird durch
Livegesang perfekt verkauft. Die Truppe Kanakov zeigt ihre
mitreißende und leistungsstarke Nummer am russischen Barren
leider zu Band-Musik. Am Ende der Show steht dann mit der
kraftstrotzenden Handstandkür von Encho Keryazov das Highlight
der Show. Unglaublich wie bei dem Bulgaren Leistung,
Ausdrucksstärke und musikalische Begleitung ein perfektes
Zusammenspiel eingehen. Gänsehaut erzeugend!
Rigolo
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Will man denn
unbedingt Kritik üben, gibt es nur zwei Ansatzpunkte: 1. Der
Bambusstengel zu einem fragilen Mobile zusammensetzende Rigolo
bleibt ein Fremdkörper, der das Tempo der Show unnötig
ausbremst. Und 2. ist die klassische Ballettszene im ersten
Teil vielleicht etwas zu lang geraten. Insgesamt aber kann ich
dem Urteil des Publikums, das kaum, dass sich der Vorhang zum
Finale geöffnet hat, mit den Füßen abstimmt und sich wie ein
Mann zu stehenden Ovationen erhebt, nur zustimmen. Bravo! Den
Vergleich mit dem originalen Cirque d’hiver in Paris muss die
holländische Version im übrigen nicht scheuen. |
Auch wenn die
Atmosphäre im Pariser Circusbau natürlich unvergleichlich ist
und das Lichtdesign wesentlich aufwendiger, trumpft Roermond
mit einem intimeren Ambiente, stimmungsvollem Licht und einer
nicht minder grandiosen Kapelle auf. Und hat darüber hinaus
einen entscheidenden Vorteil: das eindeutig stärkere Programm.
Selbiges ist natürlich nicht mit dem solcher Leistungsschauen
wie dem Weltweihnachtscircus in Stuttgart vergleichbar, dafür
gibt es in Roermond etwas, was man in Stuttgart vergeblich
sucht: Ganz viel Atmosphäre, Herz und Seele. Was vielleicht
auch daran liegen mag, das der holländische Cirque d’hiver
eine absolut unkommerzielle Veranstaltung ist, bei der mit
Ausnahme der Artisten nur ehrenamtliche Helfer beteiligt sind. |
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